Ausgabe 02/2025

Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 02/2025:

Arbeitsrecht

Baurecht

Familien- und Erbrecht

Mietrecht und WEG

Verbraucherrecht

Verkehrsrecht

Steuerrecht

Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht

Abschließende Hinweise

Zum Anfang



Arbeitsrecht

Unterlassungsklage: Streit um Abwerben von Mitarbeitern

| Besteht gegen eine konkurrierende Firma im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens ein Anspruch auf Unterlassung der Abwerbung von Mitarbeitern? Diese Frage hat das Landgericht (LG) Koblenz beantwortet. |

Steckte die Antragsgegnerin hinter den Kündigungen?

Bei der Antragstellerin und der Antragsgegnerin handelt es sich jeweils um Firmen, die u.a. stationäre Brandschutzsysteme vertreiben und auf diesem Markt sowohl um Kunden als auch um Mitarbeiter konkurrieren. Etwa 25 Mitarbeiter, die derzeit oder bis vor Kurzem noch bei der Antragsgegnerin beschäftigt sind bzw. waren, hatten sich ursprünglich entschlossen, zu der Antragstellerin zu wechseln und mit dieser bereits Anstellungsverträge geschlossen. In der Folgezeit erklärten jedoch mehrere dieser zunächst wechselwilligen Mitarbeiter jeweils eine gleichlautende Kündigung dieser Anstellungsverträge und nahmen ihre Arbeit bei der Antragstellerin nicht auf.

Die Antragstellerin hat vorgetragen, dass die Antragsgegnerin zur Verhinderung des Verlusts ihrer Mitarbeiter und zur Schädigung der Antragstellerin die wechselwilligen Mitarbeiter dazu verleitet habe, die mit der Antragstellerin geschlossenen Anstellungsverträge zu verletzen. Die Antragsgegnerin sei für die identischen und kurz vor Arbeitsbeginn erklärten Kündigungen sowie für den darauffolgenden Nichtantritt der Arbeitsstelle verantwortlich. Es handele sich um ein konzertiertes und koordiniertes Vorgehen durch diese. Sie stelle den wechselwilligen Mitarbeitern kostenfreie Rechtsberatung durch einen externen Anwalt zur Verfügung. Schließlich habe die Antragsgegnerin den wechselwilligen Mitarbeitern eine Prämienzahlung in Höhe von 2.000 bis 3.000 Euro versprochen, wenn sie von dem Wechsel Abstand nehmen würden. Durch die Kündigungen und das Nichterscheinen der ursprünglich wechselwilligen Mitarbeiter sei es zu erheblichen Störungen im Betriebsablauf der Antragstellerin gekommen.

Das wollte die Antragstellerin erreichen

Die Antragstellerin beantragte sinngemäß den Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der es der Antragsgegnerin untersagt werden sollte, aktuelle oder ehemalige Mitarbeiter der Antragsgegnerin, die ihr neues Anstellungsverhältnis bei der Antragstellerin gekündigt oder nicht angetreten haben, einstweilig für die Dauer von sechs Monaten, hilfsweise kürzer, einzustellen oder weiter zu beschäftigen. Zudem sollte der Antragsgegnerin sinngemäß untersagt werden, ihre ehemaligen oder aktuellen Mitarbeiter dazu zu veranlassen, ihr Anstellungsverhältnis bei der Antragstellerin zu kündigen oder nicht anzutreten, eine Prämie für den Fall auszuloben, dass ihre aktuellen oder ehemaligen Mitarbeiter nicht zu der Antragstellerin wechseln sowie den Mitarbeitern unentgeltlich Rechtsrat durch einen Anwalt in Bezug auf die Möglichkeiten einer Beendigung ihres Anstellungsvertrags bei der Antragstellerin zur Verfügung zu stellen.

So entschied das Landgericht

Das LG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen, weil weder ein Verfügungsanspruch noch ein Verfügungsgrund vorliege. Die Antragstellerin habe gegen die Antragsgegnerin keinen Anspruch auf Unterlassung. Es liege keine unzulässige geschäftliche Handlung vor, weil die Antragsgegnerin mangels gezielter Behinderung der Antragstellerin nicht unlauter gehandelt habe.

Besondere Umstände müssen Unlauterkeit begründen

Das Abwerben und auch das Rückabwerben von Mitarbeitern eines Unternehmens, gleichgültig, ob es auf dem Absatzmarkt Mitbewerber ist oder nicht, sei grundsätzlich erlaubt. Es müssten daher zur Begründung der Unlauterkeit besondere Umstände vorliegen. Solche besonderen Umstände seien gegeben, wenn der konkurrierende Unternehmer mit der Abwerbung einen verwerflichen Zweck verfolge oder bei der Abwerbung selbst verwerfliche Mittel oder Methoden anwende. Ein verwerflicher Zweck werde z. B. verfolgt, wenn der Abwerber nicht sein eigenes unternehmerisches Fortkommen bezwecke, sondern primär die wirtschaftliche Entfaltung des Konkurrenten behindert werden soll. Es sei auch unlauter, einen Mitarbeiter abzuwerben, indem man ihn zum Vertragsbruch verleite. Es sei hingegen zulässig, dem Arbeitnehmer bei einer rechtmäßigen Kündigung helfend zur Seite zu stehen. Ebenso dürfe das Kündigungsschreiben vom neuen Arbeitgeber übermittelt oder für eine rechtmäßige Kündigung eine Prämie ausgelobt werden.

Vorliegend sei eine Behinderungsabsicht der Antragsgegnerin nicht ersichtlich. Die wechselwilligen Mitarbeiter wären zuvor bei ihr tätig gewesen, sodass sie ein erhebliches Eigeninteresse an der Weiterbeschäftigung dieser Mitarbeiter habe und diese benötige.

Identische Kündigungen kein Indiz

Soweit sich die Antragstellerin darauf berufe, dass die Antragsgegnerin die wechselwilligen Mitarbeiter zur Verletzung zum Vertragsbruch verleite, sei dies von der Antragstellerin nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Allein aus dem Umstand, dass die Kündigungen in Wortlaut, Aufbau und Form identisch seien, folge nicht, dass diese von der Antragsgegnerin herrühren. Ein dahingehendes konzertiertes und koordiniertes Vorgehen durch die Antragsgegnerin sei weder dargelegt noch bewiesen.

Prämienzahlung zulässig

Auch die im Rahmen einer Betriebsversammlung angekündigte Prämienzahlung stelle keine unzulässige Handlung dar, weil diese allen Mitarbeitern und nicht nur den wechselwilligen Mitarbeitern zugutekommen sollte. Dass den anderen wechselwilligen Mitarbeitern eine erhöhte Prämienzahlung außerhalb der Betriebsversammlung angeboten worden ist, sei hingegen nicht ersichtlich.

Vertragsbruch Sache der Vertragsparteien

Auch, sofern die Lösung des Vertrags durch die wechselwilligen Mitarbeiter einen Vertragsbruch darstellen würde, sei dies allein die Entscheidung des Beschäftigten. Im Fall der Vertragsverletzung könne der Arbeitgeber gegen ihn vorgehen. Eine unlautere Einwirkung auf die Entscheidungsfreiheit der wechselwilligen Mitarbeiter durch eine als wahr unterstellte Hilfe bei der Fertigung der Kündigung oder die vermeintliche Auszahlung einer Prämie sei nicht gegeben. Unlauterkeit liege nur bei Druck, unangemessenem Einfluss oder Irreführung des Arbeitnehmers vor.

Abschließend liege auch kein Verfügungsgrund vor. Die Vermutung der Dringlichkeit sei widerlegt. Die Antragstellerin habe durch ihr eigenes Verhalten, insbesondere das Zuwarten mit der Antragstellung (zwischen der ersten Kündigung eines ursprünglich wechselwilligen Mitarbeiters und der Antragstellung lagen drei Monate), die erforderliche Dringlichkeit selbst widerlegt.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Quelle | LG Koblenz, Beschluss vom 17.9.2024, 11 O 12/24

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Erhebliche Pflichtverletzung: Kündigung: Oberarzt ließ 16-jährigen Sohn im OP assistieren

| Ein leitender Oberarzt, der seinen 16-jährigen Sohn Tätigkeiten während der OP durchführen lässt, kann dafür auch ohne vorherige Abmahnung gekündigt werden. So entschied es das Arbeitsgericht (ArbG) Paderborn. |

Das war geschehen

Die Parteien streiten über eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung. Der Arbeitnehmer war seit 2011 als leitender Oberarzt in der Klinik für Orthopädie/Unfallchirurgie tätig. Er nahm bei einer von ihm durchgeführten Operation seinen 16-jährigen Sohn mit in den Operationssaal. Er ließ ihn während der OP „Haken-Halten“, während sich die 76-jährige Patientin in Vollnarkose befand. Hierbei handelt es sich um das Offenhalten des Operationsbereichs nach dem Schnitt, um sicherzustellen, dass der Operateur während der Operation Zugang zum Operationsgebiet hat. Bevor er den Operationssaal verließ, bot er seinem Sohn an, dass dieser das „Tackern“ durchführen könne. Der Sohn lehnt das Angebot ab. Nachdem der Arzt den Operationssaal verlassen hatte, nähte ein Facharzt zunächst subkutan. Er begann dann die Haut zu tackern. Die letzten zwei bis drei Tackervorgänge führte der Sohn des Arbeitnehmers aus.

Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis ordentlich und stellte den Arbeitnehmer frei. Dieser behauptet, den Chefarzt über die beabsichtigte Mitnahme seines Sohnes in den Operationssaal vorher informiert zu haben. Hiergegen habe es keine Einwände gegeben. Zudem seien in der Vergangenheit in der Klinik andere Personen während Operationen im OP anwesend gewesen und diese hätten auch teilweise Tätigkeiten übernommen. Dies entspräche der üblichen Praxis beim Arbeitgeber. Zudem wäre eine Abmahnung ausreichend. Der Arbeitgeber ist der Ansicht, dass bereits die Mitnahme des Sohnes eine so schwerwiegende Pflichtverletzung darstelle, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertige.

Mehrere Pflichtverstöße des Arztes

Das ArbG kam zu dem Ergebnis, dass eine erhebliche Pflichtverletzung des Arbeitnehmers vorlag, die eine Abmahnung entbehrlich gemacht habe.

Der Arzt habe seine Aufklärungspflicht gegenüber der Patientin verletzt. Er habe diese nicht über die Anwesenheit seines Sohnes informiert und ihr Einverständnis hierzu nicht eingeholt. Die Würde der Patientin sei missachtet worden.

Es sei irrelevant, ob die Hygienevorgaben durch den Sohn eingehalten worden seien. Die Gegenwart jeder weiteren Person im Operationssaal erhöhe die Gefahr einer Übertragung von Krankheitserregern.

Sohn ohne medizinische Ausbildung und Vorerfahrung

Es beständen Anhaltspunkte dafür, dass sich durch die Anwesenheit des Sohnes die OP konkret hätte verzögern und es zu Ablaufstörungen hätte kommen können. Die Gefahr sei latent vorhanden gewesen. Der Sohn habe keine medizinische Ausbildung und ebenso wenig Vorerfahrung im medizinischen Bereich.

Es habe die Gefahr bestanden, dass der Sohn Schwierigkeiten bei der Ausführung der anspruchsvollen Tätigkeit habe, die üblicherweise von einem Assistenzarzt durchgeführt werde. Der Arzt habe damit rechnen müssen, dass dem Sohn Fehler unterlaufen und er einschreiten müsse. Das sei ihm bewusst gewesen. Selbst, wenn der Arbeitnehmer den Chefarzt über die Mitnahme seines Sohnes in den OP in Kenntnis gesetzt haben sollte und dieser keine Einwände erhoben habe, führe die Assistenz des Sohnes während der OP zu einem so schwerwiegenden Pflichtverstoß, dass dies die Kündigung auch ohne Abmahnung rechtfertige.

Ärztliche Schweigepflicht verletzt und fehlende Sensibilität

Das Verhalten führe auch zu einer Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht gegenüber der Patientin. Es wurde eine narkotisierte und weibliche Patientin operiert. Hier zeigt sich fehlendes Verantwortungsbewusstsein und fehlende Sensibilität des Arztes in Bezug auf die Intimsphäre der Patientin.

Quelle | ArbG Paderborn, Urteil vom 20.8.2024, 3 Ca 339/24, Abruf-Nr. 245009 unter www.iww.de

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Baurecht

Planungsmängel: Nachbesserung der nicht genehmigungsfähigen Planung

| Der Architekt hat ein Recht zur Nachbesserung der nicht genehmigungsfähigen Planung. Diese kommt aber nur in Betracht, wenn die Planung in der beantragten Form dauerhaft genehmigungsfähig hergestellt werden kann. Auf grundlegende Änderungen der Planung zwecks Herstellung der Genehmigungsfähigkeit muss der Auftraggeber sich nachträglich nicht einlassen. So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf. |

Genehmigungsfähigkeit nicht erreicht

Der Architekt hatte die Genehmigungsfähigkeit seiner Planung nicht erreicht. Um das doch noch zu gewährleisten, wollte er seine Planung weitreichend ändern.

Oberlandesgericht restriktiv

Das OLG schränkt die Nachbesserungsmöglichkeiten für die Beseitigung von Planungsmängeln ausdrücklich ein. Es betont: Der Architekt hat nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten, seine Planung nachzubessern.

Quelle | OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.12.2021, 23 U 81/21, Abruf-Nr. 243851 unter www.iww.de; rechtskräftig durch Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde: BGH, Beschluss vom 24.4.2024, VII ZR 886/21

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Baumängel: Bauhandwerkersicherung auch noch nachträglich möglich

| Das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig hat entschieden: Ein Unternehmer kann eine Bauhandwerkersicherung auch verlangen, wenn er nur noch Mängel beseitigen muss. Wird die Sicherheit nicht gestellt, darf er die Mängelbeseitigung verweigern. |

Auftrag mit Mängeln ausgeführt

Der Unternehmer sollte Betonflächen im Außenbereich herstellen. Dies geschah nur mangelhaft. Um die Kosten für die Mängelbeseitigung abzusichern, hat der Unternehmer eine Sicherheit nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (hier: § 650f BGB) gefordert. Doch der Auftraggeber stellte die Sicherheit nicht. Deswegen kündigte der Unternehmer den Vertrag. Er meinte, dadurch sei ein Abrechnungsverhältnis eingetreten. Der Auftraggeber erhob Widerklage, mit der er einen Vorschuss verlangte, um die Mängel zu beseitigen.

Klage und Widerklage erfolglos

Keine der Parteien war vor dem OLG erfolgreich. Zwar war der Unternehmer, so das OLG, berechtigt, den Vertrag aus wichtigem Grund zu kündigen, da der Auftraggeber die Sicherheit nicht innerhalb der hierfür gesetzten Frist gestellt hatte.

Aber durch die Kündigung sei das Nacherfüllungsstadium des Vertrags beendet gewesen. In solchen Fällen bestehe der Vergütungsanspruch nur, soweit die Leistungen mangelfrei erbracht wurden. Folge: Der Unternehmer müsse sich den mangelbedingten Minderwert anrechnen lassen. Hier schätzte das OLG diesen auf mindestens die Höhe der geltend gemachten Werklohnforderung. Es wies die Klage daher ab.

Wegen der Beendigung des Nacherfüllungsstadiums hatte der Auftraggeber laut OLG auch keinen Anspruch mehr auf den Vorschuss zur Mängelbeseitigung. Die Mängel würden allenfalls durch die Minderung des Vergütungsanspruchs berücksichtigt.

Quelle | OLG Schleswig, Urteil vom 24.7.2024, 12 U 75/23

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Bundesgerichtshof: Neues zu Mehrkosten am Bau

| Oft ändern sich die Umstände, unter denen begonnen wurde, zu bauen. Entstehen dem Bauträger dann Mehrkosten, ist fraglich, wer diese trägt. Einen solchen Fall hat nun der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. |

Das war geschehen

Ein Unternehmen sollte nach einer öffentlichen Ausschreibung Starkstromanlagen bauen. Bereits der Baubeginn verzögerte sich. Diese hätte im Juni 2018 starten sollen. Erst, nachdem der Bauträger Anfang Juli 2018 eine Baubehinderung angemeldet hatte, schickte der Auftraggeber Ende Juli einen Bauablaufplan, den er Ende Januar 2019 korrigierte. Der neue Bauablaufplan sah vor, die Abnahme zu verschieben. In der Zwischenzeit kam es zu weiteren fünf Baubehinderungen, die der Bauträger monierte. Schließlich fand die Abnahme erst im November 2019 statt.

Bauherr weigerte sich, Mehrkosten zu tragen

Der Bauherr weigerte sich, Mehrkosten von ca. 57.000 Euro wegen Verlängerung der Bauzeit und gestiegener Tariflöhne zu zahlen. Der Bauträger klagte.

So sah es das Oberlandesgericht

Das OLG Dresden lehnte einen Mehrvergütungsanspruch wegen Verlängerung der Bauzeit ab. Hiernach kann ein Unternehmen eine Preisanpassung verlangen, wenn sich aufgrund von „Anordnungen“ des Auftraggebers die Grundlagen der Kalkulation ändern.

Das OLG: Die Übermittlung der beiden Bauablaufpläne seien keine solchen Anordnungen. Der Anlagenbauer legte Revision ein, scheiterte aber auch damit.

So sah es der Bundesgerichtshof

Das sah auch der BGH so. Denn der Bauherr hatte hier die VOB/B vorgegeben und damit Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB). Diese seien auszulegen. Insbesondere seien Mehrkosten aufgrund von Anweisungen des Auftraggebers von Mehrkosten zu differenzieren, die durch andere Vertragsstörungen entstanden sind.

Das Übermitteln von bloßen Bauablaufplänen seien keine solchen Anweisungen in o. g. Sinne. Vielmehr reagiere der Auftraggeber damit nur auf Verzögerungen.

Eine Pflichtverletzung des Auftraggebers liege ebenfalls nicht vor. Folglich scheide ein Anspruch auf Mehrvergütung aus.

Quelle | BGH, Urteil vom 19.9.2024, VII ZR 10/24, Abruf-Nr. 244585 unterwww.iww.de

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Familien- und Erbrecht

Grobe Unbilligkeit: Versorgungsausgleich gefährdet, wenn Ehegatte absprachewidrig das Konto nutzt

| „Plündert“ eine Ehefrau alle gemeinschaftlichen Konten, ohne hierzu berechtigt gewesen zu sein, während ihr Ehemann nach einem schweren Schlaganfall arg- und wehrlos in einer Reha-Klinik liegt, können Ansprüche des plündernden Ehegatten auf Versorgungsausgleich ausgeschlossen sein. So entschied es das Kammergericht (KG) Berlin. |

So argumentierte die Ehefrau

Die Ehefrau hatte gemeint, sie werde doppelt bestraft, weil sie zivilrechtlich die vom Konto erlangten Gelder zurückzahlen müsse und gleichzeitig keinen Versorgungsausgleich erhalte.

Das Kammergericht blieb hart

Das ließ das KG nicht gelten. Die Ansprüche stünden nebeneinander und würden nicht miteinander verrechnet.

Nach dem Versorgungsausgleichsgesetz (hier: § 27 VersAusglG) findet ein Versorgungsausgleich ausnahmsweise nicht statt, soweit er grob unbillig wäre. Eine grobe Unbilligkeit liegt dabei vor, wenn eine rein schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs unter den besonderen Gegebenheiten des konkreten Einzelfalls den Grundgedanken der gesetzlichen Regelung in unerträglicher Weise widerspricht. Das bejahte das KH hier. Denn die Ehefrau hatte das Vermögen für sich, statt wie verabredet für die gemeinsame Alterssicherung verwandt.

Quelle | KG Berlin, Beschluss vom 7.3.2024, 16 UF 112/23, Abruf-Nr. 243846 unter www.iww.de

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Testamentsklausel: Macht angedrohte Enterbung das Testament sittenwidrig?

| In Testamenten wird als „Druckmittel“ auch schon einmal eine Enterbung angedroht. Wie dies zu bewerten ist, hat nun das Oberlandesgericht (OLG) München entschieden. |

Bei Heirat: Enterbung

Der spätere Erblasser errichtete 2016 ein handschriftliches Testament, in dem er seine beiden Söhne A und B zu Erben bestimmte. Weiter ist in dem Testament bestimmt: „Sollte mein Sohn A seine Lebensgefährtin X heiraten, wird er enterbt.“ A ist seit 2018 mit der Lebensgefährtin verheiratet. Nach dem Tod des Erblassers beantragte B die Erteilung eines Alleinerbscheins. Er ist der Ansicht, durch die Heirat des A sei die Bedingung im Testament eingetreten und der A enterbt worden.

Dem ist A entgegengetreten. Er ist der Ansicht, es handele sich insoweit um eine sittenwidrige Bedingung. Dem ist das OLG allerdings nicht gefolgt.

Von der Testierfreiheit gedeckt

Das OLG: Die Klausel sei nicht sittenwidrig, sondern im Rahmen der Testierfreiheit des Erblassers hinzunehmen. Es sei zu berücksichtigen, dass der durch die Bedingung auf den A einwirkende im Folgenden unterstellte Druck von geringem Gewicht sei, da er nicht aus dem Testament selbst herrührt, sondern der Ankündigung des Erblassers entspringt, ihn für den Fall der Hochzeit mit der Lebensgefährtin zu enterben.

Dieses Verhalten mag moralisch missbilligt werden, macht das Testament aber nicht sittenwidrig. Hätte der Erblasser wie geschehen testiert, dies aber dem Sohn A nicht mitgeteilt, wäre ausgeschlossen, dass die Klausel Druck auf diesen im Hinblick auf die beabsichtigte Eheschließung ausgeübt hätte, jedenfalls zu Lebzeiten des Erblassers. Anknüpfungspunkt für die Sittenwidrigkeitsprüfung ist mithin die bloße Äußerung des Erblassers.

Hinzu komme, dass der potenzielle Erbe in Fällen der vorliegenden Art in aller Regel weiß, dass er durch „Wohlverhalten“ zwar etwas gewinnen kann, aber bei „Zuwiderhandlungen“ nichts verliert, hat er doch auf eine über seinen Pflichtteil hinausgehende Beteiligung am Nachlass keinen Anspruch. Der Erblasser hätte den A nach dessen Heirat schlicht enterben können.

Quelle | OLG München, Beschluss vom 23.9.2024, 33 Wx 325/23 e, Abruf-Nr. 244400 unter www.iww.de

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Schadenersatzforderung: Trotz Anspruch auf Kita-Platz: Gemeinde haftet nicht für private Betreuungskosten

| Eine Gemeinde ist nicht ohne Weiteres zum Schadenersatz verpflichtet, wenn sie den Anspruch auf einen Kita-Platz nicht erfüllen kann. Bevor die Eltern die Kosten für eine anderweitige Betreuung ihrer Kinder erstattet bekommen, müssen sie vor dem Verwaltungsgericht (VG) auf Zuweisung des Kita-Platzes klagen. Der Anspruch auf Kostenerstattung durch die Gemeinde setzt nämlich voraus, dass alle Rechtsschutzmittel auf Zuteilung eines Kita-Platzes erfolglos ausgeschöpft sind. Das hat das Landgericht (LG) Frankenthal in einem aktuellen Urteil entschieden. Die auf Zahlung von Schadenersatz gerichtete Klage einer jungen Mutter gegen die Stadt Ludwigshafen hat das LG abgewiesen. |

Kita-Platz erst gute zwei Jahre später erhalten

Im konkreten Fall beantragten die Eltern im Mai 2020 für ihr im selben Monat geborenes Kind einen Kitaplatz ab Mai 2021. Die Stadt übermittelte eine Anmeldebestätigung, in der eine Rückmeldung angekündigt wurde. Die blieb zunächst aber aus. Erst im April 2023 erhielt die Familie die Mitteilung, dass dem Kind ab September 2023 ein Betreuungsplatz zugewiesen wurde. Die Mutter verlangte von der Stadt Ersatz für die ihr zwischenzeitlich entstandenen privaten Betreuungskosten. Sie und ihr Ehemann seien auf die Betreuung ihrer Tochter angewiesen gewesen und hätten Tagesmütter bezahlen müssen.

Eltern hätten handeln müssen

Das LG wies die Klage ab. Das Elternpaar habe es vorwerfbar unterlassen, seinen Kita- Anspruch im Eilverfahren vor dem VG durchzusetzen.

Die Pflicht der Gemeinde zum Schadenersatz sei dem primären Ziel untergeordnet, rechtzeitig einen Kita-Platz zu bekommen. Es bestehe deshalb kein Wahlrecht der Eltern, entweder den Kita-Platz einzuklagen oder aber zu dulden, dass dieser verweigert werde und dafür eine Geldzahlung zu verlangen. Erst bei erfolgloser Klage auf den Kita-Platz bestehe eine Aussicht auf die Erstattung von Betreuungskosten. Diese seien zudem vor den VG geltend zu machen.

Quelle | LG Frankenthal, Urteil vom 19.9.2024, 3 O 313/23, PM vom 31.10.2024

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Ehegattennachzug: Keine Verkürzung der Trennungszeit durch Sicherung von Lebensunterhalt und Vorhalten von Wohnraum

| Die Sicherung des Lebensunterhalts und das Vorhalten von Wohnraum rechtfertigen keine Verkürzung der Trennungszeit, die ein subsidiär Schutzberechtigter und sein Ehegatte, deren Ehe nicht bereits vor der Flucht geschlossen wurde, bis zu dessen Nachzug zum Zwecke der Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet hinnehmen müssen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) jetzt entschieden. |

Das war geschehen

Die Klägerin und ihr Ehemann sind syrische Staatsangehörige. Sie reisten eigenen Angaben zufolge in den Jahren 2014 bzw. 2013 aus Syrien in den Libanon ein. Im August 2019 schlossen sie während eines Kurzaufenthalts in Syrien die Ehe. Der Ehemann suchte im Dezember 2020 im Bundesgebiet um Asyl nach. Im Februar 2021 erkannte ihm das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den subsidiären Schutzstatus zu. Nach der Absolvierung eines Integrationskurses trat er im Februar 2023 in ein unbefristetes und ungekündigtes Vollzeitarbeitsverhältnis ein. Im Juli 2023 begründete er zusätzlich ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis. Er ist im Besitz einer gültigen Aufenthaltserlaubnis und bewohnt eine Wohnung mit einer Größe von etwa 50 m².

Die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Beirut lehnte die Erteilung des von der Klägerin beantragten Visums auf der Grundlage des Aufenthaltsgesetzes (hier: § 36a Abs. 3 Nr. 1 AufenthG) ab. Der hiergegen erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht (VG) mit dem angegriffenen Urteil stattgegeben. Eine Ausnahme von dem für den Fall einer nicht bereits vor der Flucht erfolgten Eheschließung vorgesehenen Regelausschlussgrund sei anzunehmen, wenn die Ehegatten seit mehr als drei Jahren räumlich voneinander getrennt lebten, die eheliche Lebensgemeinschaft nicht in einem Drittstaat wiederhergestellt werden könne, der im Bundesgebiet lebende subsidiär Schutzberechtigte den Lebensunterhalt der Familie sicherzustellen vermöge und ausreichender Wohnraum zur Verfügung stehe.

Bundesverwaltungsgericht: mehr als vier Jahre Trennung

Das BVerwG hat der gegen das Urteil des VG eingelegten Sprungrevision der Beklagten stattgegeben. Die Erteilung eines Visums zum Zwecke des Ehegattennachzuges zum subsidiär Schutzberechtigten scheidet (gemäß § 36a Abs. 3 Nr. 1 AufenthG) in der Regel aus, wenn die Ehe nicht bereits vor der Flucht geschlossen wurde. Das VG hat das Vorliegen einer Ausnahme von diesem Regelausschlussgrund mit einer Begründung bejaht, die Bundesrecht verletzt. Nach der Rechtsprechung des Senats ist eine Ausnahme von dem Regelausschlussgrund für den Fall, dass die (Wieder-)Herstellung der familiären Lebensgemeinschaft in dem Aufenthaltsstaat des nachzugswilligen Ehegatten wie hier auf unabsehbare Zeit ausscheidet, regelmäßig bei einer mehr als vier Jahre andauernden Trennung der Ehegatten anzunehmen. Dieser Ausgleich der Interessen ist unter den Vorbehalt besonderer Umstände des Einzelfalls gestellt.

Wegen der Bedeutung der einem Familiennachzug widerstreitenden Interessen der Bundesrepublik Deutschland müssen solche atypischen Umstände des Einzelfalls geeignet sein, dem Regelausschlussgrund einer nach der Flucht geschlossenen Ehe schon vor dem Ablauf der genannten Fristen ausnahmsweise kein ausschlaggebendes Gewicht beizumessen. Von einer derartigen Atypik kann indes weder im Fall der Sicherstellung des Lebensunterhalts der Bedarfsgemeinschaft noch im Fall des Vorhaltens ausreichenden Wohnraums ausgegangen werden. Allein derartige migrationstypische Sachverhalte vermögen besondere Umstände des Einzelfalls im vorstehenden Sinne nicht zu begründen, zumal der Gesetzgeber ihre Berücksichtigung allein im Rahmen von § 36a Abs. 2 S. 4 AufenthG vorgesehen hat.

Verwaltungsgericht muss erneut entscheiden

Mangels hinreichender Feststellungen zu etwaigen anderen hier berücksichtigungsfähigen Besonderheiten hat das BVerwG das Verfahren zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das VG zurückverwiesen.

Quelle | BVerwG, Urteil vom 24.10.2024, 1 C 17.23, PM 50/24

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Mietrecht und WEG

Instandhaltungsrücklage: Zeitpunkt des Werbungskostenabzugs bei vermieteter Eigentumswohnung

| Vermieten Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft eine Eigentumswohnung, müssen sie an die Hausverwaltung auch Zahlungen leisten, die diese der Instandhaltungs- bzw. Erhaltungsrücklage zuführt. Bis dato sind diese Zahlungen nicht zum Zahlungszeitpunkt als Werbungskosten zu berücksichtigen, sondern erst, wenn sie für Instandhaltungen verausgabt worden sind. Ob dies (immer noch) zutreffend ist, muss nun der Bundesfinanzhof (BFH) klären. |

Seit dem 20.8.2024 ist beim BFH ein Verfahren mit folgender Fragestellung anhängig: Stellen Einzahlungen in die Erhaltungsrücklage (vormals Instandhaltungsrücklage) nach der Novellierung des Wohnungseigentumsgesetzes durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (BGBl I 2020, S. 2187) mit einhergehender Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft bereits in diesem Zeitpunkt des Abflusses sofort abzugsfähige Werbungskosten dar, unabhängig von der späteren Mittelverwendung und der steuerlichen Einordnung?

Beachten Sie | Die Vorinstanz, das Finanzgericht (FG) Nürnberg, hat das übrigens verneint.

Nach aktuellem Rechtsstand sind die Zahlungen erst dann als Werbungskosten abzugsfähig, wenn sie der Verwalter verausgabt hat. Dass die Beiträge zur Erhaltungsrücklage mit der Zahlung aus dem frei verfügbaren Vermögen abgeflossen sind, ändert daran nichts.

Beispiel

A ist Vermieter einer Eigentumswohnung. Er hat an die Hausverwaltung ein monatliches Hausgeld von 200 Euro für laufende Kosten (z. B. Versicherungen, Gas und Wasser) und daneben weitere 125 Euro als Zuführung zur Erhaltungsrücklage zu zahlen.

Bisherige Lösung: Die monatlichen Zahlungen sind in Höhe von 200 Euro sofort als Werbungskosten abzugsfähig. In Höhe von 125 Euro ergeben sich allein durch die Einzahlung in die Erhaltungsrücklage (noch) keine Werbungskosten.

Angestrebte Lösung: Durch das Revisionsverfahren soll erreicht werden, dass auch die Zahlung in die Erhaltungsrücklage sofort im Zahlungsjahr als Werbungskosten abzugsfähig ist.

Quelle | FG Nürnberg, Urteil vom 12.3.2024, K 866/23, Abruf-Nr. 243896 unter www.iww.de; Rev. BFH, IX R 19/24

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Kautionsrückzahlungsanspruch: Aufrechnung mit verjährten Schadenersatzforderungen wegen Beschädigung der Mietsache

| Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden: Eine Aufrechnung des Vermieters mit verjährten Schadenersatzforderungen wegen Beschädigung der Mietsache gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch des Mieters im Rahmen der Kautionsabrechnung ist regelmäßig auch möglich, wenn der Vermieter die ihm zustehende Ersetzungsbefugnis (Verlangen von Schadensersatz in Geld statt einer Wiederherstellung der beschädigten Sache) nicht in unverjährter Zeit ausgeübt hat. |

Das war geschehen

Die Klägerin begehrt nach Beendigung des Wohnungsmietvertrags und Rückgabe der Wohnung am 8.11.2019 die Rückzahlung der von ihr geleisteten Barkaution in Höhe von rund 780 Euro. Der beklagte Vermieter rechnete mit Schreiben vom 20.5.2020 über die Kaution ab und erklärte die Aufrechnung mit streitigen Schadenersatzansprüchen wegen Beschädigung der Mietsache in einer das Kautionsguthaben übersteigenden Höhe. Die Klägerin hat sich insoweit auf Verjährung berufen.

So sieht es der Bundesgerichtshof

Die Klage hatte zwar in den Vorinstanzen Erfolg, doch die Revision des Beklagten beim BGH letztlich ebenfalls. Der BGH hat nämlich entschieden, dass eine von den Parteien im Wohnraummietverhältnis getroffene Barkautionsabrede typischerweise dahingehend auszulegen ist, dass die Möglichkeit des Vermieters, sich nach Beendigung des Mietverhältnisses im Rahmen der Kautionsabrechnung hinsichtlich etwaiger Schadenersatzansprüche wegen Beschädigung der Mietsache durch Aufrechnung befriedigen zu können, nicht an einer fehlenden Ausübung der Ersetzungsbefugnis in unverjährter Zeit scheitern soll.

Das Berufungsgericht hatte bei seiner Beurteilung maßgeblich auf die für Schadenersatzansprüche wegen Beschädigung der Mietsache gesetzlich vorgesehene kurze Verjährungsfrist von sechs Monaten abgestellt, innerhalb derer eine Gleichartigkeit der zur Aufrechnung gestellten Forderungen noch nicht bestanden hat. Dabei hat es nach Auffassung des BGH jedoch die beiderseitigen Interessen der Parteien eines Wohnraummietverhältnisses im Fall der Vereinbarung einer Barkaution nicht hinreichend berücksichtigt. Eine vom Mieter gestellte Barkaution dient gerade der Sicherung der Ansprüche des Vermieters; dieser soll sich nach Beendigung des Mietverhältnisses auf einfache Weise durch Aufrechnung gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch befriedigen können.

Soweit die Aufrechnung im Hinblick auf das bestehende Erfordernis der Gleichartigkeit der beiden Forderungen voraussetzt, dass der Vermieter die ihm bezüglich etwaiger Schadenersatzansprüche wegen Beschädigung der Mietsache zustehende Ersetzungsbefugnis ausübt, um Schadenersatz in Form eines Geldbetrags verlangen zu können, hat der Mieter regelmäßig kein Interesse daran, dass dies noch in unverjährter Zeit erfolgt. Die isolierte Ausübung der Ersetzungsbefugnis innerhalb der Verjährungsfrist wäre insofern ein lediglich formaler Schritt im Vorfeld zu der für beide Parteien letztlich maßgeblichen Abrechnung des Vermieters über die Barkaution, die ihrerseits nach der Rechtsprechung des BGH nicht in jedem Fall innerhalb der kurzen Verjährungsfrist zu erfolgen hat.

Erneute gerichtliche Entscheidung erforderlich

Da die Aufrechnung des Vermieters hiernach nicht an der Verjährung scheitert, hat der BGH das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dieses muss nun Feststellungen dazu treffen, ob die von dem beklagten Vermieter behaupteten Schadenersatzansprüche bestehen.

Quelle | BGH, Urteil vom 10.7.2024, VIII ZR 184/23, PM 144/24

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Verbraucherrecht

Verkehrssicherungspflicht: Schadenersatzforderung: Unter einer Laubschicht ist mit Glätte zu rechnen

| Öffentliche Wege sind witterungsabhängig und nicht nur in regelmäßigen Abständen zu reinigen. Fußgänger müssen aber mit Glätte unter vorhandenem Laub rechnen. Das Landgericht (LG) Lübeck sprach einer Frau, die auf Laub ausgerutscht war, ein wegen Mitverschulden gekürztes Schmerzensgeld zu. |

Auf öffentlichem Parkplatz ausgerutscht

Einen öffentlichen Parkplatz mit mehreren Laubbäumen in Bargteheide reinigte die Stadt einmal im Jahr zum Ende der Laubsaison. Ende Oktober noch vor der Reinigung parkte eine Frau dort ihr Auto und kam kurze Zeit später zurück. Über das, was dann passierte, herrscht Streit. Die Frau verlangte von der Stadt 6.000 Euro Schmerzensgeld, weil sie auf dem Rückweg zum Auto weggerutscht und gestürzt sei und sich dabei das Handgelenk gebrochen habe. Für mehrere Monate habe sie starke Schmerzen und Einschränkungen gehabt. Auf dem Parkplatz habe Laub und versteckt darunter rutschiger Matsch gelegen, den die Stadt ihrer Meinung nach hätte entfernen müssen. Die Stadt glaubte der Frau nicht und meinte, die jährliche Reinigung des Parkplatzes sei ausreichend.

Das LG hat entschieden, dass die Stadt der Frau 2.000 Euro Schmerzensgeld zahlen muss. Es hat die Frau und mehrere Zeugen befragt mit dem Ergebnis, dass auf dem Parkplatz viel Laub gelegen habe, es darunter besonders rutschig gewesen und die Frau deshalb gestürzt sei. Die Stadt hätte das Laub beseitigen müssen. Allerdings sei die Frau mitverantwortlich. Sie hätte erkennen müssen, dass es unter dem Laub glatt sein könnte, auch wenn das Laub trocken war.

Verkehrssicherungspflichten sind zu beachten

Flächen für den öffentlichen Verkehr müssen entsprechend den sogenannten Verkehrssicherungspflichten von Gefahren freigehalten werden. Gefahren durch liegengebliebenes Laub sind, ebenso wie Schnee und Glatteis, witterungsabhängig. Daher reicht es nicht, das Laub nach einem turnusmäßigen Reinigungsplan zu entfernen. Die Reinigung muss nach Bedarf je nach Laubfall erfolgen.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle | LG Lübeck, Urteil vom 21.2.2024, 6 O 157/22

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Vertragsklausel: Rechte der Kunden beim Einbauküchenkauf

| Das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken hat eine Klausel für unzulässig erachtet, nach der sich der Preis für die Lieferung und Montage einer Einbauküche (nur) dann um über 20 % reduziert, wenn der Kunde den reduzierten Küchengesamtpreis bis zum Tag der Lieferung und Rechnungsstellung zahlt. |

„Skonto“ bei vollständiger Zahlung bis zum Tag der Lieferung und Rechnungsstellung

Ein Ehepaar bestellte bei einem Küchenstudio eine Einbauküche nebst Elektrogeräten für sein Wohnhaus. In der Auftragsbestätigung wies das Küchenstudio einen Gesamtpreis in der Größenordnung von 70.000 Euro sowie einen „Skontobetrag“ von über 15.000 Euro aus für den Fall der vollständigen Zahlung bis zum Tag der Lieferung und Rechnungsstellung.

Bei Lieferung und Montage der Küche erhielten die Kunden eine Rechnung, die auf ihren Hinweis unter anderem bei der Höhe der Mehrwertsteuer korrigiert wurde. Etwa eine Woche nach Erhalt der korrigierten Rechnung überwiesen sie den um das „Skonto“ reduzierten Rechnungsbetrag bis auf einen Restbetrag in Höhe von knapp 3.000 Euro unter Verweis auf eine noch nicht erledigte Aufgabe. Wenige Tage später wiesen sie auch diesen Betrag an, nachdem das Küchenstudio ihnen mitgeteilt hatte, der Skontoabzug setze eine vollständige Zahlung voraus. In der Folge kam es zu Mängelrügen der Kunden und Nachbesserungsarbeiten des Küchenstudios. Etwa drei Monate nach der ersten Rechnung stellte das Studio den Kunden einen weiteren Betrag über etwa 1.000 Euro in Rechnung für Arbeiten, die bei Montage der Küche erledigt worden waren.

Landgericht: Klausel des Küchenstudios unwirksam

Diesen Betrag sowie den von den Kunden in Abzug gebrachten „Skontobetrag“ klagte das Küchenstudio ein. Das Landgericht (LG) wies die Klage des Küchenstudios mit der Begründung ab, die verwendete Klausel sei unwirksam und ein mündlicher Zusatzauftrag nicht erwiesen.

Oberlandesgericht bestätigte Landgericht

Das OLG bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung. Die Zahlungsbedingung „fällig bis zum Tage der Lieferung und Rechnungsstellung“ sei aus mehreren voneinander unabhängigen Gründen unzulässig. So bestehe für den Kunden keine Möglichkeit, die Zahlung aufgrund von Mängeln (teilweise) zurückzuhalten, möchte er sich nicht der Forderung des höheren Preises aussetzen. Bei Zahlung am selben Tag sei auch keine angemessene Zeit zur Prüfung, ob die Leistung vertragsgerecht erbracht und die Rechnung ordnungsgemäß gestellt worden sei, gegeben. Ferner sei dem Kunden eine Bar- oder Sofortzahlung über mehrere Zehntausend Euro nicht zumutbar. Schließlich sei der „Skontobetrag“ aufgrund seines Umfangs und im Verhältnis zum Gesamtküchenpreis als unzulässige Vertragsstrafe zu werten. Denn branchenüblich sei ein Skonto von lediglich 1 % bis 3 %.

Kunde schuldet nur Sonderpreis

In Anbetracht der Unwirksamkeit der Klausel schulde der Kunde lediglich den als „Sonderpreis“ vereinbarten Betrag („Gesamtpreis“ abzüglich „Skontobetrag“). Auf einen entsprechenden Hinweis des Senats nahm das Küchenstudio seine Berufung zurück.

Quelle | OLG Zweibrücken, Hinweisbeschluss vom 25.6.2024, 5 U 38/23, PM vom 9.9.2024

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Versicherungsvertrag: Versicherter kann keine Rückzahlung der Prämie verlangen, sondern nur Versicherungsnehmer

| Nur der Versicherungsnehmer kann die Unwirksamkeit einer Prämienanpassung geltend machen, nicht aber der Versicherte. Entsprechend kann auch nur er eine Rückzahlung der Prämie verlangen. Das hat das Landgericht (LG) Kleve entschieden. |

Das LG machte deutlich, dass auch in der Gruppenversicherung Ansprüche auf Rückzahlung überzahlter Prämien nur dem Versicherungsnehmer zustehen. Trotz der einschlägigen Regelung im Versicherungsvertragsgesetz (hier: § 44 VVG) habe der Versicherte nicht die Rechte eines Vertragspartners, soweit nichts anderes vereinbart worden ist. Er könne insbesondere keine Gestaltungsrechte ausüben und dem Inhalt des Versicherungsscheins nicht wirksam widersprechen. Demgemäß könne er auch die Unwirksamkeit von Vertragsänderungen zu denen auch die Erhöhung der Versicherungsprämie durch den Versicherer gehört nicht geltend machen, weil dies allein dem Versicherungsnehmer als Vertragspartner obliegt. Eine abweichende Vereinbarung haben die Parteien weder behauptet noch getroffen. Die hier einschlägigen Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Gruppenversicherung (AVB-G) enthalten keine Klausel, die dem Versicherten erlaubte, die Unwirksamkeit der festgesetzten oder geänderten Prämienhöhe gegen die Beklagte geltend zu machen.

Quelle | LG Kleve, Urteil vom 27.3.2024, 6 O 64/23, Abruf-Nr. 244395 unter www.iww.de

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Nachbarschaftsrandale: Schmerzensgeld für Opfer bei Anpassungsstörung

| Die Entwicklung einer Anpassungsstörung nach mehreren vorsätzlichen Sachbeschädigungen durch einen in der Nachbarschaft wohnenden Dritten (hier: Feuer im Briefkasten und Mülleimer, Beschädigung zweier Fahrzeuge) kann einen Anspruch auf Schmerzensgeld auslösen. So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main. |

Nachbar randalierte mehrfach

Der Kläger nimmt den in seiner Nachbarschaft wohnenden Beklagten auf Schadenersatz und Schmerzensgeld in Anspruch. Der Beklagte hatte im Sommer 2021 im Briefkasten und der Mülltonne des Klägers ein Feuer gelegt, das ohne Zutun des Klägers erlosch. Einige Wochen später hatte er eine Flasche gegen das klägerische Terrassenfenster geworfen und am selben Tag mittels eines Steins die Windschutzscheibe des Fords und die Fahrerfensterscheibe des Seats des Klägers zerstört.

Das verlangte der Kläger

Der Kläger begehrte nach Zahlung von 2.000 Euro noch Ersatz von Reinigungskosten für eines der Fahrzeuge, Nutzungsentschädigung für den Ford und 2.000 Euro Schmerzensgeld, da er vorfallbedingt unter Konzentrationsschwierigkeiten, Angstzuständen und Panikattacken leide.

Kläger hatte teilweise Erfolg

Das Landgericht (LG) hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung des Klägers hatte teilweise Erfolg.

Der Kläger, so das OLG, habe Anspruch auf Schmerzensgeld in Höhe von 700 Euro. Er habe als Reaktion auf die Übergriffe des Beklagten gemäß den Angaben im psychiatrisch-psychotherapeutischen Gutachten eine Anpassungsstörung erlitten. Der vor dem Vorfall psychisch gesunde Kläger habe die „Taten des Beklagten als „Anschläge gegen seine Wohnstatt und damit gegen sich selbst“ erlebt, führte das OLG weiter aus. Die Beeinträchtigung sei dem Beklagten auch zuzurechnen, da es sich weder um eine Bagatelle noch um eine psychische Überreaktion handele. Angesichts der vorsätzlichen Taten des Beklagten und der dadurch ausgelösten Symptome einerseits, andererseits der vollständigen Genesung und unter Berücksichtigung vergleichbarer Fälle sei hier ein Betrag von 700 Euro zu zahlen.

Auch Ersatz von Reinigungskosten und Nutzungsentschädigung

Der Kläger könne wegen der Beschädigung der Fahrzeuge neben dem Ersatz der Reparaturkosten auch Ersatz der Reinigungskosten und Nutzungsentschädigung verlangen. Er habe für seine berufliche Tätigkeit ein Fahrzeug benötigt. Ihm habe im Reparaturzeitraum des Fords auch kein anderes Fahrzeug zur Verfügung gestanden. Den in diesem Zeitraum verfügbaren Seat habe seine Frau für familiär begründete Fahrten und Einkäufe benötigt.

Der Kläger habe die Reparatur auch nicht „ungebührlich verzögert“. Ihm habe für die Reparatur zunächst das Geld gefehlt. Nach Eingang des Vorschusses habe er den Auftrag umgehend erteilt. Der Beklagte habe es in der Hand gehabt, den Vorschuss zügig zu zahlen und nicht tatsächlich erst nach Ablauf von zwei Monaten. Der beanspruchte Tagessatz sei allerdings zu hoch; der Ausfallschaden sei hier auf 23 Euro zu schätzen.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Quelle | OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 27.9.2024, 3 U 179/23, PM 56/24

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Kaufpreisrückzahlung: Retoure eines Carport-Bausatzes

| Auch, wenn ein kompletter Carport-Bausatz retourniert werden soll, kann eine Kaufpreisrückzahlung nicht verweigert werden. Die Rückzahlung muss „Zug um Zug“ gegen die Rückgabe des Carports erfolgen, so das Amtsgericht (AG) München. |

Das war geschehen

Der Kläger kaufte bei der Beklagten einen Carport-Bausatz für knapp 1.000 Euro inklusive „Lieferung bis Bordsteinkante“. Die Beklagte gewährte dem Käufer ein 60-tägiges Rücktrittsrecht. Der Bausatz wurde in drei großen Paketen durch eine Spedition im Vorgarten des Klägers abgelegt. Etwa drei Wochen nach Lieferung erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag. Die Beklagte entsandte viermal eine Spedition, die die Pakete jedoch nicht mitnahm, da diese teilweise geöffnet waren und sich der Karton der Pakete durch die lange Lagerung im Garten bereits auflöste. Inzwischen ist der Bausatz im Keller des Klägers eingelagert.

Wer ist für die Beschädigung verantwortlich?

Der Kläger geht davon aus, dass die Beklagte für die Beschädigung der Pakete verantwortlich und mit der Abholung in Verzug sei. Auch sei der Bausatz mangelhaft, weil er aus „vermutlich hunderten Einzelteilen“ bestehe. Ein Zurückbehaltungsrecht der Kaufpreisrückzahlung bestehe somit nicht. Vor dem AG München verklagte der Kläger die Beklagte daher auf Rückzahlung des o. g. Kaufpreises.

Das Gericht verurteilte die Beklagte schließlich zur Rückzahlung, jedoch nur Zug um Zug gegen Rückgabe des Carports. Der Carport sei nicht mangelhaft, der Kläger habe der Beklagten die Rückgabe der Pakete nicht ordnungsgemäß angeboten.

Viele Einzelteile sind an sich kein Mangel

Es liegt in der Natur der Sache, so das AG, dass ein Bausatz aus zahlreichen Einzelteilen besteht. Bei einem Carport handele es sich um ein Bauwerk, das fest mit dem Boden verankert werden muss und das Umwelteinflüssen standhalten muss, sodass es selbstverständlich zu erwarten sei, dass die Lieferung auch „mehrere hundert Einzelteile“ umfassen kann, zumal zahlreiche Schrauben, Muttern, Verbindungsstücke etc. enthalten sein müssen. Gleiches gelte für eine umfangreiche Bedienungsanleitung.

Pakete waren nicht transportfähig

Das AG weiter: Der Kläger erwarte offenbar, dass die Beklagte die Pakete in seiner Abwesenheit von seinem (eingefriedeten) Grundstück abhole, müsste diese jedoch auf der „Bordsteinkante“, demnach auf öffentlich zugänglichem Grund, bereitstellen. Zudem war ein Karton ebenfalls unstreitig geöffnet, was auch nach Auffassung des Gerichts dazu führe, dass die Pakete nicht transportfähig gewesen seien. Dass die Verpackung eines der Pakete bereits bei Anlieferung beschädigt bzw. geöffnet war, habe der Kläger nicht bewiesen. Schon sein Vortrag hierzu sei widersprüchlich, da er bei der Anlieferung offensichtlich nicht zugegen gewesen sei.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle | AG München, Urteil vom 19.6.2024, 142 C 21245/23, PM 34/24

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Verkehrsrecht

Verkehrssicherungspflicht: Wer haftet bei Kollision mit Baustellenmaterial ohne Absicherung?

| Ein Bautrupp hielt mit einem Transporter in einer Kurve am Straßenrand und lud als Erstes eine Kabeltrommel aus dem Fahrzeug auf die Straße. Eine Minute danach kollidierte ein vorbeifahrendes Fahrzeug mit der Trommel, dessen Fahrer auf den Transporter achtete. Der Fahrer des Transporters und sein Versicherer meinen, für das Absichern der Baustelle mit Pylonen sei noch keine Zeit gewesen. Zudem sei die Kabeltrommel sichtbar gewesen. Das sah das Amtsgericht (AG) Pforzheim allerdings ganz anders. |

Falsche Reihenfolge

Das AG: Erst ist abzusichern, dann die Kabeltrommel auszuladen. War der Zugriff zum Absicherungsmaterial durch die Kabeltrommel versperrt, entlastet das nicht. Denn das müsse man von vornherein anders laden.

So verteilte das Gericht die Haftung

Allerdings kam das AG zum Ergebnis, dass die Haftung auf jeweils 50 Prozent zu verteilen war. Denn der Unfallbeteiligte hätte bei mehr Aufmerksamkeit die Kabeltrommel sehen können.

Quelle | AG Pforzheim, Urteil vom 19.9.2024, 2 C 1790/23, Abruf-Nr. 244210 unter www.iww.de

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Schadenersatz: Wenn der Totalschaden nicht erkennbar ist, darf zur Heimatwerkstatt abgeschleppt werden

| Ist es für den Geschädigten nicht offensichtlich, dass ein Totalschaden vorliegt, darf er das verunfallte Fahrzeug von der Unfallstelle zur Heimatwerkstatt schleppen lassen. Das hat das Amtsgericht (AG) Sonthofen entschieden. |

Im Fall des AG stellte sich im Nachhinein heraus, dass ein Totalschaden vorlag. Das konnte das der Geschädigte nicht selbst erkennen. Denn, wie häufig, war das Schadensbild nicht besonders gravierend. Zwischen Unfallort und Heimatort lagen nur 20 km.

Quelle | AG Sonthofen, Urteil vom 6.8.2024, 3 C 96/24, Abruf-Nr. 243811 unter www.iww.de

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Schadenersatz: Erstattungsfähig: Kosten für Stellungnahme des Sachverständigen zum Prüfbericht

| Greift der Versicherer mit einem Prüfbericht Positionen der Reparaturrechnung an, darf der Geschädigte den ursprünglich tätig gewesenen Gutachter mit einer Stellungnahme beauftragen. Die Kosten dafür muss der Schädiger ersetzen. So entschied es das Landgericht (LG) Potsdam. |

Inhalt des Prüfberichts

Zu berücksichtigen sei nämlich, dass sich der Prüfbericht nicht mit dem ursprünglichen Gutachten des Gutachters auseinandersetzt. Er befasst sich vielmehr mit der Reparaturkostenrechnung. Darüber hinaus formuliert er Einwendungen gegen. Damit werden Streitpunkte aufgeworfen, mit denen sich das Gutachten aus Laiensicht noch gar nicht befassen konnte und zu denen es daher auch keine Aussage trifft.

„Waffengleichheit“ soll gewahrt werden

Ob die Einwendungen im Prüfbericht berechtigt sind oder nicht, könne der Geschädigte als Laie nicht eigenständig beurteilen. Das OLG: Um die Waffengleichheit zu wahren, sei es als gerechtfertigt anzusehen, eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme einzuholen.

Quelle | LG Potsdam, Beschluss vom 17.6.2024, 6 S 8/24, Abruf-Nr. 244245 unter www.iww.de

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Sorgfaltsgebot: Unfall mit Fahrradfahrer: Alleinhaftung des in die Straße einfahrenden PKW

| Das Landgericht (LG) Hanau hat entschieden: Der aus einem Grundstück mit dem PKW in den Straßenverkehr Einfahrende kann bei einer Kollision mit einem Fahrradfahrer auch dann den Unfall allein verursacht haben und für die entstandenen Schäden haften, wenn der Fahrradfahrer verkehrswidrig nicht den gekennzeichneten Fahrradweg benutzt hat, sondern auf der Straße gefahren ist. |

Fahrradfahrerin benutzte die Straße trotz Fahrradweg

Die PKW-Fahrerin beabsichtigte, mit ihrem Pkw aus ihrem Anwesen auf die Straße einzubiegen, und tastete sich in diese ein. Die Sicht war durch am Fahrbahnrand geparkte Fahrzeuge erschwert. Auf der Hauptfahrspur näherte sich zugleich eine Fahrradfahrerin, obwohl an der Unfallstelle ein kombinierter Fahrrad-/Fußgängerweg existierte. Es kam zur Kollision, indem das Fahrrad gegen die linke vordere Seitenwand des PKW stieß. Die PKW-Fahrerin klagte die Hälfte des an ihrem Fahrzeug entstandenen Schadens ein und meinte, die Fahrradfahrerin treffe ein Mitverschulden, weil sie verkehrswidrig nicht den Fahrradweg benutzt habe.

Pkw-Fahrerin allein schuld

Das Amtsgericht (AG) hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hatte ebenfalls keinen Erfolg. Die PKW-Fahrerin hat aufgrund des Verstoßes gegen das in § 10 S. 1 der Straßenverkehrsordnung (StVO) festgehaltene Sorgfaltsgebot bei Einfahren von einem Grundstück in den Straßenverkehr den Unfall allein verursacht. Ein Mitverschulden der Fahrradfahrerin an der Kollision hat das LG hingegen verneint.

Diese habe zwar gegen § 2 Abs. 4 S. 2 StVO durch Nichtbenutzung des ausgewiesenen Radwegs verstoßen. Auch wäre der Unfall möglicherweise nicht geschehen, weil sich das Fahrrad bei Benutzung des Radwegs im Moment des Einfahrens des PKW in die Straße an einer anderen Stelle befunden habe. Die Nutzungspflicht für Radwege soll jedoch keine Kollisionen mit PKW verhindern, die aus einem Grundstück in die Straße einfahren. Es soll vielmehr Gefahren eines gemischten Verkehrs begegnet werden. Insbesondere dienen getrennte Radwege dem Schutz von Radfahrern im dichten Verkehr mit geringen Seitenabständen.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Quelle | LG Hanau, Beschluss vom 30.8.2023, 2 S 65/22, PM vom 25.11.2025

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Gefährdung: Schuss im Straßenverkehr abgegeben: Das sind die Folgen

| Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich aktuell zu den Folgen des Schießens im Straßenverkehr geäußert. |

Das war geschehen

Der Angeklagte, der eine scharfe Schusswaffe bei sich führte, hat der Ehefrau des Geschädigten gewaltsam einen Koffer mit über drei Kilogramm Goldschmuck entrissen. Sodann flüchteten der Angeklagte und seine Mittäter mit einem Kraftfahrzeug vom Tatort. Der Geschädigte nahm mit seinem Pkw sogleich die Verfolgung der Täter auf, um seinen Goldschmuck zurückzuerlangen. Auf einer viel befahrenen BAB kam es zu einer Kollision beider Fahrzeuge, indem der Geschädigte auffuhr. Um ihn abzuschütteln, lehnte sich der hinten links sitzende Angeklagte aus dem Fenster des vorausfahrenden Täterfahrzeugs und gab einen Schuss in Richtung des Pkw des Geschädigten ab. Das Projektil traf zunächst die Motorhaube des Pkw auf der Fahrerseite und prallte sodann an dessen Windschutzscheibe ab. Beide Fahrzeugteile wurden hierbei beschädigt.

Das sagt der Bundesgerichtshof

Der BGH wertet den Vorfall (auch) als vollendeten gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr. Dieser Tatbestand kann erfüllt sein, wenn die Tathandlung, z. B. durch Abgabe eines Schusses, unmittelbar zu einer konkreten Gefahr oder Schädigung führt, wie Sachschäden am Kraftfahrzeug des Geschädigten. Der Schutzzweck der Norm gebietet aber eine restriktive Auslegung der Norm, als unter einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen oder für fremde Sachen von bedeutendem Wert nur verkehrsspezifische Gefahren verstanden werden dürfen. Dies ist der Fall, wenn die konkrete Gefahr jedenfalls auch auf die Wirkungsweise der für Verkehrsvorgänge typischen Fortbewegungskräfte (Dynamik des Straßenverkehrs) zurückzuführen ist.

Dynamik des Straßenverkehrs erhöhte die Gefahr

Hier hat der Angeklagte mit dem abgegebenen Schuss nicht die Seitenfläche, sondern die Stirnseite des vorwärts bewegten fremden Pkw getroffen. Bei der Schadenentstehung wirkte die Dynamik des Straßenverkehrs hier zumindest dadurch gefahrerhöhend, dass im Auftreffen des Projektils zu dessen kinetischer Energie anders auch als bei einem stehenden Fahrzeug als Ziel jene Bewegungsenergie hinzukam, die mit der gegenläufigen Bewegung der Trefferfläche an dem nachfolgenden Kraftfahrzeug des Geschädigten verbunden war. Dieser synergistische Effekt begründet ungeachtet der hohen Eigendynamik des auftreffenden Projektils unter den festgestellten Umständen die erforderliche, aber auch ausreichende innere Verbindung der eingetretenen konkreten Gefahr mit der Dynamik des Straßenverkehrs.

Quelle | BGH, Urteil vom 23.4.2024, 4 StR 87/24, Abruf-Nr. 242159 unter www.iww.de

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Fahrerflucht: Neues zum unerlaubten Entfernen vom Unfallort

| Auch eine strafbare Beihilfe zum unerlaubten Entfernen vom Unfallort ist möglich. Das hat jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) noch einmal klargestellt. |

Zwei Mitfahrer hatten sich mit dem angeklagten Fahrer nach einem Verkehrsunfall noch im Fahrzeug auf eine gemeinsame Flucht verständigt. Sie hätten ihn hierdurch in seinem Entschluss bestärkt, sich vom Ort des durch ihn verursachten Verkehrsunfalls zu entfernen. Alle drei Personen verließen zeitnah zueinander das Fahrzeug und liefen davon.

Quelle | BGH, Urteil vom 1.8.2024, 4 StR 409/23, Abruf-Nr. 243631 unter www.iww.de

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Steuerrecht

DS-GVO: Finanzamt darf Mietverträge anfordern

| Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs (BFH) darf das Finanzamt einen Steuerpflichtigen auch unter Berücksichtigung der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) zur Vorlage der Mietverträge zum Zwecke der Prüfung der in der Steuererklärung gemachten Angaben auffordern. |

Das war geschehen

Im Zuge der Steuererklärung forderte das Finanzamt Kopien der aktuellen Mietverträge, Nebenkostenabrechnungen sowie Nachweise über geltend gemachte Erhaltungsaufwendungen an.

Der Steuerpflichtige bzw. der Vermieter legte zwar eine Aufstellung der Brutto- und Nettomieteinnahmen mit geschwärzten Namen der Mieter sowie der Betriebskosten für die verschiedenen Wohnungen und Unterlagen über die Instandhaltungsaufwendungen vor, jedoch nicht die angeforderten Mietverträge und Nebenkostenabrechnungen. Der Grund: Die Offenlegung sei im Hinblick auf die DS-GVO ohne vorherige Einwilligung der Mieter nicht möglich. Das Finanzamt, das Finanzgericht (FG) Nürnberg und der BFH waren aber anderer Ansicht.

Nach der Abgabenordnung (hier: § 97 Abs. 1 S. 1 AO) müssen die Beteiligten und andere Personen der Finanzbehörde auf deren Verlangen Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere und andere Urkunden zur Einsicht und zur Prüfung vorlegen.

Verhältnismäßigkeit gewahrt

Die Vorlage von Urkunden unterliegt dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Die Vorlage muss also zur Sachverhaltsaufklärung geeignet und notwendig, die Pflichterfüllung für den Betroffenen möglich und die Inanspruchnahme erforderlich, verhältnismäßig und zumutbar sein. Dies war für den Bundesfinanzhof hier der Fall. Er führte weiter aus: Eine Einwilligung der Mieter in die Weitergabe an das Finanzamt ist nicht erforderlich, weil die Verarbeitung nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. c DS-GVO gerechtfertigt ist.

Die Übersendung der Mietverträge ist als Zweckänderung nach Art. 6 Abs. 4 DS-GVO regelmäßig zulässig.

Quelle | BFH, Urteil vom 13.8.2024, IX R 6/23, Abruf-Nr. 244406 unter www.iww.de

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Minijobs: Erhöhung seit dem 1.1.2025: Mindestlohn und Minijob-Grenze

| Seit dem 1.1.2025 sind einige wichtige Änderungen für Minijobs zu beachten. So beträgt der gesetzliche Mindestlohn 12,82 EUR pro Stunde (zuvor 12,41 Euro). Die Erhöhung hat auch Auswirkungen auf die Minijob-Grenze (ab 1.1.2025: 556 Euro monatlich), da diese an den Mindestlohn gekoppelt ist. Diese und weitere Änderungen hat die Minijob-Zentrale zusammengefasst (abrufbar unter: www.iww.de/s12176). |

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Vermietungsobjekt: Steuerfalle: Anteilige Immobilien-Schenkung ohne anteilige Übertragung der Darlehen

| Überträgt der Steuerpflichtige schenkweise einen Miteigentumsanteil an einem Vermietungsobjekt, ohne auch die Finanzierungsdarlehen anteilig zu übertragen, kann er die Schuldzinsen nur noch anteilig entsprechend seinem verbliebenen Miteigentumsanteil abziehen. Diese steuerzahlerunfreundliche Sichtweise des Finanzgerichts (FG) Niedersachsen sollte insbesondere in Fällen der vorweggenommenen Erbfolge beachtet werden, um weiterhin den vollen Werbungskostenabzug für die Schuldzinsen zu erhalten. |

Das war geschehen

Der Alleineigentümer (Vater) einer vermieteten Immobilie hatte einen ideellen 2/5-Miteigentumsanteil im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich auf seinen Sohn übertragen. Die Grundschuld wurde von dem Sohn entsprechend seinem Miteigentumsanteil zur dinglichen Haftung übernommen. Zu einer schuldrechtlichen Schuldübernahme bzw. einem Schuldbeitritt zur Darlehensschuld gegenüber der Bank kam es jedoch nicht.

In der Feststellungserklärung für die ab Juli 2019 bestehende Grundstücksgemeinschaft/Vermietungs-GbR wurden Darlehenszinsen in voller Höhe geltend gemacht. Diese berücksichtigte das Finanzamt allerdings nur zu 3/5 (= Anteil des Vaters). Die hiergegen gerichtete Klage blieb vor dem FG Niedersachsen erfolglos.

Das FG Niedersachsen begründete seine restriktive Sichtweise u. a. wie folgt: Der Vater hat einen Miteigentumsanteil an der Mietimmobilie schenkweise und damit aus privaten, nicht mit der Einkünfteerzielung im Zusammenhang stehenden Gründen auf seinen Sohn übertragen.

Finanzierungszusammenhang durch Übertragungsvorgang weggefallen

Da das bei der Bank aufgenommene Darlehen der Finanzierung des gesamten Gebäudes diente, wurde mit der Übertragung eines Miteigentumsanteils auf den Sohn der Finanzierungszusammenhang des Darlehens mit dem Gebäude anteilig zu dem übertragenen Miteigentumsanteil gelöst.

Beachten Sie | Insoweit hat der Vater eine kreditfinanzierte Schenkung vorgenommen, was zur Folge hat, dass die Darlehenszinsen von ihm ab diesem Zeitpunkt nicht mehr als Werbungskosten abgezogen werden können. Ein Abzug beim Sohn kommt ebenfalls nicht in Betracht, weil er die Darlehenszinsen weder gezahlt, noch der Bank geschuldet hat.

Revision eingelegt

Das FG Niedersachsen hat jedoch die Revision im Hinblick auf die Frage zugelassen, ob es gerechtfertigt ist, den Sachverhalt anders zu behandeln als bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb. Hier hatte der Bundesfinanzhof (BFH) in einem Beschluss aus dem Jahr 2017 Folgendes ausgeführt: Wird ein fremdfinanziertes Grundstück des Sonderbetriebsvermögens unter Zurückbehaltung der Darlehensverbindlichkeit unentgeltlich in das Gesamthandsvermögen einer anderen Mitunternehmerschaft zum Buchwert übertragen, ist die Darlehensverbindlichkeit bei der anderen Mitunternehmerschaft als negatives Sonderbetriebsvermögen in voller Höhe zu erfassen. Die aufgewendeten Darlehenszinsen sind in voller Höhe als Sonderbetriebsaufwand abzugsfähig.

Beachten Sie | Da die Revision eingelegt wurde, hat der BFH nun Gelegenheit, für Klarheit zu sorgen.

Quelle | FG Niedersachsen, Urteil vom 13.12.2023, 3 K 162/23, Abruf-Nr. 243107 unter www.iww.de; Rev. BFH, IX R 2/24; FG Niedersachsen, Urteil vom 13.12.2023, 3 K 163/23; Rev. BFH, IX R 3/24; BFH, Beschluss vom 27.4.2017, IV B 53/16

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Energetische Gebäudesanierung: Steuerermäßigung erst bei vollständiger Bezahlung

| Zum 1.1.2020 wurde mit § 35c Einkommensteuergesetz (EStG) eine Steuerermäßigung für energetische Maßnahmen bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden eingeführt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich nun erstmals mit dieser Vorschrift befasst und dabei Folgendes zu einer Ratenzahlung entschieden: Die Steuerermäßigung kann erst gewährt werden, wenn die Montage vorgenommen und der Rechnungsbetrag vollständig auf das Konto des Installationsunternehmens bezahlt wurde. |

Hintergrund: Die Steuerermäßigung setzt u. a. voraus, dass das Objekt bei der Durchführung der Maßnahme älter als zehn Jahre ist (maßgebend ist der Herstellungsbeginn).

Begünstigte Aufwendungen bzw. Maßnahmen sind u. a.:

  • Wärmedämmung von Wänden, Dachflächen und Geschossdecken,
  • Erneuerung der Fenster, Außentüren oder der Heizungsanlage.

Je begünstigtem Objekt beträgt der Höchstbetrag der Steuerermäßigung 40.000 Euro, wobei die Ermäßigung nach Maßgabe des § 35c Abs. 1 EStG über drei Jahre verteilt wird.

Das war geschehen

Im Jahr 2021 hatte ein Ehepaar die Heizung des selbst bewohnten Einfamilienhauses durch den Einbau eines neuen Gasbrennwertheizkessels modernisiert. Die Kosten für die Lieferung und die Montage des Kessels betrugen rund 8.000 Euro. In der Rechnung waren auch Kosten für Monteurstunden und Fachhelferstunden enthalten.

Seit März 2021 zahlte das Ehepaar gleichbleibende monatliche Raten in Höhe von 200 Euro auf den Rechnungsbetrag. Infolgedessen wurden im Streitjahr 2021 insgesamt 2.000 Euro bezahlt. Die im Zuge der Einkommensteuererklärung beantragte Steuerermäßigung nach § 35c EStG lehnte das Finanzamt jedoch ab, da diese erst mit Begleichung der letzten Rate im Jahr 2024 in Betracht komme.

Dieser Ansicht schlossen sich das Finanzgericht (FG) München und der BFH an.

Nach dem Einkommensteuergesetz (§ 35c Abs. 4 Nr. 1 EstG) muss der Steuerpflichtige eine Rechnung in deutscher Sprache mit bestimmten inhaltlichen Angaben erhalten haben. Zusätzlich verlangt § 35c Abs. 4 Nr. 2 EStG ausdrücklich, dass die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist.

Bevor die Rechnung nicht vollständig beglichen worden ist, liegt der von § 35c Abs. 1 EStG geforderte Abschluss der Maßnahme noch nicht vor. Demzufolge kann für die geleisteten Teilzahlungen im Jahr 2021 keine Steuerermäßigung gewährt werden.

Der BFH weist abschließend darauf hin, dass im Streitjahr 2021 eine Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 3 EStG für Handwerkerleistungen in Betracht kommt (20 % der Aufwendungen, höchstens jedoch 1.200 Euro). Nach dieser Vorschrift werden allerdings nur die Arbeitskosten und nicht auch die Materialkosten begünstigt.

Beachten Sie | Nimmt der Steuerpflichtige die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen in Anspruch, dann ist eine (zusätzliche) Förderung auf der Grundlage des § 35c EStG allerdings ausgeschlossen.

Quelle | BFH, Urteil vom 13.8.2024, IX R 31/23, Abruf-Nr. 244201 unter www.iww.de, PM 39/24 vom 10.10.2024

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Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht

Umsatzsteuerzahler: Neues ELSTER-Tool für das Auslesen von E-Rechnungen

| Die Finanzverwaltung hat ein kostenloses ELSTER-Tool zur Visualisierung von elektronischen Rechnungen (kurz: E-Rechnungen) zur Verfügung gestellt. Unter www.e-rechnung. elster.de können Unternehmer ihre E-Rechnung hochladen und visualisieren. Eine Anmeldung ist dafür nicht erforderlich. |

Folgende Punkte sind zu beachten:

  • Es können nur Dateien im XML-Format visualisiert werden.
  • Eine Datei darf maximal 10,00 MB groß sein.
  • Es kann nur eine Datei auf einmal hochgeladen werden.

Gesetzliche Neuregelung

Nach der Neufassung des § 14 Umsatzsteuergesetz (UStG) ist eine E-Rechnung eine Rechnung, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und eine elektronische Verarbeitung ermöglicht.

Beachten Sie | Für die Ausstellung von E-Rechnungen sind Übergangsregeln nutzbar: Der allgemeine Übergangszeitraum beträgt zwei Jahre (Pflicht somit ab 2027). Drei Jahre gelten für Unternehmer mit einem Gesamtumsatz von bis zu 800.000 Euro im Jahr 2026.

E-Rechnungsempfang muss ab sofort gewährleistet sein

Hinsichtlich des Empfangs einer E-Rechnung gilt keine Übergangsregelung, er ist somit vom 1.1.2025 an durch den Rechnungsempfänger zu gewährleisten. Für den Empfang reicht die Bereitstellung eines E-Mail-Postfachs aus.

Quelle | Bayerisches Staatsministerium der Finanzen und für Heimat, PM Nr. 389 vom 18.12.2024

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Kapitalgesellschaften: Als Entwurf gekennzeichneter Jahresabschluss: Offenlegungspflicht nicht erfüllt

| Die Einreichung eines irrtümlich als „vor Feststellung“ bezeichneten Jahresabschlusses genügt der Offenlegungspflicht nicht. So lautet eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Köln. |

Hintergrund: Offenlegungspflichtige Gesellschaften (insbesondere AG, GmbH und GmbH & Co. KG) müssen ihre Jahresabschlüsse der das Unternehmensregister führenden Stelle elektronisch zur Einstellung in das Unternehmensregister übermitteln. Die Unterlagen sind spätestens ein Jahr nach dem Abschlussstichtag des Geschäftsjahrs zu übermitteln, auf das sie sich beziehen.

Beachten Sie | Die Offenlegungsfrist für den Jahresabschluss für 2023 endete bereits am 31.12.2024. Das Bundesamt für Justiz (BfJ) hat aber mitgeteilt, dass es vor dem 1.4.2025 kein Ordnungsgeldverfahren einleiten wird.

Rechnungslegungsunterlagen sind erst mit einem Geschäftsjahresbeginn nach dem 31.12.2021 zur Einstellung in das Unternehmensregister zu übermitteln. Vorherige Geschäftsjahre sind weiterhin im Bundesanzeiger einzureichen und dort offenzulegen. Weitere Informationen erhalten Sie unter www.publikations-plattform.de.

Ordnungsgeld von 2.500 Euro droht

Kommt das Unternehmen der Pflicht zur Offenlegung nicht rechtzeitig oder nicht vollständig nach, leitet das BfJ ein Ordnungsgeldverfahren ein. Das Unternehmen wird aufgefordert, innerhalb einer sechswöchigen Nachfrist den gesetzlichen Offenlegungspflichten nachzukommen. Gleichzeitig droht das BfJ ein Ordnungsgeld an (regelmäßig in Höhe von 2.500 Euro). Entspricht das Unternehmen der Aufforderung nicht, wird das Ordnungsgeld festgesetzt.

Ordnungsgeld wird schrittweise erhöht

Ordnungsgeldandrohungen und -festsetzungen können so lange wiederholt werden, bis die Veröffentlichung erfolgt ist. Die Ordnungsgelder werden dabei schrittweise erhöht.

Mit der Androhung werden den Beteiligten die Verfahrenskosten auferlegt. Diese entfallen nicht dadurch, dass der Offenlegungspflicht innerhalb der gesetzten Nachfrist nachgekommen wird.

Beachten Sie | Weitere Informationen zum Ablauf des Ordnungsgeldverfahrens erhalten Sie unter www.iww.de/s11622.

Das war geschehen

Im Streitfall genügte die Einreichung des Jahresabschlusses 2018 der Offenlegungspflicht nicht, da der eingereichte Abschluss ausdrücklich als „vor der Feststellung offengelegt“ bezeichnet und auch so veröffentlicht worden ist.

Beachten Sie | Dass der Jahresabschluss eigentlich festgestellt war und „nur“ irrtümlich „als vor Feststellung offengelegt“ bezeichnet wurde, führt zu keinem anderen Ergebnis. Auch in diesem Fall wurde die Offenlegungspflicht nicht erfüllt.

So argumentierte das Oberlandesgericht

Das OLG Köln führte als Begründung u. a. Folgendes aus: Es ist erforderlich, strenge formelle Anforderungen an die Veröffentlichung zu stellen. Einerseits sind bei der Durchführung des Ordnungsgeldverfahrens keine praktisch kaum erfüllbaren Nachforschungspflichten zu verlangen und andererseits ist den Marktteilnehmern eine verbindliche Information bereitzustellen.

An Letzterem fehlt es aber, wenn ein Jahresabschluss als noch nicht festgestellt bezeichnet wird. Denn bis zu seiner Feststellung hat ein Abschluss nur den Charakter eines Entwurfs.

Quelle | OLG Köln, Beschluss vom 9.4.2024, 28 Wx 2/24

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Arbeitgeber: Berufliche Auslandsreisen: Neue Pauschalen seit dem 1.1.2025

| Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat die Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen und Übernachtungskosten für beruflich und betrieblich veranlasste Auslandsdienstreisen ab 1.1.2025 veröffentlicht. |

Darüber hinaus enthält das BMF-Schreiben u. a. Informationen zur Ermittlung der Verpflegungspauschalen bei mehrtägigen Reisen in verschiedenen Staaten und die Berücksichtigung von arbeitgebergestellten Mahlzeiten.

Quelle | BMF-Schreiben vom 2.12.2024, IV C 5 – S 2353/19/10010 :006, Abruf-Nr. 245476 unter www.iww.de

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Kreditrecht: Pflichten bei Immobilienkreditgewährung gegen Provision

| Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden: Wer einen Immobilienkredit nur gegen eine Provision gewährt, muss eindeutig angeben, ob die Provision von der Laufzeit des Kredits abhängig ist oder nicht. Fehlt es an dieser Angabe, ist von der Abhängigkeit von der Laufzeit auszugehen. |

Das kann erhebliche Konsequenzen haben. Die Kreditnehmerin musste für die Gewährung des Kredits eine Provision zahlen. Weit vor dem Ablauf der gewährten Laufzeit zahlte sie den Kredit dann allerdings zurück. Zugleich verlangte sie nun anteilig die Provision zurück zu Recht, wie der EuGH annahm.

Der EuGH: In der fehlenden Belehrung über den Umstand der Unabhängigkeit der Provision von der Laufzeit liegt eine unangemessene Benachteiligung jedenfalls eines Verbrauchers.

Quelle | EuGH, Urteil vom 17.10.2024, C-76/22, Abruf-Nr. 244902 unter www.iww.de

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Unterlassungsklage: Werbung für Lebensmittel mit dem Zusatz „Anti-Kater“ untersagt

| Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat die Werbung für Mineralstofftabletten auf der Plattform Amazon mit dem Zusatz „Anti-Kater“ untersagt. Es ist das erste nach dem Unterlassungsklagegesetz (UKlG) erstinstanzlich am OLG geführte Verfahren. |

Das war geschehen

Die Beklagte ist für die auf der Plattform „Amazon“ mit der Angabe „Verkauf und Versand durch Amazon“ angebotenen Produkte verantwortlich. Der Kläger wendet sich gegen die dortige Bewerbung und den Vertrieb des Produktes „Dextro Energy Zero Calories (…) Tabletten – Anti-Kater“.

Das OLG hat ein Versäumnisurteil gegen die Beklagte erlassen und der Beklagten untersagt, für Lebensmittel mit der Angabe „Anti-Kater“ zu werben oder werben zu lassen.

Verstoß gegen die Lebensmittel-Informationsverordnung

Die Werbung mit der Angabe „Anti-Kater“ verstoße gegen die europäische Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV), führte das OLG aus. Demnach sei es verboten, einem Lebensmittel Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit zuzuschreiben. Die hier streitigen Mineralstoffe seien Lebensmittel, da sie vom Menschen aufgenommen würden. Die mit übermäßigem Alkoholkonsum verbundenen Symptome Alkoholkater seien auch als Krankheit einzustufen. Mit der weiten Auslegung des Verordnungsbegriffs soll der Gefahr begegnet werden, dass Lebensmittel als Arzneimittelersatz angesehen und ohne zureichende Aufklärung eingesetzt würden. „Aussagen und Angaben, wonach ein Lebensmittel geeignet ist, diesen Symptomen vorzubeugen oder diese zu lindern, sind daher unzulässig“, begründet der Senat weiter.

Quelle | OLG Frankfurt am Main, Versäumnisurteil vom 14.11.2024, 6 Ukl 1/24, PM 63/24

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Abschließende Hinweise

Berechnung der Verzugszinsen

| Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten. |

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Januar 2025 bis zum 30. Juni 2025 beträgt 2,27 Prozent. Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

  • für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 7,27 Prozent
  • für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 11,27 Prozent*

* für Schuldverhältnisse, die vor dem 29.7.2014 entstanden sind: 10,27 Prozent.

Nachfolgend ein Überblick zur Berechnung von Verzugszinsen (Basiszinssätze).

Übersicht / Basiszinssätze

Zeitraum

Zinssatz

01.07.2024 bis 31.12.2024

3,37 Prozent

01.01.2024 bis 30.06.2024

3,62 Prozent

01.07.2023 bis 31.12.2023

3,12 Prozent

01.01.2023 bis 30.06.2023

1,62 Prozent

01.07.2022 bis 31.12.2022

-0,88 Prozent

01.01.2022 bis 30.06.2022

-0,88 Prozent

01.07.2021 bis 31.12.2021

-0,88 Prozent

01.01.2021 bis 30.06.2021

-0,88 Prozent

01.07.2020 bis 31.12.2020

-0,88 Prozent

01.01.2020 bis 30.06.2020

-0,88 Prozent

01.07.2019 bis 31.12.2019

-0,88 Prozent

01.01.2019 bis 30.06.2019

-0,88 Prozent

01.07.2018 bis 31.12.2018

-0,88 Prozent

01.01.2018 bis 30.06.2018

-0,88 Prozent

01.07.2017 bis 31.12.2017

-0,88 Prozent

01.01.2017 bis 30.06.2017

-0,88 Prozent

01.07.2016 bis 31.12.2016

-0,88 Prozent

01.01.2016 bis 30.06.2016

-0,83 Prozent

01.07.2015 bis 31.12.2015

-0,83 Prozent

01.01.2015 bis 30.06.2015

-0,83 Prozent

01.07.2014 bis 31.12.2014

-0,73 Prozent

01.01.2014 bis 30.06.2014

-0,63 Prozent

01.07.2013 bis 31.12.2013

-0,38 Prozent

01.01.2013 bis 30.06.2013

-0,13 Prozent

01.07.2012 bis 31.12.2012

0,12 Prozent

01.01.2012 bis 30.06.2012

0,12 Prozent

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Steuern und Beiträge Sozialversicherung: Fälligkeitstermine in 02/2025

| Im Monat Februar 2025 sollten Sie insbesondere folgende Fälligkeitstermine beachten: |

Steuertermine (Fälligkeit):

  • Umsatzsteuerzahler (Monatszahler): 10.02.2025
  • Lohnsteuerzahler (Monatszahler): 10.02.2025
  • Gewerbesteuerzahler: 17.02.2025
  • Grundsteuerzahler: 17.02.2025

Bei einer Scheckzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstermin vorliegen.

Beachten Sie | Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung endet am 13.02.2025 für die Umsatz- und Lohnsteuerzahlung und am 20.02.2025 für die Gewerbe- und Grundsteuerzahlung. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Zahlung per Scheck gilt.

Beiträge Sozialversicherung (Fälligkeit):

Sozialversicherungsbeiträge sind spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des laufenden Monats fällig, für den Beitragsmonat Februar 2025 am 26.02.2025.

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