Ausgabe 08/2025

Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 08/2025:

Arbeitsrecht

Baurecht

Familien- und Erbrecht

Mietrecht und WEG

Verbraucherrecht

Verkehrsrecht

Steuerrecht

Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht

Abschließende Hinweise

Zum Anfang



Arbeitsrecht

Thromboserisiko: Bewerber für die Bundespolizei darf nicht wegen Gendefekts vom Bewerbungsverfahren ausgeschlossen werden

| Ein Bewerber um die Einstellung in den mittleren Polizeivollzugdienst kann verlangen, nicht wegen eines genetisch bedingten erhöhten Thromboserisikos vom Bewerbungsverfahren der Bundespolizei ausgeschlossen zu werden. Bei der beim Kläger diagnostizierten sog. Faktor-V-Leiden-Mutation handelt es sich um einen angeborenen Gendefekt, bei dem es zu Störungen der Blutgerinnung kommt und der mit einem erhöhten Thromboserisiko einhergeht. Die Entscheidung der Bundespolizeiakademie, die Bewerbung des Klägers um die Einstellung in den mittleren Polizeivollzugsdienst im Jahr 2023 aufgrund fehlender gesundheitlicher Eignung nicht zu berücksichtigen, hatte vor dem Verwaltungsgericht (VG) Aachen keinen Bestand. Über die Bewerbung des Klägers muss unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden werden. |

Geringe Risiken

Zur Begründung hat das VG ausgeführt, dass es bereits in erheblichem Maße zweifelhaft ist, ob hinreichende sachliche Gründe für den Ausschluss von Beamten mit einem solchen Gendefekt bestehen. Denn das durch eine solche Mutation bedingte Thromboserisiko ist verhältnismäßig gering. In der beim Kläger vorliegenden Form ist es zwar gegenüber gesunden Menschen erhöht, entspricht jedoch ungefähr dem Thromboserisiko durch die Einnahme der Antibabypille bei Frauen und damit einem Risiko, das der Dienstherr als hinnehmbar ansieht.

Ergebnisse der genetischen Untersuchung durften nicht mitgeteilt werden

Unabhängig davon durfte der Gendefekt nicht zulasten des Klägers im Einstellungsverfahren berücksichtigt werden, weil er aufgrund einer genetischen Untersuchung diagnostiziert wurde. Die Mitteilung des diesbezüglichen Ergebnisses durfte die Bundespolizei aus Rechtsgründen nicht verlangen.

Quelle | VG Aachen, Urteil vom 10.3.2025, 1 K 1304/23, PM vom 10.3.2025

Zum Anfang


Beschäftigungsende: Freistellung während der Kündigungsfrist – böswilliges Unterlassen anderweitigen Verdienstes?

| Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordentlich und stellt den Arbeitnehmer trotz dessen Beschäftigungsanspruchs von der Arbeit frei, unterlässt der Arbeitnehmer in der Regel nicht böswillig in Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs (hier: § 615 S. 2 BGB) anderweitigen Verdienst, wenn er nicht schon vor Ablauf der Kündigungsfrist ein anderweitiges Beschäftigungsverhältnis eingeht. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden. |

Das war geschehen

Der Kläger war seit November 2019 bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt als Senior Consultant gegen eine monatliche Vergütung von 6.440 Euro brutto. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 29.3.2023 ordentlich zum 30.6.2023 und stellte den Kläger unter Einbringung von Resturlaub unwiderruflich von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung frei. Der vom Kläger erhobenen Kündigungsschutzklage gab das Arbeitsgericht (ArbG) am 29.6.2023 statt, die von der Beklagten dagegen eingelegte Berufung hat das Landesarbeitsgericht (LAG) am 11.6.2024 zurückgewiesen.

Arbeitgeber schlug Stellenangebote vor

Nach Zugang der Kündigung meldete sich der Kläger Anfang April 2023 arbeitssuchend und erhielt von der Agentur für Arbeit erstmals Anfang Juli Vermittlungsvorschläge. Die Beklagte übersandte ihm hingegen schon im Mai und Juni 2023 insgesamt 43 von Jobportalen oder Unternehmen online gestellte Stellenangebote, die nach ihrer Einschätzung für den Kläger in Betracht gekommen wären.

Arbeitnehmer bewarb sich aber erst zum Beschäftigungsende

Auf sieben davon bewarb sich der Kläger, allerdings erst ab Ende Juni 2023. Nachdem die Beklagte dem Kläger für Juni 2023 keine Vergütung mehr zahlte, hat er diese mit einer Klage geltend gemacht. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und eingewendet, der Kläger sei verpflichtet gewesen, sich während der Freistellung zeitnah auf die ihm überlassenen Stellenangebote zu bewerben. Weil er dies unterlassen habe, müsse er sich für Juni 2023 fiktiven anderweitigen Verdienst in Höhe des bei der Beklagten bezogenen Gehalts anrechnen lassen.

Arbeitgeber war durch einseitige Freistellung im Annahmeverzug

Das Arbeitsgericht (ArbG) hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht (LAG) ihr stattgegeben. Die dagegen erhobene Revision der Beklagten blieb vor dem BAG ohne Erfolg. Die Beklagte befand sich aufgrund der von ihr einseitig erklärten Freistellung des Klägers während der Kündigungsfrist im Annahmeverzug und schuldet dem Kläger (nach § 615 S. 1 BGB iVm. § 611a Abs. 2 BGB) die vereinbarte Vergütung für die gesamte Dauer der Kündigungsfrist. Nicht erzielten anderweitigen Verdienst muss sich der Kläger nicht (nach § 615 S. 2 BGB) anrechnen lassen. Der durch eine fiktive Anrechnung nicht erworbenen Verdienstes beim Arbeitnehmer eintretende Nachteil ist nur gerechtfertigt, wenn dieser wider Treu und Glauben (nach § 242 BGB) untätig geblieben ist. Weil § 615 S. 2 BGB eine Billigkeitsregelung enthält, kann der Umfang der Obliegenheit des Arbeitnehmers zu anderweitigem Erwerb nicht losgelöst von den Pflichten des Arbeitgebers beurteilt werden.

Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass ihr die Erfüllung des aus dem Arbeitsverhältnis resultierenden, auch während der Kündigungsfrist bestehenden Beschäftigungsanspruchs des Klägers unzumutbar gewesen wäre. Ausgehend hiervon bestand für ihn keine Verpflichtung, schon vor Ablauf der Kündigungsfrist zur finanziellen Entlastung der Beklagten ein anderweitiges Beschäftigungsverhältnis einzugehen und daraus Verdienst zu erzielen.

Quelle | BAG, Urteil vom 12.0.2025, 5 AZR 127/24, PM 6/2

Zum Anfang


Entgelt: Mehrmonatige Freistellung wegen geleisteter Mehrarbeit: Arbeitgeber muss zahlen

| Stellt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf der Grundlage von über 2.300 geleisteten Mehrarbeitsstunden im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer für mehrere Monate frei, muss er ihm in diesen Monaten das Entgelt nach dem Lohnausfallprinzip zahlen, also das Entgelt, das zu zahlen gewesen wäre, wenn der Arbeitnehmer in diesen Monaten gearbeitet hätte. So entschied es das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln. |

Das LAG: Nichts anderes ergibt sich, wenn die unstreitige Mehrarbeit vor 20 Jahren geleistet worden war, also in einem Zeitraum, für den die Parteien ein viel geringeres Bruttomonatsentgelt vereinbart hatten.

Quelle | LAG Köln, Urteil vom 23.8.2024, 6 Sa 663/23, Abruf-Nr. 245687 unter www.iww.de

Zum Anfang


Kein Dienstunfall: Reparaturversuch an Wanduhr im Dienstzimmer mit Klappmesser

| Die Verwendung eines abstrakt gefährlichen Gegenstands hier eines Klappmessers zu einem nicht bestimmungsgemäßen Gebrauch hier Reparaturversuch an einer Uhr läuft den wohlverstandenen Interessen des Dienstherrn zuwider und steht deshalb der Anerkennung eines Unfallereignisses als Dienstunfall entgegen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden. |

Mit dem Messer versucht, Klemmfeder zu richten

Der mittlerweile pensionierte Kläger war Polizeivollzugsbeamter im saarländischen Landesdienst. Im April 2019 erstattete er bei seiner Dienststelle eine Dienstunfallanzeige. Danach habe er zu Dienstbeginn festgestellt, dass die sonst über der Tür hängende Wanduhr auf der Fensterbank gelegen habe. Es sei ihm aufgefallen, dass die Batterie der Uhr unsachgemäß im Batteriefach gesteckt habe und die Klemmfeder verbogen gewesen sei. Er habe mit seinem Klappmesser die verbogene Feder wieder richten wollen. Hierbei sei das Messer zugeschnappt und er habe sich einen tiefen Schnitt am kleinen Finger der rechten Hand zugezogen.

Antrag auf Anerkennung eines Dienstunfalls

Sein Antrag auf Anerkennung des Unfallereignisses als Dienstunfall ist behördlich und in den beiden gerichtlichen Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat darauf abgestellt, dass es den wohlverstandenen Interessen des Dienstherrn zuwiderlaufe, wenn ein Beamter sich ohne Not einem Verletzungsrisiko durch Hantieren mit einem privaten, abstrakt gefährlichen Gegenstand aussetze, dessen Funktionstauglichkeit der Dienstherr nicht prüfen könne.

Keine dienstliche Aufgabe

Das BVerwG hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung des Unfallereignisses als Dienstunfall. Zwar hat sich der Unfall in einem Dienstgebäude zur Dienstzeit ereignet und ist damit grundsätzlich als „in Ausübung des Dienstes eingetreten“ vom Dienstunfallschutz erfasst. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Reparatur der Uhr nicht zu den dienstlichen Aufgaben des Klägers als Polizeibeamter gehörte. Dienstunfallschutz wird jedoch nicht gewährt, wenn die Tätigkeit vom Dienstherrn verboten ist oder dessen wohlverstandenen Interessen zuwiderläuft. Das ist hier der Fall.

Entgegen den Interessen des Dienstherrn

Dabei kann dahinstehen, ob es sich um ein Einhandmesser im Sinne des Waffengesetzes handelte und das Führen des Messers bereits deshalb verboten war. Jedenfalls lief die Benutzung dieses Messers zum Zweck einer Uhrreparatur den wohlverstandenen Interessen des Dienstherrn zuwider. Das verwendete Messer ist ein abstrakt gefährlicher Gegenstand, der für den Zweck der Reparatur ersichtlich nicht bestimmt und nicht geeignet war.

Quelle | BVerwG, Urteil vom 13.3.2025, 2 C 8.24, PM 16/25

Zum Anfang



Baurecht

Gesamtvergabe: Planung und Bau von Feuerwehrhäusern

| Derzeit wird diskutiert, ob nicht mehr öffentliche Aufträge als Gesamtlos (Planung und Bau) vergeben werden sollen. In diesen Kontext passt eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Rostock. |

Das Land Mecklenburg-Vorpommern möchte die Städte und Gemeinden des Landes beim Bau von Feuerwehrhäusern für Freiwillige Feuerwehren unterstützen. Es sollen hierfür Totalunternehmerleistungen für die Planung und den Bau von Feuerwehrhäusern für Freiwillige Feuerwehren im Land Mecklenburg-Vorpommern vergeben werden.

Ein Planungsbüro klagte und gewann vor dem OLG. Fachlos- und Gesamtvergabe, so das OLG, stehen in einem Regel-/Ausnahmeverhältnis. Eine Zusammenfassung von Fachlosen setzt voraus, dass die für eine zusammenfassende Vergabe sprechenden technischen und wirtschaftlichen Gründe nach umfassender Abwägung überwiegen. Das ist für das OLG im Feuerwehrhausbau nicht gegeben.

Das OLG gab dem Auslober auf, das Vergabeverfahren bei fortbestehender Beschaffungsabsicht in den Stand vor der Auftragsbekanntmachung zurückzuversetzen und unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer neu bekannt zu machen.

Quelle | OLG Rostock, Beschluss vom 10.1.2025, 17 Verg 4/24, Abruf-Nr. 248728 unter www.iww.de

Zum Anfang


Baunutzungsverordnung: Wohnnutzung und Spielhalle

| Bei einer mehr als unerheblichen Wohnnutzung in der näheren Umgebung des Vorhabengrundstücks scheidet die Annahme eines faktischen Kerngebiets aus, also als Gebiet, das vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur dient. Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden. |

Stadt versagte Nutzung eines Gebäudes als Spielhalle

Die Klägerin begehrt einen Bauvorbescheid für die Nutzung eines Geschäftsgebäudes in der Innenstadt der Beklagten als Spielhalle. Die Beklagte lehnte den Antrag ab, der Widerspruch blieb erfolglos.

Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht sahen das anders

Das Verwaltungsgericht (VG) gab der Klage statt. Die Berufung der Beklagten wies das Oberverwaltungsgericht (OVG) zurück. Das Vorhaben sei als Vergnügungsstätte zulässig. Die Eigenart der näheren Umgebung entspreche einem Kerngebiet i. S. d. Baunutzungverordnung (hier: § 7 BauNVO). Die nicht unerhebliche, aber noch untergeordnete Wohnnutzung in der näheren Umgebung des Vorhabengrundstücks stehe dieser Einordnung nicht entgegen, obwohl sie im vorhandenen Umfang nur aufgrund von Festsetzungen in einem Bebauungsplan zulässig wäre.

Bundesverwaltungsgericht rügte mangelnde Tatsachenfeststellung

Das BVerwG hat das Urteil aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen. Die Auffassung des OVG, dass ein faktisches Kerngebiet auch bei einer nicht unerheblichen Wohnnutzung vorliegt, steht mit der Regelungssystematik der Baunutzungsverordnung nicht in Einklang. Die Verweisung in § 34 Abs. 2 Halbs. 1 BauGB auf die §§ 2 ff. BauNVO findet dort eine Grenze, wo die Baunutzungsverordnung eine planerische Entscheidung der Gemeinde vorsieht. Der Verordnungsgeber hat die Entscheidung darüber, ob die sonstige Wohnnutzung in einem Kerngebiet über Ausnahmen hinausgehen darf, der Gemeinde überlassen. Ihr Spielraum darf bei der Einordnung als faktisches Kerngebiet nicht übergangen werden. Mangels hinreichender Tatsachenfeststellungen konnte das BVerwG nicht abschließend entscheiden.

Quelle | BVerwG, Urteil vom 20.5.2025, 4 C 2.24, PM 37/25

Zum Anfang


Gebäudeenergiegesetz: Fenstereinbau: Schadenersatz durch Energieberatungsfirma wegen Falschberatung

| Das Landgericht (LG) Berlin II hat eine Energieberatungsfirma zur Zahlung von Schadenersatz in Höhe von rund 6.000 Euro wegen einer Falschberatung verurteilt. Aufgrund der Falschberatung habe der Kläger ein Verbraucher Fenster und Dachfenster mit zu hohen Wärmedurchgangskoeffizienten einbauen lassen, die daher nicht förderfähig seien. |

Förderleistungen beantragt Bundesamt lehnt ab

Der Kläger hatte die Beklagte mit der Energieberatung für die energetische Sanierung seines Einfamilienhauses beauftragt. In Zusammenarbeit mit der Beklagten beantragte er beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle Förderleistungen gemäß der Richtlinie der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG-Richtlinie) und erhielt einen entsprechenden Zuwendungsbescheid. Anschließend holte er Angebote für die Sanierungsmaßnahmen ein und schickte sie der Beklagten, die diese nicht beanstandete.

Für den Verwendungsnachweis der Fördermittel gab der Kläger in Absprache mit der Beklagten die Wärmedurchgangskoeffizienten an, die mit den verbauten Dämmmaterialien an der Gebäudehülle erreicht werden konnten für das Dach und die Geschossdecke einen Koeffizienten von 0,2, für die Fenster von 1,1 und für die Dachflächenfenster von 1,3. Das Bundesamt teilte dem Kläger daraufhin mit, dass die technischen Mindestanforderungen bei der Sanierung nicht erreicht seien und hob den Förderbescheid teilweise auf. Die BEG-Richtlinie fordert Koeffizienten an Dachgebilden von 0,14 und an Fenstern von 0,95 bzw. 1,0 bei Dachflächenfenstern.

Energieberater muss Förderleistung zahlen

Das Gericht sprach dem Kläger nun Schadenersatz in Höhe der eigentlich zu gewährenden Förderungssumme zu. Die Beklagte habe ihre Pflicht zur fachlich zutreffenden Beratung verletzt. Sie hätte insbesondere die vom Kläger vorgelegten Angebote auf ihre Förderungsfähigkeit prüfen müssen.

Der Verweis der Beklagten, der Kläger hätte sich selbst über die förderungsrelevanten Wärmedurchgangskoeffizienten informieren können, führe ihr Leistungsangebot ad absurdum. Es sei gerade ihre Hauptleistungspflicht, einen Verbraucher und Laien über die Richtlinien und Richtwerte fachlich zu beraten. Darüber hinaus habe die Beklagte den Kläger falsch beraten, weil sie selbst von falschen Werten ausgegangen sei. Rechtsirrig habe sie in E-Mails an den Kläger auf das Gebäudeenergiegesetz (GEG) und nicht auf die Werte der BEG-Richtlinie verwiesen. Die Beratung sei auch deshalb unzureichend und fehlerhaft gewesen.

Quelle | LG Berlin II, Urteil vom 18.2.2025, 30 O 197/23, PM 3/25

Zum Anfang



Familien- und Erbrecht

Umgangsrecht: Mutter ermordet: Kontaktverbot zu seinen Kindern für Femizid-Täter

| Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat ein bestehendes Kontaktverbot zwischen einem wegen Mordes verurteilten Vater und seinen drei Kindern um weitere dreieinhalb Jahre verlängert. Die Entscheidung dient dem Schutz der Kinder und ihrer Traumaverarbeitung. |

Mann hatte Frau getötet: Kontaktverbot verlängert

Eine Frau hatte ihren Mann verlassen, weil er ihr gegenüber gewalttätig war. Als sie sich zur Übergabe eines der Kinder trafen, tötete er sie. Die drei minderjährigen Kinder leben seither in einer Pflegefamilie, während der Mann sich in Untersuchungshaft befindet. Das Amtsgericht (AG) hatte zunächst ein einjähriges Kontaktverbot verhängt, gegen das der Mann Beschwerde einlegte. Das OLG verlängerte nun das Kontaktverbot zu den Kindern um weitere dreieinhalb Jahre.

Umgangsrecht zu Recht eingeschränkt

Zwar steht dem Mann ein Umgangsrecht zu, das auch grundrechtlich verbürgt ist. Nach Art. 31 Abs. 1 der Istanbul-Konvention setzt ein Umgang mit dem gewalttätigen Elternteil aber voraus, dass dieser den Kindern emotionale Sicherheit vermitteln kann.

Dies ist hier nicht der Fall, da der Mann die Gewalt abstreitet oder bagatellisiert. Obwohl er es bereut, die Frau getötet zu haben, zeigt er weder Einsicht in die Folgen der häuslichen Gewalt für die Kinder noch Verständnis für deren Situation. Das Fazit des OLG: Der mehrjährige Umgangsausschluss ist erforderlich, um den Kindern zu ermöglichen, sich zu stabilisieren und das Erlebte zu verarbeiten, ohne sich erneut gerichtlichen Befragungen unterziehen zu müssen.

Quelle | OLG Köln, Beschluss vom 13.3.2025, 10 UF 92/24, Abruf-Nr. 247303 unter www.iww.de

Zum Anfang


Testamentsfälschung: Falsche Angaben im Erbscheinverfahren haben Konsequenzen

| Ein Streit um einen Erbschein hat kürzlich das Oberlandesgericht (OLG) Celle beschäftigt. Eine Erbin hatte falsche Angaben gemacht mit unangenehmen Folgen. |

Wahrheitswidrige Angaben zum Testament

Eine Frau hatte nach dem Tod ihrer Mutter einen Erbschein beantragt, um als Alleinerbin ausgewiesen zu werden. Sie berief sich dabei auf ein Testament, machte aber falsche Angaben: Sie versicherte eidesstattlich, dass das Testament von der Verstorbenen eigenhändig verfasst worden sei. In Wirklichkeit hatte jedoch die Tochter das Testament geschrieben und die Mutter nur ihre Unterschrift darunter gesetzt.

Testament muss eigenhändig geschrieben sein

Die falschen Angaben betrafen einen entscheidenden Punkt: Ein Testament muss eigenhändig geschrieben oder von einem Notar beurkundet werden. Eigenhändig heißt, dass der Erblasser es komplett selbst und von Hand niederschreiben muss. Die bloße Unterschrift der Mutter reichte deshalb nicht aus das Testament war unwirksam. Statt des Testaments galt die gesetzliche Erbfolge, das heißt: Die Antragstellerin musste sich das Erbe mit ihren Geschwistern teilen.

Streit um Anwaltskosten

Im Erbscheinverfahren vor dem Amtsgericht (AG) wurden die falschen Angaben aufgeklärt. Der Streit war damit aber nicht erledigt. Denn die Geschwister hatten Anwälte beauftragt, um gegen den unberechtigten Antrag vorzugehen. Zwei Schwestern verlangten die Erstattung der angefallenen Anwaltskosten. Das OLG gab ihnen nun Recht.

Mögliche strafrechtliche Konsequenzen

Für die unterlegene Schwester hat dies nicht nur finanzielle Folgen: Die Akten werden nun der Staatsanwaltschaft übergeben, denn eine falsche eidesstattliche Versicherung ist strafbar. Das OLG sah einen entsprechenden Anfangsverdacht; bis zu einer möglichen Entscheidung im Strafverfahren gilt für die Betroffene die Unschuldsvermutung.

Quelle | OLG Celle, Beschluss vom 9.1.2025, 6 W 156/24, PM vom 20.2.2025

Zum Anfang


Widerrufshandlung: Das zerrissene Testament

| Das Zerreißen eines Testaments durch den Erblasser ist eine Widerrufshandlung. Es wird gesetzlich vermutet, dass dieser Widerrufshandlung eine Widerrufsabsicht zugrunde lag. Die Aufbewahrung des zerrissenen Testaments im Schließfach widerlegt diese Vermutung nicht. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat die Beschwerde des in dem zerrissenen Testament Begünstigten gegen einen auf Basis gesetzlicher Erbfolge erteilten Erbschein zurückgewiesen. |

Testament zerrissen, aber aufbewahrt

Der Erblasser war mit seiner Frau in letzter Ehe kinderlos verheiratet. Nach seinem Versterben beantragte die Frau einen Erbschein aufgrund gesetzlicher Erbfolge. Das Nachlassgericht erteilte den Erbschein, der die Frau neben der Mutter des Erblassers als Erben auswies. Zwei Monate später öffneten die Frau und ein Vertreter der Mutter des Erblassers das Schließfach des Erblassers. Dort befand sich ein handschriftliches Testament, das eine andere Person begünstigte. Es war längs in der Mitte durchgerissen. Das Nachlassgericht hat den Antrag des Begünstigten abgelehnt, den bereits erteilten Erbschein im Hinblick auf das nun aufgefundene, zerrissene Testament einzuziehen.

Widerruf durch schlüssige Handlung

Die hiergegen eingelegte Beschwerde hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Das Nachlassgericht habe die Einziehung des Erbscheins zu Recht abgelehnt, da dieser nicht unrichtig geworden sei. Der Begünstigte sei nicht testamentarischer Erbe geworden. Der Erblasser habe das den Begünstigten als Erben einsetzende Testament durch schlüssige Handlung widerrufen.

Durch das Zerreißen des Testaments in der Mitte habe der Erblasser das Testament vernichtet. Es liege insoweit eine Widerrufshandlung vor. Das Testament sei unzweifelhaft auch „nicht durch äußere Einflüsse „anderweitig“ in zwei Teile geraten“. Dafür spreche, dass das Papier mittig, aber nicht vollständig gerade getrennt worden sei. Die Trennränder seien zudem nicht glatt. Anhaltspunkte für ein ggf. sachverständig aufzuklärendes anderweitiges Trennen des Schriftstücks in zwei Teile lägen nicht vor. Es sei auch davon auszugehen, dass der Erblasser selbst das Testament zerrissen habe, da nur er Zugang zum Bankschließfach gehabt habe. Nach den Angaben der bei Öffnung des Schließfachs Anwesenden bestünden auch keine Anhaltspunkte dafür, dass das Testament beim Öffnen oder Schließen des Schließfachs versehentlich von einer dritten Person zerrissen worden sei.

Gesetzliche Vermutung nicht widerlegt

Es werde gesetzlich vermutet, dass diese Widerrufshandlung mit Widerrufsabsicht erfolgte. Indizien, die diese Vermutung widerlegen würden, seien nicht erkennbar. Warum der Erblasser das zerstörte Testament im Schließfach aufbewahrte, sei zwar nicht nachvollziehbar. Dies allein genüge aber nicht zur Widerlegung der gesetzlichen Vermutung. Der Erblasser habe ausweislich der dokumentierten 31 Öffnungen des Schließfachs dieses offensichtlich nicht ausschließlich zur Aufbewahrung eines ungültigen Testaments angemietet.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Quelle | OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 29.4.2025, 21 W 26/25, PM 26/25

Zum Anfang


Namensrecht: „Luft Feli“ ist ein zulässiger Vorname

| Anlässlich der Änderung des Geschlechtseintrags sollte aus „Felix“ „Luft Feli“ werden. Das Amtsgericht (AG) Darmstadt hatte dagegen keine Einwände. |

Das war geschehen

Eine non-binäre Person, die seit mehreren Jahren den Namen „Luft Feli“ geführt hatte, beantragte, ihren bisherigen Geschlechtseintrag zu streichen und ihren neuen Namen einzutragen. Das Standesamt war sich unsicher, wie es entscheiden sollte und gab die Angelegenheit an das AG weiter. Es ging aber davon aus, dass „Luft“ kein gebräuchlicher Vorname sei. „Feli“ sei zwar ein anerkannter Name, allerdings nur als Abkürzung des weiblichen „Felizitas“. Eine Geschlechtsneutralität sei wohl nicht gegeben.

Das AG war in dieser Frage „entspannter“: Der Namenswahl sei nur eine Grenze zu setzen, wenn sie das Wohl der eintragenden Person beeinträchtigen würde. Weder die Gebräuchlichkeit noch die Geschlechtsbezogenheit seien mehr absolute Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Vornamens. „Luft Feli“ sei im Fall einer non-binären Person zulässig. Das AG wies das Standesamt an, „Luft Feli“ gewähren zu lassen.

Das ist entscheidend für die Namenswahl

Das AG betonte: Weder die Gebräuchlichkeit des Namens noch die Geschlechtsbezogenheit sei entscheidend für die Namenswahl. Die Frage sei nur, ob der gewählte Name „Befremden oder Anstoß“ erregen und die Namensträgerin oder den Namensträger dadurch lächerlich machen würde. Das würde die Entfaltung der Persönlichkeit derart beeinträchtigen, dass der Name zu versagen wäre. In allen sonstigen Fällen dürften Eltern Namen nicht nur erteilen, sondern sogar erfinden.

Name mache Träger nicht lächerlich

Das AG hielt es für „zumindest fraglich“, dass sich „Luft Feli“ bei der heutigen Namensvielfalt lächerlich machen würde. Als Beispiel zog es den Vornamen der Schauspielerin Wolke Hegenbarth heran. Dieser sei inzwischen anerkannt und allein in den Jahren 2010 bis 2014 etwa einhundert Mal vergeben worden. Hinzu komme, dass nicht die Eltern den Namen vergeben wollten, sondern der Namensträger selbst.

Quelle | AG Darmstadt, Beschluss vom 3.4.2025, 50 III 8/25

Zum Anfang



Mietrecht und WEG

Vermieterwechsel: Zustimmung zur Hundehaltung nicht „für die Ewigkeit“

| Das Amtsgericht (AG) Berlin-Charlottenburg hat entschieden: Hatte der frühere Vermieter die Hundehaltung erlaubt, kann der in das Mietverhältnis eingetretene Vermieter diese Gestattung nur aus wichtigem Grund widerrufen. Dies gilt, auch wenn es sich um einen Kampfhund handeln sollte. Dass sich Mitmieter aufgrund der Größe und Kraft eines solchen Hundes subjektiv bedroht fühlen, reicht für den Widerruf nicht aus. |

Vorheriger Vermieter hatte Hundehaltung gestattet, neuer Vermieter widerrief Erlaubnis

Die Parteien eines Mietvertrags über ein möbliertes Apartment stritten um die Räumung und Herausgabe einer Wohnung. Der Kläger, der aktuelle Vermieter, war nachträglich in das Mietverhältnis eingetreten. Der beklagte Mieter hält einen Hund, was ihm ausdrücklich vom früheren Vermieter erlaubt worden war.

Der Kläger hat die Erlaubnis zur Hundehaltung im Juni 2023 widerrufen und die Haltung eines Kampfhundes untersagt. Der Beklagte sollte seinen Hund bis Ende Juni 2023 entfernen. Noch im Juni mahnte der Kläger den Beklagten wegen nicht gestatteter Tierhaltung ab. Anfang August 2023 kündigte der Kläger das Mietverhältnis ordentlich zum 30.11.2023 und begründete dies mit der weiteren Haltung eines Kampfhundes sowie des Einsetzens des Hundes als Druck- und Nötigungsmittel.

Klage auf Räumung und Herausgabe der Wohnung

Der Kläger behauptete, bei dem vom Beklagten gehaltenen Tier würde es sich um einen Kampfhund handeln. Der Beklagte würde dieses Tier gegenüber Nachbarn im Objekt als Druck- und Nötigungsmittel einsetzen, um Vorrang auf Wegen oder im Treppenhaus zu erzwingen. Mehr als ein anderer Bewohner im Objekt habe Angst vor dem Hund, die wollten aber nicht namentlich genannt werden. Er verklagte den Mieter auf Räumung und Herausgabe der Wohnung.

Der Mieter behauptete hingegen, es handele sich nicht um einen „Listenhund“, sondern um eine Mischung aus Old-English-Bulldog und Weimeraner. Er reichte dazu zwei Fotos sowie eine tierärztliche Bescheinigung und weitere Unterlagen ein.

So entschied das Amtsgericht

Der Vermieter kann das Mietverhältnis nur aus berechtigtem Interesse kündigen. Das ist z. B. der Fall, wenn der Mieter vertragliche Pflichten erheblich verletzt, indem er z. B. ein Tier trotz Abmahnung weiter hält.

Im Fall des AG war es aber anders: Der ursprüngliche Vermieter hatte die Hundehaltung erlaubt. Der große und kräftige Hund, war ohne Maulkorb stets an der Leine geführt worden. Beißvorfälle oder -versuche oder Bedrohungen von Nachbarn mit dem Hund konnten nicht bewiesen werden. Ein subjektives Bedrohtfühlen genügt nicht, um die Erlaubnis zu widerrufen.

Quelle | AG Charlottenburg, Urteil vom 30.5.2024, 218 C 243/23

Zum Anfang


Wohnungseigentümergemeinschaft: Blumenkästen an der Balkonaußenseite

| Das Amtsgericht (AG) München hat jetzt klargestellt: Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann beschließen, dass Blumenkästen auf der Innenseite des Balkongeländers anzubringen sind. |

Blumenkästen tropften auf Balkon des Nachbarn

Die Klägerin ist Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Sie hatte ihre Blumenkästen seit jeher an der Außenseite ihres Balkons angebracht. Die Bewohnerin der Wohnung unterhalb der Klägerin ließ ihren Balkon nachträglich verglasen und eine Wärmedämmung anbringen. Dies führte dazu, dass bei heftigen Regengüssen überlaufendes Wasser aus den Blumenkästen der Klägerin nicht, wie zuvor, in das Erdreich, sondern auf den Sims des umgebauten Balkons der Bewohnerin unterhalb tropfte.

Das beschloss die Gemeinschaft

In der Eigentümerversammlung 2024 wurde folgender Beschluss gefasst: „Die Eigentümer […] beschließen, dass sämtliche Balkonkästen nach innen gehängt werden müssen […]. Etwaige Schäden bzw. Folgeschäden sowie die Entfernung von Verschmutzungen am Gemeinschaftseigentum, durch das Nicht-Einhalten dieser Regelung, trägt der verursachende Eigentümer auf seine Kosten.“

Die Klägerin klagte vor dem AG gegen den Beschluss. Das Gericht erklärte die Regelung zur verschuldensunabhängigen Haftung für Schäden durch die Nichteinhaltung des Beschlusses für nichtig, wies die Klage jedoch im Übrigen ab.

So sah es das Amtsgericht

Das AG: Der Beschlussteil, wonach etwaige Schäden bzw. Folgeschäden sowie die Entfernung von Verschmutzungen am Gemeinschaftseigentum durch das Nicht-Einhalten dieser Regelung der verursachende Eigentümer auf seine Kosten trägt, ist nichtig, weil er vom gesetzlichen Leitbild der Verschuldenshaftung abweicht. Der [weitere] Beschluss verstößt weder gegen das Gesetz noch gegen eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer; er hält sich seinem Inhalt nach auch in den Grenzen ordnungsmäßiger Verwaltung.

Allein die Tatsache, dass das in den 1970er Jahren erbaute Haus von Anfang an nach außen hängend befestigte Halterungen für Blumenkästen vorgesehen hat und alle Wohneinheiten seit 40 Jahren ihre Blumenkästen nach außen hin angebracht haben, gibt keinen Anspruch darauf, dass dies dauerhaft so sein muss. Ob und in welcher Weise das Anbringen von Blumenkästen eingeschränkt werden kann, ist nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Hier gründet der Eigentümerbeschluss darauf, etwaige Verschmutzungen und Schäden am Gemeinschaftseigentum zu verhindern und hält sich deshalb im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung. Dass von den Blumenkästen eine konkrete Gefährdung ausgeht, brauchte dabei nicht nachgewiesen zu werden. Die Rechte der Klägerin und ihre persönlichen Entfaltungsmöglichkeiten werden durch den angegriffenen Beschluss auch nicht über Gebühr eingeschränkt. Vielmehr kann die Bepflanzung des Balkons ihren Sinn und Zweck für die Klägerin und die Allgemeinheit im Wesentlichen auch erreichen, wenn die Blumenkästen auf der Innenseite des Balkons angebracht werden.

Quelle | AG München, Urteil vom 12.11.2024, 1293 C 12154/24 WEG, PM 16/25

Zum Anfang



Verbraucherrecht

Bundesgerichtshof: Nichtigkeit einer Vereinbarung über die Maklerkosten

| Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden: Ein zur Nichtigkeit der entsprechenden Vereinbarung führender Verstoß gegen den im Bürgerlichen Gesetzbuch (hier: § 656d BGB) geregelten Grundsatz der hälftigen Teilung des Maklerlohns liegt vor, wenn ein Makler allein für den Verkäufer einer Immobilie tätig geworden ist und der Käufer zur Zahlung des vollen Honorars an den Makler verpflichtet wird. |

Das war geschehen

Die Kläger erwarben ein mit einer Doppelhaushälfte bebautes Grundstück. Mit der Vermittlung des Verkaufs hatte die Verkäuferin das beklagte Maklerunternehmen beauftragt. Für die Vermittlung der Immobilie entstand zugunsten der Beklagten gegenüber der Verkäuferin ein Maklerlohnanspruch in Höhe von 25.000 Euro. Der im Exposé zunächst vorgesehene Kaufpreis wurde um einen Betrag in dieser Höhe reduziert. Zugleich verpflichteten sich die Kläger gegenüber der Beklagten zur Zahlung eines Honorars in gleicher Höhe, das sie nach notarieller Beurkundung des Kaufvertrags bezahlten. Eine Maklerlohnzahlung durch die Verkäuferin erfolgte nicht. Die Kläger verlangten die Rückzahlung des geleisteten Betrags.

So sieht es der Bundesgerichtshof

Der BGH: § 656d BGB ist nicht nur auf Vereinbarungen der Parteien des Kaufvertrags über eine Wohnung oder ein Einfamilienhaus untereinander anwendbar, sondern erfasst jegliche Art einer vertraglichen Vereinbarung, durch die unmittelbar oder mittelbar ein Anspruch des Maklers auf Zahlung oder Erstattung von Maklerlohn gegenüber der Partei des Kaufvertrags begründet wird, die nicht Partei des Maklervertrags ist. Umfasst sind daher auch alle auf eine Verpflichtung zur Zahlung oder Erstattung des Maklerlohns gerichteten Vereinbarungen des Maklers mit der Partei des Kaufvertrags, die nicht Partei des Maklervertrags ist.

Der Anwendbarkeit des § 656d BGB steht es deshalb auch nicht entgegen, dass die Verkäuferin der Immobilie von der Pflicht, den vereinbarten Maklerlohn zu entrichten, gegenüber der Beklagten nicht entbunden war. Da die Käufer im Innenverhältnis zur Verkäuferin verpflichtet waren, den Maklerlohn in voller Höhe zu bezahlen, blieb die Verkäuferin als die Partei, die den Maklervertrag abgeschlossen hat, nicht zur Zahlung des Maklerlohns mindestens in gleicher Höhe verpflichtet.

Gesamtnichtigkeit der Vereinbarung

Der Verstoß gegen § 656d BGB führt zur Gesamtnichtigkeit einer entsprechenden Vereinbarung. Die Kläger können von der Beklagten die Rückzahlung des Maklerlohns in voller Höhe verlangen.

Quelle | BGH, Urteil vom 6.3.2025, I ZR 138/24, PM 45/25

Zum Anfang


Hausrecht: Hausverbot gegen Anwohnerin eines Supermarkts rechtmäßig

| Eine 77-jährige Frau, die über einer Supermarktfiliale wohnt, tätigte dort ihre Einkäufe bis zu einem Hausverbot Anfang des Jahres 2024 durch die Filialleitung. Sie behauptet, das Hausverbot sei nach einer Beschwerde ihrerseits ohne ersichtlichen Grund erteilt worden. Sie sei gesundheitlich stark eingeschränkt und nicht in der Lage, längere Strecken zurückzulegen und daher auf die Filiale angewiesen. Ohne ein Betreten des Supermarkts sei ihr eine Teilnahme am gesellschaftlichen Leben verwehrt. Das Amtsgericht (AG) München wies ihre Klage ab. |

Wiederholtes Fehlverhalten

Die Filialleitung begründete das Hausverbot mit wiederholtem Fehlverhalten. Die Münchnerin habe Kunden beim Betreten des Markts von ihrer Wohnung aus beschimpft, habe das Geschäft regelmäßig ohne Einkaufsabsicht aufgesucht, Mitarbeiter in Gespräche verwickelt und diese von der Arbeit abgehalten. Sie habe sich zudem immer wieder an der Frischetheke des Markts Ware aufschneiden lassen und diese dann, anstatt zu kaufen, im Laden abgelegt.

Da der Supermarkt sich weigerte, das Hausverbot zurückzunehmen, verklagte sie den Betreiber vor dem AG auf Gewährung des Zutritts zum Supermarkt ohne Erfolg.

Hausrecht deckt Hausverbot

Der Beklagte ist als Betreiber des Supermarkts aufgrund seines Hausrechts grundsätzlich berechtigt, Kunden selbst ohne sachlichen Grund ein Hausverbot zu erteilen. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob tatsächlich ein Fehlverhalten der Klägerin vorlag.

Dem Betreiber einer Einrichtung, die erhebliche Bedeutung für das gesellschaftliche und kulturelle Leben hat, wird eine besondere rechtliche Verantwortung zugewiesen, die es ihm verbietet, bestimmte Personen ohne sachlichen Grund auszuschließen. Entgegen der Auffassung der Klägerin entscheidet die Verweigerung des Zutritts für sie nicht in erheblichem Umfang über die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. Ein Supermarkt dient der Daseinsvorsorge in Form von Einkäufen des täglichen Bedarfs, insbesondere an Lebensmitteln, nicht der sozialen Interaktion oder des kulturellen Austauschs.

Klägerin konnte auf konkurrierenden Supermarkt ausweichen

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass eine Monopolstellung oder sonstige strukturelle Überlegenheit des Beklagten vorliegt, die dazu führt, dass bestimmte Personen nicht ohne sachlichen Grund ausgeschlossen werden könnten. Eine solche Monopolstellung des Markts des Beklagten für die tägliche Daseinsvorsorge ist im konkreten Fall nicht gegeben. Der Beklagte hat unbestritten ausgeführt, dass in fußläufiger Entfernung (ab 500 Metern) weitere Supermärkte vorhanden sind, die somit auch für betagtere Kunden problemlos zu erreichen sind.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle | AG München, Urteil vom 11.10.2024, 142 C 18533/24, PM 12/25

Zum Anfang


Erfolgloser Eilrechtsschutz: Asylbewerberleistungen mittels Bezahlkarte

| Es ist verfassungsrechtlich zulässig, das Existenzminimum auch durch Sach- oder Dienstleistungen zu gewähren. So hat es das Landessozialgericht (LSG) Bayern entschieden. |

Sozialleistungen in Form einer Bezahlkarte

Die 1998 in Afghanistan geborene Antragstellerin reiste im Dezember 2023 in die Bundesrepublik ein. Über ihren Asylantrag ist bislang nicht entschieden. Sie wurde verpflichtet, ihren Wohnsitz in einer Sammelunterkunft zu nehmen und erhielt zunächst Leistungen in Form eines Barbetrags für die persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens. Im Juni 2024 informierte der Antragsgegner die Antragstellerin darüber, dass die Leistungen ab Juli 2024 auf eine Bezahlkarte ausbezahlt würden. Sie könne monatlich 50 Euro abheben und die Bezahlkarte entsprechend der räumlichen Beschränkung ihres Aufenthalts verwenden. Der Bescheid war sofort vollziehbar, der Zeitpunkt der Leistungsgewährung mittels Bezahlkarte wurde anschließend auf den 1.10.2024 korrigiert.

Verletzung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums?

Hiergegen beantragte die Antragstellerin Eilrechtsschutz. Bereits aus dem existenzsichernden Charakter der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts folge, dass die Antragstellerin zur Abwendung wesentlicher Nachteile auf eine sofortige Entscheidung angewiesen sei. Die Verletzung des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums durch die weitreichenden Beschränkungen und die fehlende Selbstbestimmung über einen zu erwartenden mehrjährigen Zeitraum eines Hauptsacheverfahrens seien unzumutbar. Die Gewährung der Grundleistung in Form der Bezahlkarte komme faktisch einer Leistungskürzung gleich. Sie führe in ihrer konkreten Ausgestaltung zu einer Unterdeckung, weil sie für die Antragstellerin essenzielle kostensparende Möglichkeiten der Bedarfsdeckung abschneide, sodass die Bedarfsdeckung insgesamt unzureichend sei.

Sozialgericht lehnte Eilantrag ab

Das Sozialgericht (SG) hat den Eilantrag abgelehnt. Der Antrag sei unbegründet. Gewichtige Gründe, die eine Ausnahme vom gesetzlichen Regelfall des Sofortvollzugs rechtfertigen könnten, seien nicht dargelegt. Die hier aufgeworfene Frage nach der Auszahlungsmodalität begründe keine Eilbedürftigkeit, die eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung rechtfertigen könne. Einen Anspruch auf Auszahlung der Leistungen in bar oder auf Überweisung auf ihr Bankkonto habe die Antragstellerin jedenfalls im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht.

Landessozialgericht bestätigt Sozialgericht

Das LSG hat die Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen. Es sei verfassungsrechtlich zulässig, das Existenzminimum auch durch Sach- oder Dienstleistungen zu gewähren. Das Asylbewerberleistungsgesetz (hier: § 3 Abs. 3 AsylbLG) stelle es in das pflichtgemäße Ermessen des Leistungsträgers, die Entscheidung über die Form der Leistung zu treffen. Es bestehe daher insofern lediglich ein Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung.

Ein Anspruch auf eine konkrete Leistungsform (z.B. Geldleistung statt Bezahlkarte) komme daher nur im Fall einer Ermessensreduzierung „auf Null“ in Betracht. Entsprechende Umstände seien in jedem Einzelfall gesondert zu prüfen. Soweit bestimmte Dienstleistungen oder Waren nicht mit der Bezahlkarte bezahlt werden können, stehe hierfür der monatliche Barbetrag zur freien Verfügung. Auch der Umstand, dass die Bezahlkarte maximal Bargeldabhebungen von 50 Euro monatlich ermögliche, begründe keinen wesentlichen Nachteil, der den Erlass einer einstweiligen Anordnung rechtfertigen könnte. Die aus der Obergrenze möglicher Bargeldabhebungen resultierende Begrenzung des Bargeldeinsatzes sei der gesetzlich geregelten Zulässigkeit einer anderen Erbringung von Leistungen als durch Bargeld immanent.

Aus dem Anspruch auf Gewährleistung des Existenzminimums folge kein Anspruch auf bestmögliche Versorgung. Das Asylbewerberleistungsrecht sei ein Existenzsicherungsrecht auf niedrigstem Leistungsniveau. Es sei nicht erkennbar, dass der Einsatz des Barbetrags zusammen mit der Bezahlkarte nicht genügen würde, um existenzielle Bedarfe zu decken.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Quelle | Bayerisches LSG, Beschluss vom 19.2.2025, L 8 AY 55/24 B ER, PM 1/25

Zum Anfang


Trickbetrug: Gebrauchtwagenkauf: Fahrzeugbrief nicht in jedem Fall für guten Glauben ausreichend

| Legt beim Gebrauchtwagenkauf der Verkäufer den Fahrzeugbrief vor, kann sich der Käufer normalerweise darauf verlassen, dass er es auch tatsächlich mit dem Eigentümer und nicht mit einem Betrüger zu tun hat. Dieses Vertrauen kann aber erschüttert sein, wenn die Umstände des Verkaufs trotzdem Verdacht erregen müssen. Dann muss der Käufer im Betrugsfall das Fahrzeug dem wahren Eigentümer zurückgeben und bleibt auf dem gezahlten Kaufpreis als Schaden sitzen. Das hat das Landgericht (LG) Frankenthal (Pfalz) entschieden. Es hat die Klage eines Autokäufers abgewiesen, der auf einen Betrüger hereingefallen war. |

Autokäufer war auf Betrüger hereingefallen

Der Käufer hatte den PKW von einem Betrüger für mehr als 35.000 Euro erworben. Kurze Zeit nach dem Kauf beschlagnahmte die Polizei das Fahrzeug und gab es dem ursprünglichen Eigentümer zurück. Dieser verkaufte es anschließend für knapp 49.000 Euro weiter.

Den Kaufpreis reklamierte der betrogene Käufer für sich. Er sei trotz des Betrugs Eigentümer des Fahrzeugs geworden. Er sei im Internet auf das Fahrzeug gestoßen und habe sich im Saarland zur Besichtigung verabredet. Auf dem Weg dorthin habe er die Mitteilung erhalten, dass das Kind des Verkäufers einen Treppensturz erlitten habe und in einem Krankenhaus in Frankreich liege. Dorthin sei er nun umgeleitet worden, wo der Kauf auf dem Parkplatz durch Barzahlung auch abgewickelt worden sei. Der Betrüger habe einen vermeintlich echten Fahrzeugbrief und einen belgischen Aufenthaltstitel vorgelegt. Er habe deshalb daran glauben dürfen, dass das Fahrzeug diesem auch gehört habe.

Umstände des Kaufs waren dubios, Zweifel daher angebracht

Dieser Argumentation folgte das LG nicht. Der Käufer habe trotz Vorlage des scheinbar echten Fahrzeugbriefs grob fahrlässig gehandelt und das Fahrzeug daher nicht gutgläubig erworben. Denn die Umstände des Verkaufs hätten beim Käufer Zweifel erregen müssen, dass er den wahren Eigentümer vor sich hatte. So habe dieser einen belgischen Aufenthaltstitel vorgelegt, obwohl sein im Kaufvertrag genannter Wohnsitz Frankenthal gewesen sei und das Fahrzeug mit deutschem Kennzeichen zugelassen war.

Kurzfristige Verlegung der Übergabe ins Ausland

Auffällig sei ferner, dass der Verkäufer ursprünglich als Treffpunkt das vom angegebenen Wohnort abweichende Dillingen/Saar genannt habe. Typisch für unlautere Automobilgeschäfte sei auch das Bargeschäft und die kurzfristige telefonische Verlegung des Verkaufsorts an einen fremden und noch dazu im Ausland befindlichen Ort. Nach alledem könne der Käufer dem Vorwurf der groben Fahrlässigkeit nicht entgehen und habe den Schaden selbst zu tragen, so der Richter.

Quelle | LG Frankenthal (Pfalz), Urteil vom 3.4.2025, 3 O 388/24, PM vom 22.5.2025

Zum Anfang



Verkehrsrecht

Neues Recht: Cannabis und Fahrerlaubnisentziehung

| Die Auswirkungen des Cannabisgenusses auf die Entziehung der Fahrerlaubnis haben sich nach neuem Recht geändert. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Magdeburg in einem Eilverfahren berücksichtigt. |

Vor der Novelle: Kfz unter Cannabis-Einfluss geführt

Gestritten wurde in dem Verfahren um die Rechtmäßigkeit einer Fahrerlaubnisentziehung. Dem Antragsteller war von der Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis entzogen worden. Er war mit einem Joint und Cannabis in Form einer Blüte angetroffen worden.

Gegenüber dem kontrollierenden Beamten hatte er angegeben, dass er regelmäßig Cannabis konsumiere, um seine Psyche zu beruhigen. Er verwende es wie ein Feierabendbier. Deshalb hatte man an seiner Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs gezweifelt und die Fahrerlaubnis entzogen.

Nach der Novelle: Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes gegen den angeordneten Sofortvollzug war beim VG erfolgreich. Mit dem zum 1.4.2024 in Kraft getretenen Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis habe der Gesetzgeber in Bezug auf die Beeinträchtigung der Fahreignung eine Neubewertung vorgenommen. Die Rechtslage habe sich geändert.

Ändere sich die Rechtslage zur Bestimmung der Fahreignung nach Erlass des Widerspruchsbescheids und sei dem Betroffenen unter Beachtung der neuen Rechtslage, anders, als nach der alten Rechtslage, die Fahreignung voraussichtlich nicht abzusprechen, fehlt für eine sofortige Vollziehung der Entziehung der Fahrerlaubnis das besondere materielle Vollzugsinteresse. Das, was beim Antragsteller festgestellt worden sei, reiche aber nicht mehr aus, um ein überwiegendes Interesse am Sofortvollzug der Fahrerlaubnisentziehung zu begründen.

Quelle | VG Magdeburg, Beschluss vom 21.6.2024, 1 B 95/24 MD, Abruf-Nr. 245850 unter www.iww.de

Zum Anfang


Stadtverwaltung: Bewohnerparkausweis gilt auch für im Ausland zugelassene Fahrzeuge

| Das Verwaltungsgericht (VG) Gießen hat die Stadt Marburg dazu verpflichtet, einer Studentin einen Bewohnerparkausweis zu erteilen, die ein in Tschechien zugelassenes Fahrzeug nutzt. |

Kfz in Tschechien zugelassen

Die Klägerin wohnt in einem Bewohnerparkgebiet der Beklagten. Sie nutzt ein Kraftfahrzeug ihres Vaters, der tschechischer Staatsangehöriger ist und das Fahrzeug in Tschechien zugelassen hat. Im Frühjahr 2024 beantragte sie bei der Stadt Marburg, ihr einen Bewohnerparkausweises zu erteilen. Dies lehnte die Stadt mit der Begründung ab, dass sie Bewohnerparkausweise für Fahrzeuge mit ausländischer Zulassung nicht erteilen könne. Im Rahmen des Klageverfahrens argumentierte die Stadt weiter, dass eine ausländische Zulassung gegen eine dauerhafte Nutzung des Fahrzeugs durch die Klägerin spreche, weil ein im Ausland zugelassenes Kraftfahrzeug nur vorübergehend am Verkehr in Deutschland teilnehmen dürfe.

So entschied das Verwaltungsgericht

Das VG bejahte hingegen den Anspruch der Studentin auf einen Bewohnerparkausweis. Bei der Klägerin handele es sich um eine Anwohnerin, die das betroffene Fahrzeug nachweislich dauerhaft nutze.

Gegen eine dauerhafte Nutzung spreche insbesondere nicht, dass Kraftfahrzeuge mit ausländischer Zulassung nur vorübergehend am Straßenverkehr in Deutschland teilnehmen dürfen. Es sei bereits nicht klar, ob das von der Klägerin genutzte Fahrzeug diese Voraussetzungen erfülle. Die Klägerin gab nämlich an, dass sie das Fahrzeug während der Semesterferien nicht in Deutschland nutze. Diese Prüfung obliege der Zulassungsbehörde, die je nach Einzelfall eine Untersagung des Betriebs im öffentlichen Straßenverkehr ohne deutsche Zulassung aussprechen könne.

Die Versagung eines Bewohnerparkausweises für im Ausland zugelassene Fahrzeuge entspreche nicht dem Zweck der Vorschriften. Ein Bewohnerparkgebiet diene dem Anwohnerinteresse, in innerstädtischen Wohnstraßen eine Abstellmöglichkeit für ein (dauerhaft) genutztes Kraftfahrzeug zu finden.

Quelle | VG Gießen, Urteil vom 13.11.2024, 6 K 2830/24.GI, PM vom 19.11.2024

Zum Anfang


Schadenersatz: Sachverständigenhonorar: Geringe Überhöhung von 120 Euro für Laien nicht erkennbar

| Unabhängig von der Frage, ob überhaupt eine zu hohe Rechnung des Schadengutachters vorliegt, ist es jedenfalls für Laien nicht erkennbar, dass 734 Euro überhöht seien sollen, wenn der Versicherer selbst 614,01 Euro für richtig hält. So entschied es das Amtsgericht (AG) Münster. |

Streit um die Höhe der Gutachtenkosten

Es ging um einen Verkehrsunfall, bei dem die Alleinhaftung des Beklagten für das streitgegenständliche Unfallereignis als Kfz-Haftpflichtversicherung zwischen den Parteien nicht in Streit stand. Streitig war allein die Höhe des Schadenersatzanspruchs.

Der Geschädigte soll nicht „zwischen den Stühlen sitzen“

Da Zahlung des Restbetrags an den Schadengutachter Zug um Zug gegen Abtretung des Vorteilsausgleichsanspruch beantragt wurde, hat das AG das sog. Sachverständigenrisiko problemlos angewendet: Es dürfe dem Beklagten zuzumuten sein falls an der Einschätzung festgehalten wird, dass die vom Sachverständigenbüro abgerechneten Positionen teilweise gar nicht oder zumindest nicht in dieser Höhe hätten abgerechnet werden dürfen aus abgetretenem Recht insoweit auf Rückerstattung dieser Positionen gegen das Sachverständigenbüro vorzugehen, so das AG. Der Geschädigte soll nicht „zwischen den Stühlen sitzen“.

Genau das ist der Weg, den der BGH bereits in einer älteren Entscheidung vorgesehen hat.

Quelle | AG Münster, Urteil vom 6.5.2025, 96 C 429/25, Abruf-Nr. 247996 unter www.iww.de

Zum Anfang


Alkoholfahrten: Behörde darf auch das Führen eines Fahrrads untersagen

| Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Saarlouis hat entschieden: Die Fahrerlaubnisbehörde darf im Einzelfall auf Grundlage der Fahrerlaubnis-Verordnung (hier: § 3 FeV) die Untersagung aussprechen, mit erlaubnisfreien Fahrzeugen dazu zählen etwa Fahrräder und E-Scooter am Straßenverkehr teilzunehmen. |

Kläger mehrfach alkoholisiert im Straßenverkehr aufgegriffen

Der Kläger ist in der Vergangenheit mehrfach alkoholisiert im Straßenverkehr aufgefallen. Er ist nicht (mehr) im Besitz einer Fahrerlaubnis. Im Juli 2019 führte er ein erlaubnisfreies Fahrzeug (Mofa) bei einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von 1,83 Promille, über das er wegen seiner Alkoholisierung die Kontrolle verlor. Daraufhin forderte die Fahrerlaubnisbehörde ihn auf, seine Fahreignung medizinisch-psychologisch begutachten zu lassen („MPU“). Dem kam der Kläger nicht nach. Infolgedessen untersagte die Behörde ihm das Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr.

Fahrerlaubnisverordnung zu unbestimmt?

Dagegen hat der Kläger unter Verweis auf die Rechtsprechung anderer Obergerichte u. a. geltend gemacht, die Rechtsgrundlage, auf die sich die Untersagung stütze (§ 3 FeV), sei unwirksam. Sie sei zu unbestimmt bzw. unverhältnismäßig. Es sei anders als für Kraftfahrzeuge nicht klar geregelt, wann einer Person die Eignung fehle, mit einem Fahrrad am Straßenverkehr teilzunehmen. Insbesondere sei es unzulässig, das Führen eines Fahrrads ähnlich strengen Vorgaben zu unterwerfen wie das Führen eines Kraftfahrzeugs.

Oberverwaltungsgericht: Nein!

Das OVG hat demgegenüber ausgeführt, dass sich § 3 FeV jedenfalls für das streitgegenständliche, im Anschluss an eine Trunkenheitsfahrt mit einem erlaubnisfreien Fahrzeug bei einer BAK von 1,83 Promille ausgesprochene Verbot, solche Fahrzeuge zu führen, als hinreichend bestimmte und verhältnismäßige Regelung darstelle. Da der Kläger es unterlassen habe, sich begutachten zu lassen, habe die Fahrerlaubnisbehörde darauf schließen dürfen, dass ihm die Eignung zur Teilnahme am Straßenverkehr mit erlaubnisfreien Fahrzeugen fehle (§ 11 Abs. 8 FeV).

Potenzielle Gefährdung anderer hoch

Die Untersagungsverfügung stelle zwar einen schwerwiegenden Eingriff in die grundrechtlich geschützte Individualmobilität dar. Zudem sei angesichts der geringeren Masse und Höchstgeschwindigkeit erlaubnisfreier Fahrzeuge nicht von der Hand zu weisen, dass solche Fahrzeuge eine geringere Gefahrenquelle darstellten als erlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge. Die Gefahr, die von ungeeigneten Führern erlaubnisfreier Fahrzeuge ausgehe, sei aber erheblich genug, um die dem Kläger gegenüber ergangene Anordnung, sich medizinisch-psychologisch begutachten zu lassen, zu rechtfertigen. Denn andere Verkehrsteilnehmer könnten sich und Dritte erheblich gefährden, wenn sie wegen der unvorhersehbaren Fahrweise eines unter erheblichem Alkoholeinfluss fahrenden Mofa- oder Radfahrers zu riskanten und folgenschweren Ausweichmanövern verleitet würden.

Quelle | OVG Saarlouis, Urteil vom 23.5.2025, 1 A 176/23, PM 6/25

Zum Anfang



Steuerrecht

Abzugsverbot: Kinderbetreuungskosten: Kein Sonderausgabenabzug für Freizeitaktivitäten

| Kinderbetreuungskosten sind als Sonderausgaben abzugsfähig. Bei Aufwendungen für Unterricht, für die Vermittlung besonderer Fähigkeiten sowie für sportliche und andere Freizeitbetätigungen ist ein Sonderausgabenabzug allerdings gesetzlich ausgeschlossen. Mit dem Abzugsverbot hat sich nun der Bundesfinanzhof (BFH) beschäftigt. |

Hintergrund: Kinderbetreuungskosten können nach dem Einkommensteuergesetz (hier: § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG) als Sonderausgaben steuerlich absetzbar sein. Folgende Aspekte sind hier zu beachten:

  • Abzug von 80 % der Betreuungsleistungen, maximal 4.800 Euro pro Jahr.
  • Der Abzug ist zulässig für haushaltszugehörige Kinder unter 14 Jahren (oder aufgrund Behinderung, Eintritt vor dem 25. Lebensjahr, Übergangsregel 27. Lebensjahr).
  • Grundsätzlich erforderlich: Rechnung und Überweisung.
  • Nicht abziehbar: Aufwendungen für Unterricht, die Vermittlung besonderer Fähigkeiten sowie für sportliche und andere Freizeitbetätigungen.

Nicht begünstigte Aufwendungen

Nicht begünstigte Aufwendungen für Unterricht oder die Vermittlung besonderer Fähigkeiten liegen vor, wenn die Dienstleistungen in einem regelmäßig organisatorisch, zeitlich und räumlich verselbstständigten Rahmen stattfinden und die vom Leistungserbringer während der Unterrichts- oder Kurszeit ausgeübte Aufsicht über das Kind und damit die behütende Betreuung gegenüber der Vermittlung der besonderen (sprachlichen, musischen, sportlichen) Fähigkeiten in den Hintergrund rückt.

Betreuungscharakter muss im Vordergrund stehen

Entsprechendes gilt für sportliche und andere Freizeitbetätigungen. Nicht begünstigte Aufwendungen für derartige Aktivitäten liegen daher vor, wenn

  • die Betätigung organisatorisch, zeitlich und räumlich getrennt von einer Kindertagesstätte, einem Schulhort oder einer ähnlichen Einrichtung stattfindet und
  • dabei nicht die altersbedingt erforderliche Betreuung des Kindes, sondern die Aktivität im Vordergrund steht.

Quelle | BFH, Urteil vom 23.1.2025, III R 33/24 (III R 50/17), Abruf-Nr. 248223 unter www.iww.de

Zum Anfang


Bundesfinanzhof: Kindergeldanspruch während des Freiwilligen Wehrdienstes

| Ein Freiwilliger Wehrdienst kann bei einem volljährigen Kind für sich genommen keinen Kindergeldanspruch begründen. Gleichwohl kann während der Zeit des Wehrdienstes ein Anspruch auf Kindergeld bestehen, wenn das Kind einen der gesetzlichen Berücksichtigungstatbestände erfüllt, also z. B. während des Wehrdienstes für einen Beruf ausgebildet wird oder eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann. Dabei ist es unschädlich, wenn das Kind nach Abschluss der Grundausbildung im Rahmen des Freiwilligen Wehrdienstes Dienst in einem Mannschaftsdienstgrad ausübt. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden. |

Das war geschehen

Der Sohn absolvierte nach seinem Abitur einen zehn Monate dauernden Freiwilligen Wehrdienst. Die Familienkasse bewilligte dem Vater für die Übergangszeit zwischen Abitur und Grundausbildung sowie für die Zeit der Grundausbildung Kindergeld. Nach der Grundausbildung verrichtete der Sohn Dienst in einem Mannschaftsdienstgrad, eine weitere Ausbildung bei der Bundeswehr fand nicht statt. Nach dem Ende des Wehrdienstes studierte er an einer zivilen Hochschule. Den Entschluss dazu hatte er während des Wehrdienstes gefasst.

Die Familienkasse versagte für die Zeit nach Beendigung der Grundausbildung bis zum Beginn des Studiums die Festsetzung von Kindergeld. Nach erfolglosem Einspruch erhob der Vater Klage vor dem Finanzgericht (FG) Bremen. Da das FG die Revision zugelassen hatte und diese auch eingelegt wurde, musste nun der BFH entscheiden.

Beachten Sie | Der Freiwillige Wehrdienst gehört anders als ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr nicht zu den im Einkommensteuergesetz (hier: § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG) genannten Berücksichtigungstatbeständen, die schon für sich genommen einen Kindergeldanspruch begründen können.

Bundesfinanzhof: Kindergeldanspruch bestand

Dennoch entschied der BFH, dass auch nach dem Ende der Grundausbildung und trotz einer Erwerbstätigkeit des Kindes als Soldat mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 20 Stunden ein Kindergeldanspruch bestehen kann, wenn das Kind (wie im Streitfall) eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann.

Beachten Sie | Die drei Monate dauernde Grundausbildung war zwar Teil einer Ausbildung zum Offizier oder Unteroffizier. Ihre Beendigung führte jedoch nicht zu einem für den weiteren Kindergeldbezug ggf. schädlichen Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung (i. S. d. § 32 Abs. 4 S. 2 EStG).

Es kam auf den Zeitpunkt des Entschlusses an

Für einen Monat wies der BFH die Revision jedoch zurück, weil sich der Entschluss des Sohnes, sich um einen Studienplatz zu bemühen, erst im Folgemonat objektiviert hatte. Der bloße Vortrag des Kindergeldberechtigten und des Kindes, der Entschluss zu einer Ausbildung oder zu einem Studium sei früher gefasst worden, ist für die Begründung des Anspruchs nicht ausreichend.

Quelle | BFH, Urteil vom 20.2.2025, III R 43/22, Abruf-Nr. 247957 unter www.iww.de; PM 28/2025 vom 2.5.2025

Zum Anfang


Werbungskosten: Berufliche Nutzung eines privaten Fahrzeugs neben einem Dienstwagen

| Das Finanzgericht (FG) Niedersachsen hat entschieden, dass ein Arbeitnehmer, der auf Dienstreisen seinen privaten Pkw einsetzt, die tatsächlichen Kosten für jeden gefahrenen Kilometer auch dann ansetzen kann (im Streitfall: 2,28 Euro/km für einen Sportwagen), wenn er von seinem Arbeitgeber einen Dienstwagen gestellt bekommt, den er grundsätzlich für dienstliche und private Fahrten nutzen kann. |

Der Arbeitnehmer muss in diesem Fall jedoch den Nachweis erbringen, dass er das Privatfahrzeug tatsächlich beruflich eingesetzt hat. Eine Angemessenheitsprüfung dem Grunde nach (hier: berufliche Nutzung eines privaten Fahrzeugs durch einen Arbeitnehmer, dem von seinem Arbeitgeber ein Geschäftsfahrzeug überlassen wurde) findet nicht statt.

Beachten Sie | Das Finanzamt will diese Entscheidung aber nicht akzeptieren und hat Revision eingelegt.

Quelle | FG Niedersachsen, Urteil vom 18.9.2024, 9 K 183/23, Rev. BFH: VI R 30/24

Zum Anfang


Steuerveranlagung: Nordrhein-Westfalen setzt in vier Finanzämtern Künstliche Intelligenz ein

| Ab Mai 2025 setzen vier Pilotfinanzämter (Brühl, Bielefeld-Außenstadt, Hamm und Lübbecke) des Landes Nordrhein-Westfalen erstmals ein KI-Modul zur Unterstützung der Steuerveranlagung ein. Das Ziel: Steuererklärungen sollen effizienter, schneller und treffsicherer bearbeitet werden. |

Das neue KI-Modul ergänzt das bewährte Risikomanagementsystem der Finanzverwaltung. Es erkennt Muster in den Steuerdaten und kann gut nachvollziehbare Fälle mit geringem Prüfbedarf gezielt identifizieren. Diese werden automatisiert verarbeitet und damit schneller abgeschlossen.

Gestartet wird mit Arbeitnehmerfällen (also Steuererklärungen mit Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, Kapitalerträgen, Vorsorgeaufwendungen, Sonderausgaben, haushaltsnahen Dienstleistungen und ähnlichen Bereichen). Die Ausweitung auf weitere Fallkonstellationen ist bereits in Planung.

Nordrhein-Westfalen übernimmt die Vorreiterrolle. Nach erfolgreichem Testlauf ist die landesweite Einführung geplant.

Quelle | FinMin NRW, Mitteilung vom 22.4.2025

Zum Anfang



Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht

„Fake-Werbung“: Prüfpflichten eines Hostproviders

| Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat entschieden: Ein Hostprovider hier Meta muss nach einem Hinweis auf einen rechtsverletzenden Post auf der Social-Media-Plattform Facebook auch ohne weitere Hinweise sinngleiche Inhalte sperren. Sinngleich sind etwa Beiträge mit identischem Text und Bild, aber abweichender Gestaltung (Auflösung, Größe/Zuschnitt, Verwendung von Farbfiltern, Einfassung), bloßer Änderung typografischer Zeichen oder Hinzufügung von Elementen, etwa sog. Captions, die den Aussagegehalt nicht verändern. |

Das war geschehen

Der Kläger ist Arzt und bewarb in der Vergangenheit u.a. die sog. „Hirschhausen Diät“. Der Kläger wies die Beklagte in der Vergangenheit mehrfach auf sog. Fake-Werbe-Videos hin, in denen er vermeintlich u. a. für Abnehmmittel werbe.

Gegenstand dieses Eilverfahrens sind zwei weitere solcher Deep-Fake Videos: Nutzer haben zum einen ein Video unter Verwendung eines Ausschnitts aus der Sendung von Markus Lanz hergestellt, in denen der Name, das Bildnis und die Stimme des Klägers verwendet werden und in dem dieser vermeintlich für ein Mittel zur Gewichtsabnahme wirbt. Dieses Video entfernte die Beklagte zeitnah nach Abmahnung durch den Kläger. In einem nachfolgend erschienenen, nahezu inhaltsgleichen weiteren Deep-Fake Video warb der Kläger ebenfalls vermeintlich für ein Mittel zur Gewichtsabnahme. Dieses Video entfernte die Beklagte ebenfalls erst nach entsprechendem Hinweis durch den Kläger. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassen der Verbreitung dieser beiden Videos in Anspruch. Das Landgericht (LG) hat den Antrag zurückgewiesen.

So sah es das Oberlandesgericht

Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde des Klägers hatte teilweise Erfolg. Hinsichtlich des ersten Videos bestehe kein Unterlassungsanspruch, entschied das OLG. Die Beklagte sei als Hostproviderin grundsätzlich nicht verpflichtet, von den Nutzern ins Netz gestellte Beiträge vor ihrer Veröffentlichung auf etwaige Rechtsverletzungen hin zu prüfen. Ihre Haftung setze die Verletzung von Prüf- und Verhaltenspflichten voraus. Vor der Abmahnung des Klägers betreffend das erste Video sei die Beklagte nicht zur Löschung verpflichtet gewesen. Eine Löschpflicht habe sich insbesondere nicht aus den vorausgegangenen Hinweisen des Klägers auf andere, nicht sinngleiche sog. Fake-Werbungen ergeben. Grundsätzlich lösten derartige Hinweise nur Prüfpflichten hinsichtlich „sinngleicher Inhalte“ aus. Darunter fielen Inhalte, die in Bild und Text identisch, aber bei gleichbleibendem Gesamteindruck etwa abweichend gestaltet seien. Dies könne sich etwa auf die Auflösung, Größe/Zuschnitt, Verwendung von Farbfiltern, Einfassung mit Rahmen oder Zufügung sog. Caption beziehen. Die vorausgegangenen Hinweise des Klägers hätten sich hier jedoch auf in Bild und Text abweichende Inhalte bezogen.

Prüfplicht des Providers bestand

Hinsichtlich des zweiten Videos habe die Beklagte dagegen schon aufgrund der Abmahnung des Klägers hinsichtlich des ersten Videos eine Prüfpflicht getroffen. Es habe keiner weiteren Abmahnung bedurft. Das zweite Video unterscheide sich allenfalls marginal vom ersten. Nach dem Eindruck des OLG wirkten die Videos bei voneinander abweichender Überschrift nahezu identisch. Es lägen damit sinngleiche Inhalte vor. Da die Beklagte das zweite Video nicht bereits ohne weitere Abmahnung gesperrt habe, habe sie gegen ihre Prüfpflichten verstoßen. Im Ergebnis bestehe daher ein Unterlassungsanspruch.

Die im Eilverfahren ergangene Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Quelle | OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 4.3.2025, 16 W 10/25, PM 14/25

Zum Anfang


Gebührenerhöhung: Handelsregister: Gebühren für Eintragungen steigen um 50 Prozent

| Mit Wirkung ab 1.6.2025 wurden die Gebühren für Eintragungen im Handelsregister um 50 Prozent erhöht. Demzufolge werden auch Unternehmensgründungen teurer. |

In der Begründung der Verordnung wird hierzu u. a. ausgeführt: „Die daraus insgesamt resultierenden Gebühreneinnahmen sollen dazu dienen, den Aufwand der Länder für den Betrieb der Registergerichte weitgehend zu decken, damit die Gerichte den Anforderungen an eine moderne, effiziente und sichere Registerführung auch künftig gerecht werden können.“

Quelle | Dritte Verordnung zur Änderung der Handelsregistergebührenverordnung, BGBl I 2025, Nr. 127

Zum Anfang


Betriebsprüfung: Schätzungsbefugnis bei Mängeln in der Kassenführung: Bundesfinanzhof gefragt

| Zahlreiche Betriebsprüfungen zeigen, dass die Kassenführung oft beanstandet wird. Das Problem dabei: Ist die Kassenführung nicht ordnungsmäßig, drohen erhebliche Hinzuschätzungen. So war es auch in einem Fall, der vom Finanzgericht (FG) Schleswig-Holstein zu entscheiden war. |

Im Streitfall hatte bei einem bargeldintensiven Imbiss mit Sitzgelegenheiten eine Betriebsprüfung stattgefunden. Der Betreiberin, die ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung ermittelte, wurden dabei zahlreiche Mängel in der Kassenführung vorgeworfen. Die hiergegen gerichtete Klage vor dem FG blieb erfolglos.

Beachten Sie | Allerdings ist inzwischen die Revision anhängig, in der insbesondere diese interessanten Fragen zu klären sind:

  • Ist bei bestehenden Zweifeln im Hinblick auf den Programmierzustand und das Vorhandensein von Manipulationsspuren an der Registrierkasse vom FG ein Sachverständigengutachten einzuholen?
  • Rechtfertigen fehlende Programmierprotokolle für die verwendete Kasse eine Schätzung dem Grunde nach?
  • Ergibt sich aus einer angeblichen Abweichung von der Richtsatzsammlung eine Schätzungsbefugnis?

Quelle | FG Schleswig-Holstein, Urteil vom 28.8.2023, 3 K 25/22, Rev. BFH, X R 27/24, Abruf-Nr. 248296 unter www.iww.de

Zum Anfang


Bundesfinanzhof: Steuerermäßigung für gewerbliche Einkünfte bei abweichendem Wirtschaftsjahr

| Hat eine Gesellschaft ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr, ist für die Berechnung der Steuerermäßigung gemäß Einkommensteuergesetzes (hier: § 35 EStG) nicht auf das Ende des gewerbesteuerrechtlichen Erhebungszeitraums abzustellen, sondern auf das Ende des jeweiligen Wirtschaftsjahrs. Für die Aufteilung des Steuerermäßigungsbetrags sind der Gewerbesteuer-Messbetrag und die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer auf diejenigen Gesellschafter zu verteilen, die zum Ende des Wirtschaftsjahrs an der Gesellschaft beteiligt waren. So lautet ein Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH). |

Hintergrund: Unter den Voraussetzungen des § 35 EStG wird die Gewerbesteuerbelastung kompensiert, indem die tarifliche Einkommensteuer um das Vierfache des festgesetzten Steuermessbetrags gemindert wird.

Quelle | BFH, Urteil vom 10.4.2025, IV R 21/22

Zum Anfang


Kapitalgesellschaften: Verdeckte Gewinnausschüttung: Vermietung einer Wohnung an den Gesellschafter

| Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer Kapitalgesellschaft wird nur bereit sein, die laufenden Aufwendungen für den Ankauf, den Ausbau und die Unterhaltung einer Eigentumswohnung zu (privaten) Wohnzwecken (also im privaten Interesse) eines Gesellschafters zu tragen, wenn der Gesellschaft diese Aufwendungen in voller Höhe erstattet werden und sie zudem einen angemessenen Gewinnaufschlag erhält. Vor diesem Hintergrund hat es das Finanzgericht (FG) Niedersachsen im Streitfall als rechtmäßig beurteilt, dass das Finanzamt eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) angesetzt hat. |

Zum Hintergrund: Bei einer vGA handelt es sich vereinfacht um Vermögensvorteile, die dem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung gewährt werden. Eine vGA darf den Gewinn der Gesellschaft nicht mindern.

Im Anschluss an ein Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH)aus dem Jahr 2016 führte das FG weiter aus: Eine Vermietung zu marktüblichen, aber nicht kostendeckenden Bedingungen würde ein gewissenhafter Geschäftsführer (ausnahmsweise) in Betracht ziehen, wenn er bezogen auf den jeweils zu beurteilenden Veranlagungszeitraum bereits von der Erzielbarkeit einer angemessenen Rendite ausgehen kann.

Beachten Sie | Die danach für den Fremdvergleich maßgebliche Kostenmiete ist auch dann als Maßstab heranzuziehen, wenn der Gegenstand des Unternehmens der Kapitalgesellschaft auch neben der an die Gesellschafterin vermieteten Wohnung in der Vermietung von Immobilien besteht.

Gegen das Urteil ist die Revision anhängig. Gleichwohl sollte in vergleichbaren Fällen eine vGA bedacht werden. Es empfiehlt sich, Mietverträge zu prüfen und ggf. anzupassen.

Quelle | FG Niedersachsen, Urteil vom 15.8.2024, 10 K 255/21, Rev. BFH, I R 21/24, Abruf-Nr. 248295 unter www.iww.de

Zum Anfang



Abschließende Hinweise

Steuern und Beiträge Sozialversicherung: Fälligkeitstermine in 08/2025

| Im Monat August 2025 sollten Sie insbesondere folgende Fälligkeitstermine beachten: |

Steuertermine (Fälligkeit):

  • Umsatzsteuer (Monatszahler): 11.8.2025
  • Lohnsteuer (Monatszahler): 11.8.2025
  • Gewerbesteuer: 15.8.2025 (18.8.2025*)
  • Grundsteuer: 15.8.2025 (18.8.2025*)

Bei einer Scheckzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstermin vorliegen.

Beachten Sie | Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung endet am 14.8.2025 für die Umsatz- und Lohnsteuerzahlung und am 18.8.2025 (21.8.2025*) für die Gewerbe- und Grundsteuerzahlung. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Zahlung per Scheck gilt.

Beiträge Sozialversicherung (Fälligkeit):

Sozialversicherungsbeiträge sind spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des laufenden Monats fällig, für den Beitragsmonat August 2025 am 27.08.2025.

* Gilt für Bundesländer, in denen der 15.8.2025 (Mariä Himmelfahrt) ein Feiertag ist.

Zum Anfang


Berechnung der Verzugszinsen

| Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten. |

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Juli 2025 bis zum 31. Dezember 2025 beträgt 1,27 Prozent. Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

  • für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 6,27 Prozent
  • für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 10,27 Prozent*

* für Schuldverhältnisse, die vor dem 29.7.2014 entstanden sind: 9,27 Prozent.

Nachfolgend ein Überblick zur Berechnung von Verzugszinsen (Basiszinssätze).

Übersicht / Basiszinssätze

Zeitraum

Zinssatz

01.01.2025 bis 30.06.2025

2,27 Prozent

01.07.2024 bis 31.12.2024

3,37 Prozent

01.01.2024 bis 30.06.2024

3,62 Prozent

01.07.2023 bis 31.12.2023

3,12 Prozent

01.01.2023 bis 30.06.2023

1,62 Prozent

01.07.2022 bis 31.12.2022

-0,88 Prozent

01.01.2022 bis 30.06.2022

-0,88 Prozent

01.07.2021 bis 31.12.2021

-0,88 Prozent

01.01.2021 bis 30.06.2021

-0,88 Prozent

01.07.2020 bis 31.12.2020

-0,88 Prozent

01.01.2020 bis 30.06.2020

-0,88 Prozent

01.07.2019 bis 31.12.2019

-0,88 Prozent

01.01.2019 bis 30.06.2019

-0,88 Prozent

01.07.2018 bis 31.12.2018

-0,88 Prozent

01.01.2018 bis 30.06.2018

-0,88 Prozent

01.07.2017 bis 31.12.2017

-0,88 Prozent

01.01.2017 bis 30.06.2017

-0,88 Prozent

01.07.2016 bis 31.12.2016

-0,88 Prozent

01.01.2016 bis 30.06.2016

-0,83 Prozent

01.07.2015 bis 31.12.2015

-0,83 Prozent

01.01.2015 bis 30.06.2015

-0,83 Prozent

01.07.2014 bis 31.12.2014

-0,73 Prozent

01.01.2014 bis 30.06.2014

-0,63 Prozent

01.07.2013 bis 31.12.2013

-0,38 Prozent

01.01.2013 bis 30.06.2013

-0,13 Prozent

01.07.2012 bis 31.12.2012

0,12 Prozent

Zum Anfang