Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 01/2020:
Arbeitsrecht
- Aktuelle Gesetzgebung: Mindestlohn steigt zum 1.1.2020 auf 9,35 EUR
- Aktuelle Gesetzgebung: Bundesrat stimmt Mindestvergütung für Azubis zu
- Aktuelle Gesetzgebung: Noch vor dem Weihnachtsgeschäft: Mehr Schutz für Paketboten
- Kündigungsrecht: Kündigungsfrist läuft auch bei Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers
Baurecht
- Architektenrecht: Leistungsverzeichnis des Architekten muss Regeln der Technik einhalten
- Baumaßnahmen: Fassadendämmung darf nicht über die Grenze gehen
- Haftungsrecht: Wie hoch ist der Toleranzrahmen bei einer Kostenschätzung?
Familien- und Erbrecht
- Erbrecht: Anfechtung der Erbschaft wegen Überschuldung
- Unterhaltsrecht: Auskunftspflicht eines Unterhaltsschuldners über Einkünfte aus Gesellschaftsbeteiligungen
- Aktuelle Gesetzgebung: Regierung beschließt Gesetzentwürfe zur Stiefkindadoption und Adoptionshilfe
Mietrecht und WEG
- WEG: Ergänzende Auslegung einer Vertretungsklausel in der Teilungserklärung
- Tod des Mieters: Für den Eintritt in das Mietverhältnis reicht die Pflege des Wohnungsinhabers nicht aus
- Mieterhöhung: Trickreiche Modernisierungsankündigung ist unwirksam
- Mietmangel: Minderungshöhe bei Abschaffung der Antenne
- Erbrecht: Persönliche Haftung eines Erben bei Eintritt in das Mietverhältnis
Verbraucherrecht
- Aktuelle Gesetzgebung: Die Grundrente kommt – darauf müssen Sie achten
- Aktuelle Gesetzgebung: Bundesrat billigt Implantateregister
- Autokauf: Fahrzeugangebot im Internet macht Kauf nicht zum Fernabsatzgeschäft
- Aktuelle Gesetzgebung: Angehörige von Pflegebedürftigen werden entlastet
Verkehrsrecht
- Aktuelle Gesetzgebung: Mindestalter für Moped-Führerschein ist künftig Ländersache
- Vorfahrtregelung: Wer sein Fahrrad schiebt, gibt sein Vorfahrtsrecht nicht auf
- Verwaltungsrecht: Eine Tempo 10-Zone ist unzulässig
- Haftungsrecht: Ohne Sicherheitsgurt droht ein Mitverschulden
- Handynutzung: „Wegdrücken“ eines Anrufs beim Fahren ist eine Ordnungswidrigkeit
Steuerrecht
- Aktuelle Gesetzgebung: Jahressteuergesetz 2019 und Soli-Rückführung sind beschlossen – Klimapakets vorerst ausgebremst
- Arbeitnehmer: Mietkosten können auch nach Ende der doppelten Haushaltsführung abziehbar sein
- Aktuelle Gesetzgebung: Beitrag zur Arbeitslosenversicherung sinkt
- Baukindergeld: Anträge auf Baukindergeld: Ablehnungsquote liegt bei 3 %
- Arbeitnehmer: Merkblatt zur Steuerklassenwahl 2020 für Ehegatten und Lebenspartner
Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht
- Büroführung: Dienstreise ins EU-Ausland: A1-Bescheinigung schützt Sie vor hohen Bußgeldern
- aktuelle Gesetzgebung: Auskünfte zur Betriebseröffnung: Einführung einer elektronischen Übermittlungspflicht
- Gesetzliche Unfallversicherung: Unfallversicherungsschutz besteht auch an einem „Probearbeitstag“
- Aktuelle Gesetzgebung: Belegausgabepflicht ab 1.1.2020: Finanzverwaltung wird keine Bußgelder verhängen
Abschließende Hinweise
Arbeitsrecht
Aktuelle Gesetzgebung: Mindestlohn steigt zum 1.1.2020 auf 9,35 EUR
| Die Mindestlohnkommission hatte bereits am 26.6.2018 beschlossen, den gesetzlichen Mindestlohn ab dem 1.1.2020 auf 9,35 EUR zu erhöhen. |
Der gesetzliche Mindestlohn gilt für alle volljährigen Arbeitnehmer. Ausnahmen sind:
- Langzeitarbeitslose in den ersten 6 Monaten einer Neubeschäftigung
- Azubis
- Praktikanten (unter 3 Monaten)
Aktuelle Gesetzgebung: Bundesrat stimmt Mindestvergütung für Azubis zu
| Der Bundesrat hat der vom Bundestag beschlossenen Reform der beruflichen Bildung für höher Qualifizierte zugestimmt. Sie soll die Attraktivität der dualen Ausbildung stärken, sie damit zum Studium wettbewerbsfähiger machen und so dem Fachkräftemangel entgegenwirken. |
515 EUR Mindestvergütung für Azubis
Um dies zu erreichen, erhalten Auszubildende künftig eine Mindestvergütung. Das gilt sowohl für betriebliche als auch für außerbetriebliche Ausbildungen. Laut Gesetzesbeschluss beträgt die Mindestvergütung im ersten Ausbildungsjahr monatlich 515 EUR. 2021 erhöht sie sich auf 550 EUR, 2022 auf 585 EUR und 2023 auf 620 EUR. Im weiteren Verlauf der Ausbildung steigt die Mindestvergütung: um 18 Prozent im zweiten Jahr, um 35 Prozent im dritten und um 40 Prozent im vierten Ausbildungsjahr.
Neue Abschlussbezeichnungen
Außerdem ändern sich die Abschlussbezeichnungen der höheren Berufsbildung: Künftig sollen die beruflichen Fortbildungsstufen „Geprüfte Berufsspezialistin“ bzw. „geprüfter Berufsspezialist“, „Bachelor Professional“ und „Master Professional“ heißen. Bezeichnungen wie Betriebswirtin, Wirtschaftsfachwirt oder Fachkauffrau entfallen. Meisterinnen und Meister dürfen sich zusätzlich „Bachelor Professional“ nennen. Durch die englischen Bezeichnungen möchten Bundesregierung und Bundestag die internationale Anschlussfähigkeit sichern.
Möglichkeit der Teilzeitausbildung wird erweitert
Beabsichtigt ist auch, dass sich die Durchlässigkeit bei gestuften Ausbildungen verbessert. Zudem wird es leichter, Ausbildungen in Teilzeit zu absolvieren. Bisher ist dies nur für leistungsstarke Auszubildende zulässig, die alleinerziehend sind oder Angehörige pflegen. Künftig soll dieser Weg insbesondere auch Geflüchteten, lernbeeinträchtigten Menschen sowie Menschen mit Behinderungen offen stehen. Voraussetzung für eine Ausbildung in Teilzeit ist die Zustimmung des Ausbildungsbetriebs. Weitere Verfahrenserleichterungen für die Auszubildenden dienen vor allem dem Abbau unnötiger Bürokratie.
Freistellungsanspruch
Der Bundestag hat die von der Bundesregierung initiierte Reform am 24.10.2019 mit wenigen Änderungen beschlossen. Gestärkt hat er dabei unter anderem den Freistellungsanspruch von Auszubildenden. So müssen sie beispielsweise nicht mehr am Tag vor ihrer schriftlichen Abschlussprüfung im Betrieb arbeiten gehen.
Der Bundesrat äußert sich in einer begleitenden Entschließung kritisch zur Neuregelung des Freistellungsanspruchs. Er fürchtet, dass dadurch vor allem kleine und mittlere Unternehmen nicht unerheblich belastet werden. Die Bundesregierung bittet er deshalb, die Regelung zwei Jahre nach Inkrafttreten zu evaluieren.
Für ein Nationales Bildungsregister
Ebenfalls an die Bundesregierung richtet sich der Appell, die Einführung eines nationalen Bildungsregisters zu prüfen. Hierdurch ließen sich nach Ansicht der Länder Ausbildungsverläufe innerhalb des Systems der dualen Bildung vollständig erfassen. Derzeit ist das nicht möglich. Hierin sehen die Länder einen erheblichen Mangel für die Planung und Ordnung der Berufsbildung.
Nächste und letzte Schritte
Die Entschließung geht nun weiter an die Bundesregierung. Sie entscheidet, ob sie das Anliegen der Länder aufgreift. Feste Fristen gibt es dafür nicht.
Das Gesetz wird über die Bundesregierung dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung zugeleitet, anschließend im Bundesgesetzblatt verkündet. Die Neuregelungen treten zum 1.1.2020 in Kraft.
Quelle | Bundesrat
Aktuelle Gesetzgebung: Noch vor dem Weihnachtsgeschäft: Mehr Schutz für Paketboten
| Seit dem 23.11.2019 gilt das Paketboten-Schutz-Gesetz. Ziel ist, die Nachunternehmerhaftung, die bereits seit Jahren in der Fleischwirtschaft und am Bau wirkt, auf die Paketbranche auszuweiten. Die Neuregelung soll künftig sicherstellen, dass die Sozialversicherungsbeiträge korrekt gezahlt werden. Die Neuregelungen treten damit noch vor dem Weihnachtsgeschäft in Kraft. |
Einführung der Nachunternehmerhaftung
Das Gesetz führt in der Versandbranche die sogenannte Nachunternehmerhaftung ein: Sie verpflichtet Versandunternehmen, Sozialbeiträge für säumige Subunternehmer nachzuzahlen. Damit stellt sie sicher, dass Sozialversicherungsbeiträge auch bei Nachunternehmerketten abgeführt werden. In der Bau- und Fleischbranche gilt diese Haftungsregel bereits und hat sich laut Gesetzesbeschluss auch bewährt.
Ausnahme: Unbedenklichkeitsbescheinigung
Umgehen können Unternehmen die Haftung nur, wenn sie mit einer Unbedenklichkeitsbescheinigung belegen, dass ihre Subunternehmen vorab besonders geprüft sind. Krankenkassen und Berufsgenossenschaften stellen eine solche Bescheinigung aus, wenn Subunternehmen die Sozialbeiträge bisher ordnungsgemäß abgeführt haben.
Forderung der Länder aufgegriffen
Der Gesetzesbeschluss geht auf einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zurück, die damit eine Forderung der Länder aufgegriffen hat: Sie haben sich bereits im April diesen Jahres dafür ausgesprochen, die Nachunternehmerhaftung in der Paketbranche einzuführen (siehe BR-Drs. 92/19).
Bundestag schafft Ausnahme für Speditionsunternehmen
Der Bundestag hat den Regierungsentwurf teilweise geändert, um Speditionsunternehmen von der Nachunternehmerhaftung auszunehmen. Bei ihnen sei die finanzielle Leistungsfähigkeit aufgrund anderer Bestimmungen gewährleistet, heißt es zur Begründung. Ausdrücklich in den Anwendungsbereich der Haftung aufgenommen hat er jedoch die stationäre Bearbeitung von Paketen. Gemeint ist damit das Sortieren von Paketen für den weiteren Versand in Verteilzentren. Diese erfolge regelmäßig durch Beschäftigte von Subunternehmen, deren soziale Absicherung verbessert werden müsse.
Quelle | Bundesrat, Bundestag
Kündigungsrecht: Kündigungsfrist läuft auch bei Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers
| Die ärztlich attestierte Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers als solche schließt es nicht per se aus, dass er zu dem dringenden Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung angehört wird. Das betrifft sowohl die schriftliche Anhörung als auch soweit aus sachlichen Gründen vom Arbeitgeber für erforderlich gehalten die Anhörung im Rahmen eines Personalgesprächs. |
Diese Klarstellung traf das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf. Solange dem erkrankten Arbeitnehmer die Teilnahme an einem Personal-/Anhörungsgespräch nicht krankheitsbedingt unmöglich oder unzumutbar ist, kann er also dementsprechend gehalten sein, daran teilzunehmen. Entsprechend muss der Arbeitgeber auch bei Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers den Anhörungsprozess durch Einladung zum Personalgespräch oder schriftliche Anhörung einleiten bzw. fortführen und damit klären, ob und welche Hindernisse arbeitnehmerseitig bestehen bzw. mitgeteilt werden.
Das bedeutet auch: Die bloße Arbeitsunfähigkeit als solche hemmt nicht den Lauf der zweiwöchigen Kündigungsfrist bei der fristlosen Kündigung. Unternimmt ein Arbeitgeber, der im Falle fortbestehender Arbeitsfähigkeit den Arbeitnehmer nunmehr zu den Verdachtsgründen angehört hätte, während einer zweiwöchigen Arbeitsunfähigkeitsphase des Mitarbeiters nicht einmal den Versuch einer Anhörung und Kontaktaufnahme, ist die nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit und dann erfolgter Anhörung ausgesprochene außerordentliche Verdachts- und Tatkündigung verfristet und damit unwirksam.
Quelle | LAG Düsseldorf, Urteil vom 16.6.2019, 3 Sa 1077/18, Abruf-Nr. 211764 unter www.iww.de.
Baurecht
Architektenrecht: Leistungsverzeichnis des Architekten muss Regeln der Technik einhalten
| Ein Architekt, der nur mit der Bauleitung und Mitwirkung an der Vergabe zur Modernisierung einer Wohnanlage beauftragt ist, macht sich schadenersatzpflichtig, wenn er in seinem Leistungsverzeichnis für eine Brandwand statt eines „nicht brennbaren“ Wärmedämmverbundsystems eine nur „schwer entflammbare“ Variante vorsieht. Dies gilt auch, wenn ihm der Auftraggeber keine Planungsunterlagen ausgehändigt hat.
Das hat das Kammergericht (KG) in Berlin klargestellt. Im konkreten Fall wollte ein Bauträger eine Wohnanlage energetisch modernisieren lassen. Der Architekt sollte die Ausführung überwachen und zuvor Angebote einholen und bei der Vergabe mitwirken. Obwohl das Gebäude mit einer Außenwand auf der Grenze zu einem Nachbargrundstück stand, die als Brandwand nur ein nicht brennbares Wärmedämmverbundsystem (WDVS) tragen darf, sah der Architekt im Leistungsverzeichnis nur eine „schwer entflammbare“ Dämmung vor. Nach der Aufbringung bemängelte die Behörde die Ausführung und forderte den Rückbau. Der Bauträger tat wie befohlen und machte beim Architekten Schadenersatz geltend.
Vor dem KG gewann er in allen Bereichen. Der Architekt habe mangelhaft geleistet, indem er mit seinem Leistungsverzeichnis ein nur „schwer entflammbares“ Verbundsystem ausgeschrieben habe. Dass er von seinem Auftraggeber keine Genehmigungsplanungen erhalten hatte, entlastete ihn nicht. Mit Blick auf seinen Auftrag und seine speziellen Kenntnisse hätte der Architekt die richtigen Schlüsse ziehen müssen. Der Bauträger war deshalb über den Schadenersatz so zu stellen, wie wenn der Architekt das WDVS im Leistungsverzeichnis von vornherein als nicht brennbar aufgeführt hätte. Dabei habe er auch Anspruch auf Erstattung der Umsatzsteuer, die ihm mit den Kosten der Mangelbeseitigung entstanden sei. Die Umsatzsteuer würde ihm nämlich nicht im Wege des Vorsteuerabzugs erstattet, da seine Umsätze als Bauträger umsatzsteuerfrei seien.
Quelle | KG Berlin, Urteil vom 1.2.2019, 21 U 70/18, Abruf-Nr. 207843 unter www.iww.de.
Baumaßnahmen: Fassadendämmung darf nicht über die Grenze gehen
| Ein Nachbar muss einen Überbau durch eine Außendämmung nicht dulden, wenn eine Innendämmung mit vertretbarem Aufwand möglich ist. |
Das stellt das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) im Fall zweier Nachbarn klar. Der Kläger möchte nachträglich an der Fassade seines Hauses außen eine Wärmedämmung mit einer Stärke von 18 cm anbringen. Weil die Fassade unmittelbar an der Grenze zum Grundstück der Beklagten steht, muss er dafür das benachbarte Grundstück überbauen. Der Kläger hat behauptet, eine vergleichbare Wärmedämmung sei auf andere Weise, nämlich durch Innendämmung, nicht schon gar nicht mit vertretbarem Aufwand zu erreichen.
Das zuständige Amtsgericht hat der Klage erstinstanzlich teilweise stattgegeben. Es hat die beklagten Nachbarn verurteilt, zu dulden, dass eine Außendämmung von 5 cm Stärke angebracht wird. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat zu den nach der Energieeinsparverordnung (EnEV) erforderlichen Dämmmaßnahmen ein Sachverständigengutachten eingeholt. Daraufhin hat es die Klage insgesamt abgewiesen.
Das BayObLG hat diese Entscheidung bestätigt. Es liegen die nach dem Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen der Duldungspflicht des Nachbarn nicht vor. Eine Duldungspflicht besteht insbesondere nur, soweit und solange eine vergleichbare Wärmedämmung auf andere Weise als durch eine Außendämmung mit vertretbarem Aufwand nicht vorgenommen werden kann. Dies zu beurteilen, ist eine Tatsachenfrage des jeweiligen Einzelfalls.
Dabei sind in den Vergleich zwischen Aufwand für eine Außendämmung und eine Wärmedämmung auf andere Art und Weise nicht lediglich die Kosten der jeweiligen Baumaßnahme einzustellen. Auch die Möglichkeit einer Innendämmung ist in Betracht zu ziehen. Ein grundsätzlicher Vorrang der Außendämmung ist der landesgesetzlichen Regelung nicht zu entnehmen. Ziele europäischer Richtlinien zur Energieeffizienz und das im Grundgesetz verankerte Staatsziel des Umweltschutzes gebieten keinen grundsätzlichen Vorrang der Außendämmung, wenn ohne Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks eine vergleichbare Dämmwirkung in vertretbarer Weise erreicht werden kann.
Im konkreten Fall können nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts die Grenzwerte der EnEV mit einer Innendämmung eingehalten werden. Das Berufungsgericht hat berücksichtigt, dass dabei besondere Maßnahmen zur Vermeidung bauphysikalischer Nachteile zu ergreifen sind. Der im Gesetz verwendete Begriff des vertretbaren Aufwands wurde zudem ausreichend berücksichtigt.
Quelle | BayObLG, Urteil vom 1.10.2019, 1 ZRR 4/19, Abruf-Nr. 212526 unter www.iww.de.
Haftungsrecht: Wie hoch ist der Toleranzrahmen bei einer Kostenschätzung?
| Bei einer Kostenschätzung liegt der Spielraum des Architekten im Bereich von 30 bis 40 Prozent. Der Toleranzrahmen kann aber nicht generell einheitlich festgelegt werden. Die für eine größere Quadratmeterfläche erstellte Kostenschätzung kann nicht auf die geringere Fläche anhand der Kosten pro Quadratmeter umgerechnet werden. |
Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Dresden mit Billigung des Bundesgerichtshofs entschieden. Die Richter begründen das damit, dass bei einem größeren Auftragsumfang auch der Preis für den einzelnen Quadratmeter deutlich geringer sein kann.
Quelle | OLG Dresden, Beschluss vom 24.11.2016, 10 U 1128/15, Abruf-Nr. 211313; rechtskräftig durch Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde, BGH, Beschluss vom 22.5.2019.
Familien- und Erbrecht
Erbrecht: Anfechtung der Erbschaft wegen Überschuldung
| Ist die Erbschaft überschuldet, kann dies eine verkehrswesentliche Eigenschaft sein, die zur Anfechtung berechtigen kann. Das gilt allerdings nur, wenn der Irrtum bezüglich der Überschuldung auf falschen Vorstellungen hinsichtlich der Zusammensetzung des Nachlasses beruht, also bezüglich des Bestands an Aktiva oder Passiva. |
Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg hin. Ein solcher Irrtum liegt nach Ansicht der Richter nur vor, wenn der Erbe von der Werthaltigkeit des Nachlasses ausgegangen ist. Daran fehlt es, wenn dem Erben die Möglichkeit der Überschuldung bewusst war, weil er selbst keine genauen Vorstellungen vom Nachlassbestand hatte. Insofern kann derjenige die Annahme der Erbschaft nicht anfechten, der sich eine falsche Vorstellung über die Größe des Nachlasses gemacht hat, ohne dessen Zusammensetzung näher zu kennen. Mit anderen Worten kann sich derjenige nicht auf einen Anfechtungsgrund berufen, der nicht aufgrund einer Bewertung ihm bekannter oder zugänglicher Fakten zu dem Ergebnis gelangt war, die Erbschaft wolle er annehmen oder ausschlagen, sondern seine Entscheidung auf spekulativer bewusst ungesicherter Grundlage getroffen hat.
Quelle | OLG Brandenburg, Beschluss vom 23.7.2019, 3 W 55/19, Abruf-Nr. 212528 unter www.iww.de.
Unterhaltsrecht: Auskunftspflicht eines Unterhaltsschuldners über Einkünfte aus Gesellschaftsbeteiligungen
| Grundsätzlich können zwar von GmbH-Gesellschaftern nur Angaben über die Höhe der Ausschüttung verlangt werden, da diese allein eine unterhaltsrechtliche Einnahme darstellt. Anders liegt die Sachlage allerdings, wenn es sich bei dem Gesellschafter um einen sogenannten beherrschenden Gesellschafter handelt. |
So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Dresden in einem Streit um die Berechnung von Unterhalt. Die Richter machten deutlich, dass bei Gesellschaftern, die zwar nicht alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer sind, aber aufgrund der Quote ihrer Beteiligung oder ihrer Position die Geschäfte der Gesellschaft oder die Gewinnausschüttung steuern oder in ihrem Interesse maßgeblich beeinflussen können, die Grundsätze der Einkommensermittlung für Selbstständige auch auf Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft anzuwenden sind.
Diese Grundsätze gelten auch für die Auskunftserteilung. Der Grund für die erweiterte Auskunftspflicht des Mitgesellschafters ist, dass der Unterhaltsberechtigte in die Lage versetzt werden soll zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die fiktive Zurechnung von nicht ausgeschütteten Gewinnen gegeben sind. Denn nur mit dieser erweiterten Auskunft ist der Auskunftsberechtigte in der Lage, seinen Unterhaltsanspruch zu berechnen. Der erweiterte Auskunftsanspruch ist damit der Ausgleich für die erweiterten Einflussmöglichkeiten des beherrschenden Gesellschafters. Ist also der Auskunftspflichtige ein solcher Mitgesellschafter, erstreckt sich der Auskunftsanspruch grundsätzlich auch auf die Gewinnermittlung der Gesellschaft. Legt er diese nicht offen, ist die von ihm erteilte Auskunft unvollständig.
Quelle | OLG Dresden, Beschluss vom 29.8.2018, 20 WF 728/19, Abruf-Nr. 212527 unter www.iww.de.
Aktuelle Gesetzgebung: Regierung beschließt Gesetzentwürfe zur Stiefkindadoption und Adoptionshilfe
| Mit zwei Gesetzentwürfen will die Bundesregierung die Möglichkeiten von Adoptionen und die Begleitung der daran beteiligten Familien verbessern. Das Bundeskabinett hat sowohl den Gesetzentwurf zur Stiefkindadoption aus dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) als auch den Entwurf des Adoptionshilfe-Gesetzes aus dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) beschlossen. |
1. Gesetzentwurf zur Stiefkindadoption (BMJV)
Der Gesetzentwurf zur Stiefkindadoption in nichtehelichen Familien dient der Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26.3.2019. Das Bundesverfassungsgericht hat im Ausschluss der Stiefkindadoption in nichtehelichen Familien einen Verstoß gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgebot gesehen und diesen deshalb für verfassungswidrig erklärt. Zugleich hat es den Gesetzgeber verpflichtet, bis zum 31.3.2020 eine verfassungsmäßige Neuregelung zu treffen.
Die Neuregelungen eröffnen Personen in verfestigter Lebensgemeinschaft, die in einem gemeinsamen Haushalt leben, die Möglichkeit der Adoption eines Kindes ihres Partners. Eine verfestigte Lebensgemeinschaft liegt nach dem Gesetzesentwurf in der Regel vor, wenn die Betroffenen eheähnlich vier Jahre zusammengelebt haben oder eheähnlich mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben.
Mit dem Gesetzentwurf soll der Kritik des Bundesverfassungsgerichts begegnet und gleichzeitig die Situation der Kinder in diesen Familien verbessert werden. Auch wenn der Stiefelternteil und der Elternteil nicht heiraten, soll der Stiefelternteil das Kind seines Partners oder seiner Partnerin adoptieren können, damit die betroffenen Kinder zwei rechtliche Elternteile in der Familie haben, in der sie tatsächlich leben. Die Bundesregierung hat mit ihrem Entwurf das Gesetzgebungsverfahren eingeleitet; Bundestag und Bundesrat haben jetzt eine Grundlage für ihre Beratungen.
2. Adoptionshilfe-Gesetz (BMFSFJ)
Jeden Tag werden in Deutschland zehn Kinder adoptiert seit 1990 mehr als 150 000. Eine Adoption endet nicht mit dem gerichtlichen Adoptionsbeschluss, sondern begleitet die abgebenden Eltern, die Kinder und die Adoptivfamilien ein Leben lang.
Mit dem Adoptionshilfe-Gesetz sollen die Herkunftsfamilien und die Adoptionsfamilien so unterstützt werden, wie sie es brauchen. Die rund 400 Adoptionsvermittlungsstellen in Deutschland sollen fachlich fundiert beraten und unterstützen und zwar vor, während und auch nach einer Adoption. Es geht sowohl um einen selbstverständlichen Umgang mit der Adoption in der Adoptionsfamilie, als auch um den Austausch und Kontakt mit der Herkunftsfamilie. Wenn beides sensibel begleitet wird, kann mehr Offenheit bei einer Adoption gelingen. Das soll Vertrauen schaffen, die kindliche Entwicklung fördern und die Familie stärken.
Das Gesetz enthält vier Bausteine, um die Adoptionshilfe in Deutschland zu verbessern:
1. Bessere Beratung aller an einer Adoption Beteiligten
Ein Rechtsanspruch auf eine Begleitung auch nach der Adoption soll die gute Beratung und Unterstützung aller Menschen sichern, die an einer Adoption durch die Adoptionsvermittlungsstellen beteiligt sind. Die unterschiedlichen Phasen der Adoption werden so als Ganzes betrachtet und begleitet. Zudem wird eine verpflichtende Beratung vor einer Stiefkindadoption eingeführt. Sie soll sicherstellen, dass eine Adoption tatsächlich das Beste für das Kind ist. Außerdem werden die Adoptionsvermittlungsstellen in ihrer Lotsenfunktion gestärkt, damit die Familien die Hilfen bekommen, die sie brauchen.
2. Aufklärung und Förderung eines offenen Umgangs mit Adoption
Der Gesetzentwurf soll zu einem offenen Umgang mit dem Thema Adoption beitragen: Zum einen sollen Adoptiveltern durch die Adoptionsvermittlungsstellen ermutigt und dabei unterstützt werden, ihr Kind altersgerecht über die Tatsache ihrer Adoption aufzuklären. Zum anderen soll die Vermittlungsstelle vor Beginn der Adoptionspflege mit den Herkunftseltern und den Adoptionsbewerbern erörtern, ob und wie ein Informationsaustausch oder Kontakt zum Wohl des Kindes gestaltet werden kann. Die Herkunftseltern sollen in ihrer Rolle gestärkt werden, indem sie gegenüber der Adoptionsvermittlungsstelle einen Anspruch auf allgemeine Informationen über das Kind bekommen, welche von der Adoptivfamilie freiwillig zur Verfügung gestellt wurden. Der Schutz von Informationen, deren Weitergabe nicht gewünscht ist, bleibt weiterhin gesichert.
3. Stärkung der Adoptionsvermittlungsstellen
Die Adoptionsvermittlungsstellen erhalten einen konkreten Aufgabenkatalog, der Klarheit über ihre Aufgaben schafft. Ein an die Adoptionsvermittlungsstellen gerichtetes Kooperationsgebot soll den fachlichen Austausch und die Vernetzung mit den verschiedenen Beratungsstellen fördern etwa mit der Schwangerschaftsberatung, der Erziehungsberatung und dem Allgemeinen Sozialen Dienst damit auf die Bedürfnisse der Familien sensibel reagiert werden kann.
4. Verbot von unbegleiteten Auslandsadoptionen und neues Anerkennungsverfahren
Auslandsadoptionen sollen künftig in jedem Fall durch eine Adoptionsvermittlungsstelle begleitet werden, damit die zukünftigen Eltern auf die Herausforderungen einer Auslandsadoption vorbereitet und die Interessen der Kinder ausreichend berücksichtigt werden können. International vereinbarte Schutzstandards sollen zukünftig bei allen Auslandsadoptionen eingehalten werden. Auslandsadoptionen ohne Begleitung einer Vermittlungsstelle werden untersagt. Für mehr Rechtssicherheit und Rechtsklarheit wird ein verpflichtendes Anerkennungsverfahren für ausländische Adoptionsbeschlüsse eingeführt.
Adoptionswesen in Zahlen
- Zahl der Adoptionen im Jahr: 3.733 (2018), 3.888 (2017), 3.976 (2016), 3.812 (2015); 3.805 (2014)
- Zahl der Adoptionen im Inland: 3.562 (2018), 3.662 (2017), 3.719 (2016), 3.548 (2015); 3.506 (2014)
- Zahl der Adoptionen aus dem Ausland: 176 (2018), 238 (2017), 294 (2016), 314 (2015); 344 (2014)
Quelle | Bundesregierung
Mietrecht und WEG
WEG: Ergänzende Auslegung einer Vertretungsklausel in der Teilungserklärung
| Eine Bestimmung in der Teilungserklärung, nach der Wohnungseigentümer sich in der Eigentümerversammlung nur durch den Ehegatten, einen Wohnungseigentümer oder den Verwalter vertreten lassen können, ist auslegungsbedürftig. |
Sie ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGH) regelmäßig dahin ergänzend auszulegen, dass sie auch für juristische Personen gilt, und dass diese sich nicht nur durch ihre organschaftlichen Vertreter, sondern auch durch einen ihrer Mitarbeiter vertreten lassen können. Die Vertretungsklausel ist ferner ergänzend dahin auszulegen, dass sich eine juristische Person in der Eigentümerversammlung jedenfalls auch von einem Mitarbeiter einer zu demselben Konzern gehörenden (weiteren) Tochtergesellschaft vertreten lassen darf, wenn diese für die Verwaltung der Sondereigentumseinheiten zuständig ist.
Quelle | BGH, Urteil vom 28.6.2019, V ZR 250/18, Abruf-Nr. 211411 unter www.iww.de.
Tod des Mieters: Für den Eintritt in das Mietverhältnis reicht die Pflege des Wohnungsinhabers nicht aus
| Allein die aufopferungsvolle Pflege des Mieters durch sein Kind gibt keinen Anspruch nach dessen Tod in das Mietverhältnis eintreten zu dürfen. |
Das folgt aus einer Entscheidung des Amtsgerichts München im Fall eines Mannes, der fast 50 Jahre lang in einer Wohnung gelebt hatte. Als er 2017 starb, erklärte seine Tochter, in das Mietverhältnis einzutreten. In der folgenden Woche kündigte die Vermieterin das Mietverhältnis. Sie meint, die Voraussetzungen für einen Eintritt in das Mietverhältnis würden nicht vorliegen. Die Tochter habe ihren Vater zwar gepflegt, jedoch keinen gemeinsamen Haushalt geführt. Die Tochter wendet ein, sie habe mit ihrem Vater seit 2015 einen gemeinsamen Hausstand geführt, auch wenn sie ihre bisherige Wohnung behalten habe.
Das Amtsgericht München verurteilte die Tochter, die Wohnung zu räumen und herauszugeben. Sie habe nicht nachgewiesen, dass sie mit ihrem Vater in der Wohnung zusammengelebt und dort ihren Lebensmittelpunkt gehabt habe. Sie habe nämlich ihre bisherige Wohnung weiter beibehalten. Dort habe sie auch mehrfach pro Woche übernachtet und ihren Hund gehalten. Die Pflege des Vaters reiche für sich alleine nicht aus, um von einem gemeinsamen Haushalt ausgehen zu können. Das Urteil ist nach Zurücknahme der Berufung nunmehr rechtskräftig.
Quelle | Amtsgericht München, Urteil vom 27.6.2018, 452 C 17000/17, Abruf-Nr. 212153 unter www.iww.de.
Mieterhöhung: Trickreiche Modernisierungsankündigung ist unwirksam
| Eine Modernisierungsankündigung des Vermieters im Dezember 2018, die nur dazu dient, sich die Vorteile aus dem bis zum 31.12.18 geltenden Recht zu sichern, ist keine wirksame Grundlage für eine Modernisierungsmieterhöhung. |
Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) München hin und ging im Rahmen einer Musterfeststellungsklage eines Mietervereins von einer entsprechenden Intention des Vermieters aus. Grund hierfür war, dass zwischen der Modernisierungsankündigung und dem geplanten Beginn der Modernisierungsarbeiten mehr als zwei Jahre lagen. Dies offenbare nach Ansicht der Richter, dass der Vermieter sich trickreich die Vorteile des alten Mietrechts habe sichern wollen.
Quelle | OLG München, Urteil vom 15.10.2019, Abruf-Nr. 212151 unter www.iww.de.
Mietmangel: Minderungshöhe bei Abschaffung der Antenne
| Heißt es im Mietvertrag „Das Haus ist mit (…) Hör- und Sehfunk“ ausgestattet, schuldet der Vermieter die Versorgung mit Radio- und Fernsehfunk. |
Das stellte das Amtsgericht Dortmund klar. Stellt der Vermieter die Versorgung ein und verweist den Mieter auf die Möglichkeit, individuelle Versorgungsverträge mit einem Kabelversorger abzuschließen, begründet dies einen Mangel der Mietwohnung. Das Maß der Minderung hat das Amtsgericht mit 10 Prozent bemessen.
Quelle | Amtsgericht Dortmund, Urteil vom 8.10.2019, 425 C 5770/19, Abruf-Nr. 212152 unter www.iww.de.
Erbrecht: Persönliche Haftung eines Erben bei Eintritt in das Mietverhältnis
| Tritt der Erbe kraft Gesetzes in das Mietverhältnis ein, weil der Erblasser alleine in der Wohnung lebte, kündigt er das Mietverhältnis aber nicht innerhalb eines Monats, liegt allein hierin keine Verwaltungsmaßnahme, welche die nach Ablauf dieser Kündigungsfrist fällig werdenden Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis zu Nachlasserbenschulden beziehungsweise Eigenverbindlichkeiten werden lässt, für die der Erbe auch persönlich haftet. |
So entschied es der Bundesgerichtshof (BGH) in einem aktuellen Fall. Die Richter machten jedoch deutlich, dass der Erbe dann persönlich hafte, wenn er nach wirksamer Beendigung des Mietverhältnisses seiner (fälligen) Pflicht zur Räumung und Herausgabe der Mietsache nicht nachkommt.
Quelle | BGH, Urteil vom 25.9.2019, VIII ZR 138/18, Abruf-Nr. 211702 unter www.iww.de.
Verbraucherrecht
Aktuelle Gesetzgebung: Die Grundrente kommt – darauf müssen Sie achten
| Im November hat der Bundestag die Grundrente auf den Weg gebracht. Wer die Grundrechte in Anspruch nehmen will, muss aber darauf achten, dass er sich frühzeitig um ein geklärtes Rentenkonto mit allen Versicherungszeiten kümmert. Denn die Grundrente erhält nur, wer die Anwartschaftszeit erreicht. |
Viele Arbeitnehmer denken während des Erwerbslebens nicht daran, ob in der Rentenversicherung auch alle wesentlichen Zeiten erfasst sind. Ob Schule, Ausbildung oder Beruf: Häufig sind Versicherungszeiten bei der Rentenversicherung nicht oder falsch erfasst. Konkret kann das weniger Rente bedeuten. Oder: man kommt nicht (oder nur mühsam) in den Genuss der Grundrente. Denn diese ist daran geknüpft, dass mindestens 35 Jahre lang gearbeitet und Beiträge eingezahlt wurden. Berücksichtigt werden auch Kindererziehungs- und Pflegezeiten. Haben Sie Lücken in Ihrem Versicherungskonto, erreichen Sie die 35 Jahre möglicherweise nicht.
Daher sollten Sie schon jetzt Ihr Versicherungskonto klären und damit keinesfalls bis zum Rentenantrag warten. Ein Antrag kann bei der Deutschen Rentenversicherung online gestellt werden. Wer möglicherweise lange zurückliegende Beschäftigungsverhältnisse nachweisen will, muss damit rechnen, dass die Kontenklärung länger dauert. Wichtig ist: Wird irgendwann ein Antrag auf Grundrente oder auf die reguläre Rente gestellt, sollte das Versicherungskonto vollständig sein. Es kann auf jeden einzelnen Monat ankommen.
Aktuelle Gesetzgebung: Bundesrat billigt Implantateregister
| Die Sicherheit und Qualität von Implantaten soll sich verbessern: Der Bundesrat hat den Aufbau eines bundesweiten Implantateregisters gebilligt. Es soll Langzeitbeobachtungen von Implantaten sowie Aussagen zu Haltbarkeit und Qualität von Medizinprodukten ermöglichen. |
Das Gesetz zur Errichtung des Registers verpflichtet die Hersteller von Implantaten, ihre Produkte in der Datenbank des Registers zu registrieren. Gesundheitseinrichtungen, gesetzliche und private Krankenversicherungen werden hingegen verpflichtet, Implantationen und Explantationen an das Register zu melden.
Die zentrale Datensammlung übernimmt das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information. Das Robert Koch-Institut richtet eine unabhängige Vertrauensstelle ein, die alle personenbezogenen Daten pseudonymisiert. Die Anschubfinanzierung erfolgt nach dem Gesetzesbeschluss durch den Bund, der laufende Betrieb soll durch Entgelte finanziert werden.
Das Gesetz soll überwiegend zum 1.1.2020 in Kraft treten.
Quelle | Bundesrat
Autokauf: Fahrzeugangebot im Internet macht Kauf nicht zum Fernabsatzgeschäft
| Immer häufiger bieten Fahrzeughändler heute ihre Fahrzeuge im Internet auf entsprechenden Plattformen an. Der Kontakt mit dem Verbraucher, der sich für ein Fahrzeug interessiert, läuft häufig über E-Mails und das Telefon. Dadurch wird der Fahrzeugkauf aber noch nicht zu einem sogenannten Fernabsatzgeschäft. Wäre dies der Fall, könnte der Verbraucher seine Bestellung binnen einer gesetzlich geregelten Frist widerrufen. |
Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Landgericht (LG) Osnabrück. Geklagt hatte eine Frau aus München. Sie hatte im Januar 2018 bei dem später beklagten Autohaus in Wietmarschen (Emsland) einen Kombi erworben. Diesen hatte sie auf einer großen Internet-Plattform ausfindig gemacht. Anschließend hatte sie mit dem Autohaus telefonisch Kontakt aufgenommen. Dieses hatte ihr schließlich ein Bestellformular für das Fahrzeug per E-Mail übersandt. In der E-Mail wurde darauf hingewiesen, dass der Kauf erst mit schriftlicher Bestätigung oder Übergabe des Fahrzeugs zustande komme. Die Klägerin sandte das unterzeichnete Formular eingescannt per E-Mail zurück und überwies den Kaufpreis. Kurz darauf holte ihr Ehemann das Fahrzeug im Emsland ab.
Im November 2018 wollte die Klägerin dann den Kaufvertrag rückgängig machen und verlangte den Kaufpreis zurück. Sie machte geltend, es handele sich um einen sogenannten Fernabsatzvertrag, bei dem ein gesetzliches Widerrufsrecht bestehe. Immerhin sei das Fahrzeug online angeboten worden. Auch die gesamte Kommunikation mit dem Autohaus sei digital erfolgt. Dagegen wehrte sich das Autohaus. Es machte geltend, kein Fernabsatzgeschäft zu betreiben. Die Anzeigen im Internet dienten allein der Werbung für die Fahrzeuge. Auf die Bestellung per E-Mail habe man sich ausnahmsweise eingelassen, der Kauf sei aber erst mit Abholung des Fahrzeugs abgeschlossen gewesen. Diese sei unstreitig im Autohaus selbst erfolgt. Man betreibe keinen organisierten Versandhandel mit Fahrzeugen.
Die Richter am LG gaben nun dem Autohaus recht. Dass man Fahrzeuge online anbiete und ausnahmsweise vielleicht auch einen Autokauf per Internet und Telefon abstimme, genüge nicht, um von einem organisierten Fernabsatzsystem auszugehen. Nur bei einem solchen bestehe aber ein gesetzliches Widerrufsrecht. Ein organisiertes Fernabsatzsystem im Sinne des Gesetzes setze zwingend voraus, dass auch ein organisiertes System zum Versand der Ware bestehe. Das sei hier nicht der Fall. Das Autohaus habe stets auf Abholung des Fahrzeugs am Firmensitz bestanden. Auch die Klägerin habe nicht behauptet, dass das Autohaus Fahrzeuge zum Versand anbiete. Ob letztlich der Kaufvertrag vor oder erst bei Abholung endgültig geschlossen wurde, sei dagegen nicht entscheidend.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Die Klägerin hat die Möglichkeit, dagegen mit der Berufung zum Oberlandesgericht Oldenburg vorzugehen.
Quelle | LG Osnabrück, Urteil vom 16.09.2019, 2 O 683/19, Abruf-Nr. 211500 unter www.iww.de.
Aktuelle Gesetzgebung: Angehörige von Pflegebedürftigen werden entlastet
| Die finanzielle Entlastung für unterhaltsverpflichtete Angehörige von Pflegebedürftigen kommt: Der Bundesrat hat dem Angehörigen-Entlastungsgesetz zugestimmt, das der Bundestag am 7. November verabschiedet hatte. Nach Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten und Verkündung im Bundesgesetzblatt kann das Gesetz wie geplant zum Jahresbeginn in Kraft treten. |
Unterhaltspflicht erst ab 100 000 EUR Jahreseinkommen
Sozialhilfeträger dürfen künftig erst auf das Einkommen der Kinder pflegebedürftiger Eltern zurückgreifen, wenn deren Bruttoeinkommen 100 000 EUR übersteigt. Umgekehrt gilt dies auch für Eltern von volljährigen pflegebedürftigen Kindern. Der Nachranggrundsatz der Sozialhilfe wird damit eingeschränkt.
Vermutungsregel zur Bürokratieentlastung
Das Gesetz enthält eine Vermutungsregel: Nur in Ausnahmefällen, in denen die Behörden ein Einkommen über der Schwelle vermutet, müssen Betroffene ihr Einkommen offenlegen dies soll Bürger und Verwaltung entlasten.
Unterstützung für Ältere, Entlastung für Jüngere
Bisherige Rechtslage: Wenn Pflegebedürftige die Kosten nicht selbst aufbringen können, werden in der Regel ihre erwachsenen Angehörigen zu Unterhaltszahlungen verpflichtet. Um die jüngere Generation zu entlasten, hat der Bundestag die Einkommensgrenze eingeführt so wie sie bereits jetzt für Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gilt.
Mehr Teilhabe für Menschen mit Behinderungen
Profitieren werden auch Menschen, deren Angehörige aufgrund einer Behinderung Anspruch auf Eingliederungshilfe haben. Das gilt zum Beispiel für Gebärdendolmetschung oder für den Umbau einer barrierefreien Wohnung.
Das Gesetz enthält zudem weitere Verbesserungen für Menschen mit Behinderung: so erhalten sie intensivere Teilhabeberatung und ein Budget für Ausbildung, um leichter eine reguläre Berufsbildung antreten zu können.
Kostenfolgen darlegen
In einer begleitenden Entschließung fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, die Kosten und Folgekosten, die Ländern und Kommunen durch das Gesetz entstehen, auf einer realistischen Datengrundlage darzulegen. Eine Vertreterin der Bundesregierung hatte im Plenum bereits durch eine Protokollerklärung angekündigt, sich dazu mit den Ländern ins Benehmen zu setzen.
Quelle | Bundesrat
Verkehrsrecht
Aktuelle Gesetzgebung: Mindestalter für Moped-Führerschein ist künftig Ländersache
| Die Bundesländer können künftig selbst darüber entscheiden, ob sie das Mindestalter für den Moped-Führerschein herabsetzen: Der Bundesrat hat einen entsprechenden Gesetzesbeschluss des Bundestags gebilligt. |
Rechtsverordnungen in den Ländern
Bislang gilt bundesweit ein Mindestalter von 16 Jahren. Ausnahme: im Rahmen eines befristeten Modellprojekts durften die östlichen Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern in ihren jeweiligen Gebieten die Fahrerlaubnisklasse AM für leichte Kleinkrafträder mit max. 45 km/h auf 15 Jahre herabsetzen. Das Gesetz ermächtigt nun alle 16 Landesregierungen, entsprechende Rechtsverordnungen zu erlassen. Eine bundesweite Regelung ist damit obsolet.
Verkündung und Inkrafttreten
Das Gesetz kann nun über die Bundesregierung dem Bundespräsidenten zugeleitet und nach dessen Unterzeichnung im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden und anschließend in Kraft treten.
Quelle | Bundesrat
Vorfahrtregelung: Wer sein Fahrrad schiebt, gibt sein Vorfahrtsrecht nicht auf
| Ein Fahrradfahrer verliert nicht sein Vorfahrtsrecht an einer unübersichtlichen Kreuzung, wenn er sein Fahrrad über eine kurze Wegstrecke schiebt. |
Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Bremen. Die Richter argumentierten, dass sich für einen Fahrradfahrer an seiner Einordnung als Fahrzeugführer in Sinne der Straßenverkehrsordnung nichts ändert, wenn er anhält, absteigt und sein Fahrrad kurzfristig schiebt. Es besteht ein so enger zeitlicher und räumlicher Zusammenhang mit dem Führen des Fahrrads, dass eine derartige Differenzierung nicht geboten ist.
Quelle | OLG Bremen, Urteil vom 14.2.2018, 1 U 37/17, Abruf-Nr. 212531 unter www.iww.de.
Verwaltungsrecht: Eine Tempo 10-Zone ist unzulässig
| Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg hat die Anordnung eines verkehrsberuhigten Geschäftsbereichs mit einer Zonenhöchstgeschwindigkeit von 10 km/h in der Dircksenstraße in Berlin-Mitte aufgehoben und damit ein Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin geändert. |
Das Verwaltungsgericht hatte die Klage eines Anwohners gegen die „Tempo 10-Zone“ abgewiesen. Der Umstand, dass die Straßenverkehrsordnung und der amtliche Verkehrszeichenkatalog nur die Vorschriftszeichen mit Tempo 30-Zone und Tempo 20-Zone vorsehe, stehe der Anordnung einer Tempo 10-Zone nicht entgegen, denn es handele sich nicht um eine abschließende Aufzählung der zulässigen Verkehrszeichen.
Das sahen die Richter am OVG jedoch anders. Sie machten deutlich, dass im Straßenverkehrsrecht der Ausschließlichkeitsgrundsatz gilt. Der Verkehr dürfe nur durch die in der Straßenverkehrsordnung abgebildeten Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sowie mit den im Verkehrszeichenkatalog dargestellten Varianten geregelt werden. Einer Auslegung seien daher enge Grenzen gesetzt. Insbesondere könne durch Auslegung kein neues, in den einschlägigen Vorschriften nicht vorgesehenes Vorschriftzeichen eingeführt werden. Ebenso wenig sei die Einführung mit Zustimmung der obersten Landesbehörde zulässig. Dieser Weg sei nur für sog. Zusatzzeichen, die in der Regel unter einem Verkehrszeichen angebracht werden, eröffnet.
Quelle | OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.11.2019, OVG 1 B 16.17, Abruf-Nr. 212532 unter www.iww.de.
Haftungsrecht: Ohne Sicherheitsgurt droht ein Mitverschulden
| Wer als Beifahrer den Sicherheitsgurt nicht nutzt, muss sich bei einem vom Fahrer verschuldeten Unfall ein Mitverschulden anrechnen lassen. Die Verschuldensquote richtet sich nach dem jeweiligen Einzelfall. |
Diese Grundsatzentscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Rostock im Fall eines 16-jährigen Mädchens, die zu zwei Bekannten ins Auto gestiegen war. Nach kurzer Fahrt kam das vom damals 21-jährigen Beklagten geführte Fahrzeug von der Straße ab und kollidierte mit Straßenbäumen. Der Fahrer und das Mädchen erlitten schwere Verletzungen. Der weitere Beifahrer verstarb noch an der Unfallstelle. Das Mädchen erlitt u.a. ein schweres Schädel-Hirn-Trauma und ist seit dem Unfall schwerbehindert. Sie benötigt eine Betreuung rund um die Uhr und besucht eine Einrichtung zur Förderung von behinderten Menschen. Die Haftpflichtversicherung des Fahrers zahlte ein Schmerzensgeld von 30.000 EUR.
Das Mädchen verlangt vom Fahrer und dessen Haftpflichtversicherung ein weiteres Schmerzensgeld von mindestens 320.000 EUR sowie eine monatliche Schmerzensgeldrente in Höhe von mindestens 500 EUR monatlich sowie den Ersatz ihres Verdienstausfalls.
Das Landgericht hat nach einer Beweisaufnahme festgestellt, dass das Mädchen als Beifahrerin auf der Rückbank des Fahrzeugs beim Unfall nicht angeschnallt war. Hätte sie den Sicherheitsgurt angelegt, hätte sie einen wesentlichen Teil der Verletzungen nicht erlitten. Das Landgericht hat deshalb das bereits gezahlte Schmerzensgeld in Höhe von 30.000 EUR für ausreichend erachtet und die Klage abgewiesen.
Vor dem OLG ging es insbesondere um die Rechtsfrage, nach welchen Kriterien das Mitverschulden des Mädchens zu bewerten ist.
In seinem Grundsatzurteil stellt das OLG fest, dass die geltend gemachten Ansprüche (Schmerzensgeld, monatliche Schmerzensgeldrente, Verdienstausfall ab dem Unfall bis zum fiktiven Renteneintritt und weiterer Schadensersatz), zu 2/3 berechtigt sind. Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen, weil ein Schmerzensgeld von 30.000 EUR die Ansprüche erfüllt hätte. Abweichend vom Landgericht hat das OLG nunmehr entschieden, dass die Mitverursachung nicht danach zu bemessen ist, welche unfallbedingten Verletzungen des Mädchens aus dem nicht angelegten Sicherheitsgurt resultieren. Vielmehr müsse in der Gesamtheit betrachtet werden, wie der Schaden entstanden ist. Dabei müssten alle Umstände abgewogen werden. Um eine so zu bildende Mithaftungsquote müssten die Ansprüche dann gekürzt werden.
Vorliegend hat das OLG die Mitverursachung des Mädchens mit 1/3 bemessen. Der Anteil des Unfallverursachers habe deutlich überwogen. Er habe die zulässige Geschwindigkeit von 80 km/h um mehr als 25 Prozent überschritten und eine Kurve geschnitten.
Durch das Grundurteil besteht die Möglichkeit, im Wege einer Nichtzulassungsbeschwerde ggf. die Überprüfung durch den Bundesgerichtshof herbeizuführen. Da die genauen gesundheitlichen Folgen für die Klägerin und auch ihre Verdienstchancen noch nicht feststehen, wird der Senat weiteren Beweis zu erheben haben. Ein entsprechender Beweisbeschluss, mit dem ein fachärztliches Gutachten beauftragt worden ist, ist ebenfalls verkündet worden.
Quelle | OLG Rostock, Grundurteil vom 25.10.19, 5 U 55/17, Abruf-Nr. 212530 unter www.iww.de.
Handynutzung: „Wegdrücken“ eines Anrufs beim Fahren ist eine Ordnungswidrigkeit
| Wer beim Fahren einen eingehenden Anruf auf seinem Mobiltelefon „wegdrückt“, handelt ordnungswidrig und kann mit einem Bußgeld belegt werden. |
Das ist das Ergebnis eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens vor dem Oberlandesgericht (OLG) Hamm. Die Richter machten in ihrer Begründung deutlich, dass ein Kraftfahrzeugführer ein Mobiltelefon bereits verbotswidrig nutzt, wenn seine beanstandete Handlung einen Bezug zu einer Funktion des Geräts hat. Damit sind nur solche Handlungen erlaubt, die keinen Zusammenhang zu einer bestimmungsgemäßen Nutzung des Geräts haben, z. B. das bloße Aufheben oder Umlagern. Entscheidend für den Vorwurf der Ordnungswidrigkeit ist, ob der Betroffene im Moment des Verstoßes beide Hände frei hat, um seine Fahraufgabe bewältigen zu können.
Quelle | OLG Hamm, Beschluss vom 26.9.2019, 4 RBs 307/19, Abruf-Nr. 212529 unter www.iww.de.
Steuerrecht
Aktuelle Gesetzgebung: Jahressteuergesetz 2019 und Soli-Rückführung sind beschlossen – Klimapakets vorerst ausgebremst
| Am 29.11.2019 hat der Bundesrat dem Jahressteuergesetz 2019 zugestimmt. Und auch das Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 ist beschlossene Sache. Das Gesetz zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht (u. a. Erhöhung der Pendlerpauschale und Förderung der energetischen Sanierung) geht dagegen in den Vermittlungsausschuss. |
Ein Grund für die Anrufung des Vermittlungsausschusses ist die Frage der Lastenverteilung zwischen Bund und Ländern bei der Steuerbegünstigung für energetische Gebäudesanierungsmaßnahmen. Ob das Gesetzgebungsverfahren noch bis zum Jahresende abgeschlossen werden kann, ist fraglich.
Auch die vom Bundesrat gebilligte Rückführung des Solidaritätszuschlags ab 2021 ist während des Gesetzgebungsverfahrens auf Kritik gestoßen. Denn die Ergänzungsabgabe entfällt nur für rund 90 Prozent der heutigen Zahler vollständig. Für weitere 6,5 Prozent entfällt der Zuschlag zumindest in Teilen. Der Solidaritätszuschlag hat dann den Charakter einer Reichensteuer. Der Bundesrechnungshof wies in der öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am 4.11.2019 darauf hin, dass der Bund Gefahr laufe, zu einer milliardenschweren Steuerrückzahlung verurteilt zu werden.
Quelle | Bundesratfri
Arbeitnehmer: Mietkosten können auch nach Ende der doppelten Haushaltsführung abziehbar sein
| Die Miete für eine im Rahmen der doppelten Haushaltsführung genutzte Wohnung kann nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses für die Dauer einer neuen Arbeitsplatzsuche als vorweggenommene Werbungskosten abgezogen werden. So lautet zumindest die Ansicht des Finanzgerichts (FG) Münster. |
Hintergrund: Eine doppelte Haushaltsführung liegt nur vor, wenn der Steuerpflichtige außerhalb des Ortes, an dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beruflich tätig ist und auch am Ort der beruflichen Tätigkeit wohnt. Befindet sich am Beschäftigungsort zugleich der Lebensmittelpunkt, scheidet eine doppelte Haushaltsführung aus. Die Unterkunftskosten sind bis maximal 1.000 EUR im Monat als Werbungskosten abziehbar.
Im Fall des FG behielt der Steuerpflichtige nach der Kündigung durch den Arbeitgeber zum 31.8.2015 seine Wohnung am Arbeitsort in Berlin bei. Er bewarb sich auf eine Vielzahl von Arbeitsplätzen im gesamten Bundesgebiet, von denen drei in der näheren Umgebung des Zweitwohnsitzes lagen. Nachdem der Steuerpflichtige im Dezember 2015 eine Zusage für eine Stelle in Hessen zum 1.1.2016 erhalten hatte, kündigte er die Mietwohnung fristgerecht zum 29.2.2016.
Das Finanzamt erkannte die Mietkosten für die Wohnung in Berlin nur bis zum Ende der mietvertraglichen Kündigungsfrist der Wohnung und damit bis einschließlich November 2015 an. Der Steuerpflichtige begehrte aber einen Werbungskostenabzug auch für die Dezembermiete.
Das FG Münster bestätigte die Sichtweise des Steuerpflichtigen. Zwar war die Miete für Dezember 2015 nicht mehr durch die doppelte Haushaltsführung veranlasst. Bei den Aufwendungen handelt es sich jedoch um vorweggenommene Werbungskosten. Denn der Steuerpflichtige hatte sich weiterhin auf Arbeitsstellen in Berlin und Umgebung beworben und die Wohnung unmittelbar nach Zusage einer neuen Arbeitsstelle an einem anderen Ort gekündigt.
Aus diesem Grund wird die etwaige Privatnutzung der Wohnung (etwa für mögliche Wochenendbesuche) überlagert. Zu berücksichtigen, so das FG, ist auch, dass eine vorzeitige Kündigung und eine etwaige Neuanmietung einer anderen Wohnung teurer gewesen wären als die Beibehaltung der verhältnismäßig günstigen Wohnung.
Beachten Sie | Ob die vorgenannten Ausführungen auch für die Monate Januar und Februar 2016 gelten, brauchte das FG nicht zu entscheiden, da die Klage ausschließlich das Jahr 2015 umfasste.
Die Entscheidung ist inzwischen rechtskräftig. Das FG hatte jedoch die Revision im Hinblick auf das beim Bundesfinanzhof anhängige Revisionsverfahren (Az. VI R 1/18) zugelassen. Hier geht es um die Frage, ob Werbungskosten abzugsfähig sind, wenn zwar die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung nicht vorliegen, die Wohnung aber aus ausschließlich beruflichen Gründen vorgehalten wird.
Quelle | FG Münster, Urteil vom 12.6.2019, 7 K 57/18 E, Abruf-Nr. 209927 unter www.iww.de.
Aktuelle Gesetzgebung: Beitrag zur Arbeitslosenversicherung sinkt
| Der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung sinkt ab dem 1.1.2020 um 0,1 Prozent auf dann 2,4 Prozent (1,2 Prozent für Arbeitgeber und 1,2 Prozent für Arbeitnehmer). |
Diese Regelung gilt befristet bis Ende 2022.
Quelle | Bundesregierung
Baukindergeld: Anträge auf Baukindergeld: Ablehnungsquote liegt bei 3 %
| Damit Familien mit Kindern das eigene Zuhause leichter finanzieren können, gewährt der Staat mit dem Baukindergeld einen Zuschuss, der nicht zurückgezahlt werden muss. Bis 31.7.2019 sind 123.754 Anträge auf Baukindergeld bei der KfW eingegangen. Die Ablehnungsquote liegt bei rund 3 Prozent. Das hat die Bundesregierung in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion klargestellt. |
Die Ablehnungen erfolgen, da die eingereichten Dokumente nicht mit den zuvor bei Antragstellung im Zuschussportal durch den Antragsteller erfassten und bestätigten Angaben übereinstimmen und somit die Förderungsbedingungen nicht eingehalten werden.
Informationen zum Baukindergeld (Voraussetzungen, Förderhöhe, Antragstellung etc.) erhalten Sie unter www.iww.de/s3188.
Quelle | Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Stefan Ruppert, Christian Dürr, Renata Alt und der Fraktion der FDP vom 16.6.2019, BT-Drs. 19/13239
Arbeitnehmer: Merkblatt zur Steuerklassenwahl 2020 für Ehegatten und Lebenspartner
| Das von der Finanzverwaltung veröffentlichte „Merkblatt zur Steuerklassenwahl für das Jahr 2020 bei Ehegatten oder Lebenspartnern, die beide Arbeitnehmer sind“, soll die Steuerklassenwahl erleichtern. Das Merkblatt kann unter www.iww.de/s3142 heruntergeladen werden. |
Die in der Anlage des Merkblatts beigefügten Tabellen sind allerdings nur in den Fällen genau, in denen die Monatslöhne über das ganze Jahr konstant bleiben. Zudem besagt die während des Jahres einbehaltene Lohnsteuer noch nichts über die Höhe der Jahressteuerschuld. Denn die vom Arbeitslohn einbehaltenen Lohnsteuerbeträge stellen grundsätzlich nur Vorauszahlungen auf die endgültige Jahressteuerschuld dar. In welcher Höhe sich nach Ablauf des Jahres Erstattungen oder Nachzahlungen ergeben, lässt sich nicht allgemein sagen. Hier kommt es immer auf die Verhältnisse des Einzelfalls an.
Zudem ist zu bedenken, dass die jeweiligen Lohnsteuerklassen auch Einfluss auf die Höhe von Lohnersatzleistungen und Elterngeld haben können.
Beachten Sie | Anträge zum Steuerklassenwechsel sind an das Finanzamt zu richten, in dessen Bezirk die Ehegatten oder Lebenspartner im Zeitpunkt der Antragstellung ihren Wohnsitz (Wohnsitzfinanzamt) haben.
Bis dato ist ein Steuerklassenwechsel grundsätzlich nur einmal im Jahr möglich. Allerdings bestehen eine Reihe von Ausnahmen, die Ehegatten und Lebenspartnern zusätzliche Steuerklassenwechsel im Laufe eines Kalenderjahres ermöglichen, um so auf Änderungen im persönlichen Bereich (z. B. Arbeitslosigkeit, Elternzeit, Wiederaufnahme eines Dienstverhältnisses, Tod eines Ehegatten, Trennung) zu reagieren.
Durch das „Dritte Bürokratieentlastungsgesetz“ hat der Gesetzgeber nun eine Änderung vorgenommen: Mit Wirkung ab dem 1.1.2020 ist das Recht auf einen Steuerklassenwechsel bei Ehegatten und Lebenspartnern nicht mehr auf einen Wechsel pro Kalenderjahr beschränkt.
Quelle | Drittes Gesetz zur Entlastung insbesondere der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie (Drittes Bürokratieentlastungsgesetz) vom 22.11.2019, BGBl I 2019, S. 1746
Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht
Büroführung: Dienstreise ins EU-Ausland: A1-Bescheinigung schützt Sie vor hohen Bußgeldern
| Wenn Sie oder einer Ihrer Mitarbeiter eine Dienstreise ins EU-Ausland antreten, sollten Sie eine „A1-Bescheinigung“ mit sich führen. Damit weisen Sie gegenüber den ausländischen Zollbeamten nach, dass Sie in Deutschland sozialversichert sind. Besonders streng wird das Vorliegen der Bescheinigung nach Recherchen von PBP derzeit in Frankreich, Österreich und der Schweiz geprüft. Strafen (= Bußgelder) drohen selbst, wenn Sie sich nur kurz im Ausland beruflich aufhalten und keine A1-Bescheinigung haben. Beantragen Sie diese deshalb möglichst rechtzeitig. |
Was steckt hinter der A1-Bescheinigung?
Die Dienstleistungs- und Arbeitsmärkte in Europa wachsen weiter zusammen. Deshalb ist die EU-Entsenderichtlinie überarbeitet worden. Sie regelt, dass jemand, der im Ausland eine Beschäftigung ausübt, auch den dortigen Lohn- und Arbeitsbedingungen unterliegt; sich also dort sozialversichern muss. Eine Ausnahme gilt, wenn Sie über die A1-Bescheinigung nachweisen, dass Deutschland für Sie und Ihre Mitarbeiter zuständig ist.
Wo und wie wird kontrolliert und welche Strafen drohen?
Die A1-Bescheinigung brauchen Sie, wenn Sie im EU-Ausland, den EWR-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen sowie der Schweiz tätig werden; egal wie lang. Ein Tag reicht. Kontrolliert wird die Bescheinigung von den dortigen Zollbehörden. Die Kontrollen können überall stattfinden; z. B. beim Grenzübertritt, auf einer Baustelle, auf einer Tagung oder auch im Hotel.
Die Strafen richten sich nach den nationalen Bestimmungen. Es sind Fälle bekannt, in denen ein Bußgeld von 3.000 EUR verhängt worden ist.
Wo bekommen Sie die Bescheinigung?
Für jede Auslandsreise brauchen Sie eine neue Bestätigung. Zuständig für die A1-Bescheinigung ist die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland (DVKA www.dvka.de). Dort stellen Sie den Antrag, und zwar elektronisch. Rechnen Sie ein paar Puffertage ein. Die Bescheinigung wird nämlich aus Gründen des Datenschutzes mit der Post versendet.
Können Sie die Bescheinigung auch nachreichen?
Im Prinzip „ja“, in der Realität aber oft „Nein“. Das liegt daran, dass einige Länder nationale Umsetzungsvorschriften erlassen haben. Und in denen ist dann oft geregelt, dass die nachträgliche Vorlage der A1-Bescheinigung nicht akzeptiert wird. Das gilt z. B. für Frankreich und Österreich.
aktuelle Gesetzgebung: Auskünfte zur Betriebseröffnung: Einführung einer elektronischen Übermittlungspflicht
| Bei der Aufnahme einer gewerblichen, selbstständigen (freiberuflichen) oder land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit wurde der Steuerpflichtige vom Finanzamt bis dato grundsätzlich dazu aufgefordert, in einem „Fragebogen zur steuerlichen Erfassung“ weitere Auskünfte zu erteilen. Durch das „Dritte Bürokratieentlastungsgesetz“ ergibt sich nun eine Änderung. Das Finanzamt muss nicht mehr auffordern, sondern der Steuerpflichtige muss die Auskünfte nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz über die amtlich bestimmte Schnittstelle übermitteln. |
Die Mitteilung muss innerhalb eines Monats nach der Betriebseröffnung erfolgen.
Um unbillige Härten zu vermeiden, kann das Finanzamt auf eine Übermittlung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz über die amtlich bestimmte Schnittstelle verzichten. In diesem Fall sind die Auskünfte nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben.
Inkrafttreten: Die Neuregelung tritt grundsätzlich am 1.1.2020 in Kraft. Weil die technischen und organisatorischen Vorbereitungen zur Umsetzung der elektronischen Mitteilung jedoch einige Zeit benötigen, wird das Bundesfinanzministerium den Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung in einem Schreiben mitteilen, das im Bundessteuerblatt veröffentlicht wird. Bis dahin sind die Auskünfte nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu erteilen.
Quelle | Drittes Gesetz zur Entlastung insbesondere der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie (Drittes Bürokratieentlastungsgesetz) vom 22.11.2019, BGBl I 2019, S. 1746
Gesetzliche Unfallversicherung: Unfallversicherungsschutz besteht auch an einem „Probearbeitstag“
| Ein Arbeitsuchender, der in einem Unternehmen einen „Probearbeitstag“ verrichtet und sich dabei verletzt, ist gesetzlich unfallversichert.
Dies hat das Bundessozialgericht im Fall eines Mannes entschieden, der zwar nicht als Beschäftigter unter Versicherungsschutz gestanden hatte, als er an dem „Probearbeitstag“ Mülltonnen transportierte und dabei vom Lkw stürzte. Es lag kein Beschäftigungsverhältnis vor, weil der Mann noch nicht auf Dauer in den Betrieb des Entsorgungsunternehmers eingegliedert war.
Da der Mann aber eine dem Entsorgungsunternehmer dienende, dessen Willen entsprechende Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert erbracht hat, die einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis ähnlich ist, war er als „Wie-Beschäftigter“ gesetzlich unfallversichert. Insbesondere lag die Tätigkeit nicht nur im Eigeninteresse des Mannes, eine dauerhafte Beschäftigung zu erlangen. Denn der Probearbeitstag sollte gerade auch dem Unternehmer die Auswahl eines geeigneten Bewerbers ermöglichen und hatte damit für ihn einen objektiv wirtschaftlichen Wert.
Quelle | BSG, Urteil vom 20.8.2019, B 2 U 1/18, Abruf-Nr. 210724 unter www.iww.de.
Aktuelle Gesetzgebung: Belegausgabepflicht ab 1.1.2020: Finanzverwaltung wird keine Bußgelder verhängen
| Ab dem 1.1.2020 muss jedem Kunden ein Beleg ausgehändigt werden. Der Kunde entscheidet dann eigenständig darüber, was er mit dem Beleg macht. Dies gilt sowohl für größere Unternehmen als auch für „den Bäcker an der Ecke“, der einem Kunden Brötchen verkauft. Die Finanzverwaltung hat aber nun darauf hingewiesen, dass ein Verstoß gegen die Belegausgabepflicht nicht bußgeldbewehrt ist. |
1. Hintergrund zur neuen Belegausgabepflicht
Die Belegausgabepflicht muss derjenige befolgen, der Geschäftsvorfälle mithilfe eines elektronischen Aufzeichnungssystems im Sinne des § 146a Abs. 1 der Abgabenordnung erfasst. Dies sind z. B. elektronische oder computergestützte Kassensysteme und Registrierkassen.
Beachten Sie | Wer also eine „offene Ladenkasse“ (auch Schubladenkasse genannt) benutzt, ist von der Belegausgabepflicht nicht betroffen.
Der Beleg kann elektronisch oder in Papierform zur Verfügung gestellt werden. Ein elektronischer Beleg gilt als bereitgestellt, wenn dem Kunden die Möglichkeit der Entgegennahme gegeben wird. Unabhängig von der Entgegennahme ist der elektronische Beleg in jedem Fall zu erstellen. Die Sichtbarmachung eines Belegs an einem Bildschirm des Unternehmers (Terminal/Kassendisplay) allein reicht nicht aus.
Bei einem Papierbeleg reicht das Angebot zur Entgegennahme aus, wenn der Beleg zuvor erstellt und ausgedruckt wurde. Eine Pflicht zur Belegannahme durch den Kunden sowie zur Aufbewahrung besteht nicht. Es besteht auch keine Aufbewahrungspflicht des Belegausstellers für nicht entgegengenommene Papierbelege.
Beachten Sie | Diese und weitere Punkte (wie die Anforderungen an den Beleg) hat das Bundesfinanzministerium in einem Anwendungserlass vom 17.6.2019 geregelt.
2. Befreiungsmöglichkeiten und Sanktionen
Bei einem Verkauf von Waren an eine Vielzahl nicht bekannter Personen können die Finanzbehörden Unternehmen aus Zumutbarkeitsgründen von der Belegausgabepflicht befreien.
Eine Befreiung kommt nur bei einer sachlichen oder persönlichen Härte für den Steuerpflichtigen in Betracht. Ob eine solche vorliegt, ist eine Frage des Einzelfalls und von den Finanzbehörden vor Ort zu prüfen. So heißt es in einem Fragen-Antworten-Katalog, in dem das Bundesfinanzministerium Fragen zur Belegausgabepflicht beantwortet hat.
Und noch eine Frage ist interessant: „Was passiert, wenn der Ausgabepflicht nicht entsprochen wird?“ Hier lautet die Antwort: „Der Verstoß gegen die Belegausgabepflicht ist nicht bußgeldbewehrt. Er könnte aber als Indiz dafür gewertet werden, dass den Aufzeichnungspflichten nicht entsprochen wurde.“
Beachten Sie | Bei Betriebsprüfungen listen Prüfer nicht selten eine Vielzahl von formellen Mängeln auf insbesondere im Zusammenhang mit der Kassenführung. Ob diese Mängel dann zu einer Hinzuschätzung berechtigen, kann nicht allgemein beantwortet werden, sondern hängt vom Einzelfall ab.
Quelle | FAQ des BMF vom 19.11.2019, unter www.iww.de/s3148; BMF-Schreiben vom 17.6.2019, Az. IV A 4 – S 0316-a/18/10001
Abschließende Hinweise
Berechnung der Verzugszinsen
| Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten. |
Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Juli 2019 bis zum 31. Dezember 2019 beträgt -0,88 Prozent. Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:
- für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 4,12 Prozent
- für einen grundpfandrechtlich gesicherten Verbraucherdarlehensvertrag (§ 497 Abs. 1 BGB): 1,12 Prozent
- für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 8,12 Prozent
Nachfolgend ein Überblick zur Berechnung von Verzugszinsen (Basiszinssätze).
Übersicht / Basiszinssätze | |
Zeitraum |
Zinssatz |
01.01.2019 bis 30.06.2019 |
-0,88 Prozent |
01.07.2018 bis 31.12.2018 |
-0,88 Prozent |
01.01.2018 bis 30.06.2018 |
-0,88 Prozent |
01.07.2017 bis 31.12.2017 |
-0,88 Prozent |
01.01.2017 bis 30.06.2017 |
-0,88 Prozent |
01.07.2016 bis 31.12.2016 |
-0,88 Prozent |
01.01.2016 bis 30.06.2016 |
-0,83 Prozent |
01.07.2015 bis 31.12.2015 |
-0,83 Prozent |
01.01.2015 bis 30.06.2015 |
-0,83 Prozent |
01.07.2014 bis 31.12.2014 |
-0,73 Prozent |
01.01.2014 bis 30.06.2014 |
-0,63 Prozent |
01.07.2013 bis 31.12.2013 |
-0,38 Prozent |
01.01.2013 bis 30.06.2013 |
-0,13 Prozent |
01.07.2012 bis 31.12.2012 |
0,12 Prozent |
01.01.2012 bis 30.06.2012 |
0,12 Prozent |
01.07.2011 bis 31.12.2011 |
0,37 Prozent |
01.01.2011 bis 30.06.2011 |
0,12 Prozent |
01.07 2010 bis 31.12.2010 |
0,12 Prozent |
01.01.2010 bis 30.06.2010 |
0,12 Prozent |
01.07 2009 bis 31.12.2009 |
0,12 Prozent |
01.01.2009 bis 30.06.2009 |
1,62 Prozent |
01.07.2008 bis 31.12.2008 |
3,19 Prozent |
01.01.2008 bis 30.06.2008 |
3,32 Prozent |
01.07.2007 bis 31.12.2007 |
3,19 Prozent |
01.01.2007 bis 30.06.2007 |
2,70 Prozent |
01.07.2006 bis 31.12.2006 |
1,95 Prozent |
01.01.2006 bis 30.06.2006 |
1,37 Prozent |
Steuern und Beiträge Sozialversicherung: Fälligkeitstermine in 01/2020
| Im Monat Januar 2020 sollten Sie insbesondere folgende Fälligkeitstermine beachten: |
Steuertermine (Fälligkeit):
- Umsatzsteuer (Monatszahler): 10.1.2020
- Lohnsteuer (Monatszahler): 10.1.2020
Bei einer Scheckzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstermin vorliegen.
Beachten Sie | Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung endet am 13.1.2020. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Zahlung per Scheck gilt.
Beiträge Sozialversicherung (Fälligkeit):
Sozialversicherungsbeiträge sind spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des laufenden Monats fällig, für den Beitragsmonat Januar 2020 am 29.1.2020.