Ausgabe 12/2022

Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 12/2022:

Arbeitsrecht

Baurecht

Familien- und Erbrecht

Mietrecht und WEG

Verbraucherrecht

Verkehrsrecht

Steuerrecht

Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht

Abschließende Hinweise

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Arbeitsrecht

Gesetzlich festgelegte Höchstdauer: Verlängerung einer Arbeitnehmerüberlassung durch Tarifvertrag

| Bei einer vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung kann in einem Tarifvertrag der Tarifvertragsparteien der Einsatzbranche abweichend von der gesetzlich zulässigen Dauer von 18 Monaten eine andere Überlassungshöchstdauer vereinbart werden. Diese ist auch für den überlassenen Arbeitnehmer und dessen Arbeitgeber (Verleiher) unabhängig von deren Tarifgebundenheit maßgebend. So entschied es nun das Bundesarbeitsgericht (BAG). |

Der Kläger war der Beklagten ab Mai 2017 für knapp 24 Monate als Leiharbeitnehmer überlassen. Die Beklagte ist Mitglied im Verband der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg e.V. (Südwestmetall). In ihrem Unternehmen galt daher der zwischen Südwestmetall und der Industriegewerkschaft Metall (IG Metall) geschlossene „Tarifvertrag Leih-/Zeitarbeit“. Der Tarifvertrag regelt unter anderem, dass die Dauer einer Arbeitnehmerüberlassung 48 Monate nicht überschreiten darf. Der Kläger will mit seiner Klage festgestellt wissen, dass zwischen ihm und der Beklagten (Entleiherin) aufgrund Überschreitung der gesetzlichen Höchstüberlassungsdauer kraft Gesetzes (hier: § 9 Abs. 1 Nr. 1b, § 10 Abs. 1 S. 1 Gesetz zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung (AÜG)) ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen sei. Der Tarifvertrag Leih-/Zeitarbeit gelte für ihn mangels Mitgliedschaft in der IG Metall nicht. Zudem sei die dem Tarifvertrag zugrunde liegende Regelung (hier: § 1 Abs. 1b S. 3 AÜG) verfassungswidrig. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Die Revision des Klägers hatte vor dem BAG keinen Erfolg. Südwestmetall und IG Metall konnten die Überlassungshöchstdauer für den Einsatz von Leiharbeitnehmern bei der Beklagten durch Tarifvertrag mit Wirkung auch für den Kläger und dessen Arbeitgeberin (Verleiherin) verlängern. Bei § 1 Abs. 1b S. 3 AÜG handelt es sich um eine vom Gesetzgeber außerhalb des Tarifvertragsgesetzes vorgesehene Regelungsermächtigung, die den Tarifvertragsparteien der Einsatzbranche nicht nur gestattet, die Überlassungshöchstdauer abweichend von § 1 Abs. 1b S. 1 AÜG verbindlich für tarifgebundene Entleihunternehmen, sondern auch für Verleiher und Leiharbeitnehmer mittels Tarifvertrag zu regeln, ohne dass es auf deren Tarifgebundenheit ankommt. Die gesetzliche Regelung ist unionsrechts- und verfassungskonform. Die vereinbarte Höchstüberlassungsdauer von 48 Monaten hält sich im Rahmen der gesetzlichen Regelungsbefugnis.

Quelle | BAG, Urteil vom 14.9.2022, 4 AZR 83/21, PM 37/22

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Infektionsschutzgesetz: Keine Pflicht, ungeimpftes Pflegepersonal in Seniorenheim zu beschäftigen

| Die Corona-Pandemie wird in vielerlei Hinsicht die Gerichte noch längere Zeit beschäftigen. Besonders im Arbeitsrecht birgt die Pandemie zum Beispiel mit Quarantäneregelungen und teilweiser Impfpflicht ein hohes Streitpotenzial. Das Hessische Landesarbeitsgericht (LAG) hat jetzt in zwei Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz die Anträge von in der Pflege tätigen Klägern abgewiesen. Diese werden von ihrer Arbeitgeberin nicht mehr in deren Seniorenheim eingesetzt. Daher verlangten die Kläger durch Eilanträge, dass sie zunächst weiter beschäftigt werden müssten. |

Die Kläger haben sich nicht gegen SARS-CoV-2 impfen lassen. Die Betreiberin des Seniorenheims hatte sie seit dem 16.3.2022 freigestellt. Dies begründete sie mit der seit 15.3.2022 bestehenden Pflicht nach dem Infektionsschutzgesetz (§ 20a IfG), wonach Personen, die in Einrichtungen zur Unterbringung älterer, behinderter oder pflegebedürftiger Menschen arbeiten, über einen Impfnachweis oder z.B. einen Genesenennachweis verfügen müssen. Hiergegen hatten die Kläger in Eilverfahren bei dem Arbeitsgericht (ArbG) Gießen geklagt.

Das Arbeitsgericht (ArbG) Gießen hatte die Anträge abgewiesen. Das LAG als Berufungsgericht hat diese Urteile nun bestätigt. Die Arbeitnehmer hätten keinen Anspruch darauf, in ihrem Arbeitsverhältnis beschäftigt zu werden. Der erforderliche Impfnachweis wirke wie eine berufliche Tätigkeitsvoraussetzung. Bei der Abwägung der Interessen habe die Arbeitgeberin die Arbeitnehmer freistellen dürfen. Das schützenswerte Interesse der Bewohnerinnen und Bewohner des Seniorenheims, vor einer Gefährdung ihrer Gesundheit und ihres Lebens bewahrt zu werden, überwiege das Interesse der Pflegekräfte, ihre Tätigkeit ausüben zu können.

Beachten Sie | Die Entscheidungen des LAG sind rechtskräftig. Eine Revision zum Bundearbeitsgericht (BAG) ist in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht möglich.

Quelle | Hessisches LAG, Urteile vom 11.8.2022, 5 SaGa 728/22 und 7 SaGa 729/22

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Corona-Kontaktperson: Behördlich angeordnete Quarantäne während des Urlaubs

| Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gerichtet, um die Frage klären zu lassen, ob aus dem Unionsrecht die Verpflichtung des Arbeitgebers abzuleiten ist, einem Arbeitnehmer bezahlten Erholungsurlaub nachzugewähren, der zwar während des Urlaubs selbst nicht erkrankt ist, in dieser Zeit aber eine behördlich angeordnete häusliche Quarantäne einzuhalten hatte. |

Der Kläger ist seit 1993 bei der Beklagten als Schlosser beschäftigt. Auf seinen Antrag bewilligte ihm die Beklagte acht Tage Erholungsurlaub für die Zeit vom 12. bis zum 21.10.2020. Mit Bescheid vom 14.10.2020 ordnete die Stadt Hagen die Absonderung des Klägers in häusliche Quarantäne für die Zeit vom 9. bis zum 21.10.2020 an, weil er zu einer mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infizierten Person Kontakt hatte. Für die Zeit der Quarantäne war es dem Kläger untersagt, seine Wohnung ohne ausdrückliche Zustimmung des Gesundheitsamts zu verlassen und Besuch von haushaltsfremden Personen zu empfangen. Die Beklagte belastete das Urlaubskonto des Klägers mit acht Tagen und zahlte ihm das Urlaubsentgelt.

Der Kläger hat die auf Wiedergutschrift der Urlaubstage auf seinem Urlaubskonto gerichtete Klage darauf gestützt, es sei ihm nicht möglich gewesen, seinen Urlaub selbstbestimmt zu gestalten. Die Situation bei einer Quarantäneanordnung sei der infolge einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit vergleichbar. Der Arbeitgeber müsse ihm deshalb entsprechend dem Bundesurlaubsgesetz (hier: § 9 BurlG), dem zufolge ärztlich attestierte Krankheitszeiten während des Urlaubs nicht auf den Jahresurlaub angerechnet werden dürfen, nachgewähren.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) ist dieser Auffassung gefolgt und hat der Klage stattgegeben. Für das BAG ist die Frage entscheidungserheblich: Steht es mit europäischem Recht im Einklang, wenn vom Arbeitgeber bewilligter Jahresurlaub, der sich mit einer nach Urlaubsbewilligung behördlich angeordneten häuslichen Quarantäne zeitlich überschneidet, nach nationalem Recht nicht nachzugewähren ist, weil der betroffene Arbeitnehmer selbst nicht krank war? Diese Frage muss nun der EuGH beantworten.

Quelle | BAG, Beschluss vom 16.8.2022, 9 AZR 76/22 (A), PM 30/22 vom 16.8.2022

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Kündigungsschutzklage: Redakteurin: Kündigung wegen Vorwurf antisemitischer Äußerung?

| Das Arbeitsgericht (ArbG) Berlin hat die Kündigung einer Redakteurin des Senders Deutsche Welle für unwirksam erklärt. Die Redakteurin hatte sich bereits vor ihrem Arbeitsverhältnis antesemitisch geäußert. |

Kündigungsschutzklage war erfolgreich

Der Sender hat zur Begründung der Kündigung geltend gemacht, die Redakteurin habe sich mehrfach israelfeindlich und antisemitisch in anderen Medien geäußert. Dies widerspreche den Grundsätzen der Deutschen Welle, wie sie ausdrücklich in Guidelines und Positionspapieren festgehalten seien. Das ArbG hat jedoch der Kündigungsschutzklage stattgegeben und den Sender zur Weiterbeschäftigung der Redakteurin verurteilt.

Es bestand noch kein Vertragsverhältnis

Das ArbG: Antisemitische Äußerungen könnten ein Grund für eine außerordentliche Kündigung sein. Wenn es nicht um Äußerungen im Rahmen der Arbeit für den Sender gehe, könne hierin eine Verletzung von Loyalitätspflichten liegen. Soweit es aber um Äußerungen gehe, die vor Bestehen eines Vertragsverhältnisses zum Sender erfolgt seien, fehle es mangels bestehenden Vertrags zu dieser Zeit an einer für eine verhaltensbedingte Kündigung erforderlichen Vertragspflichtverletzung.

Personalrat wurde nicht hinzugezogen

Eine personenbedingte Kündigung hatte die Beklagte nicht ausgesprochen und dazu auch nicht ihren Personalrat beteiligt. Auch bei Äußerungen während einer vorherigen Beschäftigung auf Honorarbasis könne nicht ohne Weiteres ein „Durchschlagen“ als Pflichtverletzung auf ein späteres Arbeitsverhältnis angenommen werden. Zudem müsse jeweils eine Bewertung der Umstände des Einzelfalls unter Beachtung des Zusammenhangs von Äußerungen erfolgen.

Redakteurin hatte sich distanziert

Wenn man berücksichtige, dass die Redakteurin sich in einer für die Öffentlichkeit bestimmten Erklärung von früheren Äußerungen distanziert habe und keine Abmahnung vorliege, sei die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der beiderseitigen Interessen zumutbar. Im Hinblick hierauf könne keine negative Prognose für ein künftig zu erwartendes Fehlverhalten gestellt werden.

Weder Abmahnung noch Fristwahrung

Unabhängig hiervon sei für die außerordentliche Kündigung die Frist von zwei Wochen ab Kenntnis der maßgeblichen Umstände nicht eingehalten. In Bezug auf die gegenüber der klagenden Redakteurin erhobenen Vorwürfe erschließe sich die Erforderlichkeit der vorherigen zweimonatigen Untersuchung nicht, von der der Sender ausgegangen war.

Quelle | ArbG Berlin, Urteil vom 5.9.2022, 22 Ca 1647/22, PM 28/22 vom 3.11.2022

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Baurecht

Saunalandschaft: Fliesentauglichkeit: Architekt muss kein Labor beauftragen

| Im Rahmen seiner Aufgaben der Planung muss der Architekt auch die Materialien auswählen, die für die Maßnahme geeignet sind. Auf das Datenblatt eines Baustoffherstellers darf sich der Architekt dabei verlassen. Er muss nicht alle Baustoffe durch ein Labor auf das Vorhandensein der vom Hersteller zugesicherten Angaben prüfen lassen. Das hat jetzt das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe festgestellt. |

Ein Architekt wurde mit den Leistungsphasen 1 bis 8 nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) und mit einem Fliesengewerk bei der Sanierung einer Saunalandschaft beauftragt. Die Fliesen sollten säure- bzw. chemiebeständig sein. Der Architekt wählte ein Fabrikat, das nach dem Datenblatt des Herstellers diese Anforderungen erfüllte. Er legte sie der Ausschreibung zugrunde. Nach Abnahme der Leistungen zeigten sich Ausblühungen und die Fliesen lösten sich ab. Der Betreiber verklagte den Architekten auf Kostenvorschuss wegen Planungs- und Überwachungsfehlern und den Fliesenleger wegen Ausführungsfehlern.

Das OLG sprach den Architekten mit den eingangs genannten Erwägungen von Planungs- und Überwachungsfehlern frei. Würde man dies anders sehen, wäre die Folge, dass ein Architekt verpflichtet wäre, beinahe alle verwendeten Baustoffe durch ein Labor prüfen zu lassen. Damit wäre aber ein unverhältnismäßiger Aufwand verbunden.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Quelle | OLG Karlsruhe, Beschluss vom 20.9.2021, 4 U 199/20, Abruf-Nr. 230595 unter www.iww.de

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Lärmimmissionen: Keine Lärmsanierung nach Errichtung eines Buswendeplatzes

| Der Kläger, Eigentümer eines Wohngrundstücks, hat keinen Anspruch gegen den beklagten Landkreis auf Durchführung von Maßnahmen zum Schutz vor Lärmimmissionen, die durch den Betrieb eines Buswendeplatzes in der Nähe seines Grundstücks hervorgerufen werden. Dies entschied das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz. |

Das Grundstück des Klägers liegt in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Mischgebiet; allerdings findet sich dort ausschließlich Wohnbebauung. Nachdem im Jahr 2016 die entsprechenden bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen geschaffen worden waren, wurde für den Öffentlichen Personennahverkehr und den darin integrierten Schülerverkehr in der am Grundstück des Klägers entlangführenden Straße ein Buswendeplatz errichtet. Daraufhin stellte der Kläger bei dem beklagten Landkreis einen Antrag auf Maßnahmen zum Schutz vor den durch den Buswendeplatz verursachten Emissionen. Nachdem sein Antrag erfolglos geblieben war, verfolgte der Kläger sein Begehren auf dem Klageweg weiter.

Das VG wies die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die begehrte Lärmsanierung. Zwar sei nach Errichtung des Buswendeplatzes und dem dadurch erhöhten Verkehrsaufkommen durch Busse eine deutliche Lärmsteigerung eingetreten. Jedoch würden die maßgeblichen Beurteilungspegel nicht überschritten. Dies gelte unabhängig davon, ob die Beurteilungspegel für ein Mischgebiet (64 dB(A) am Tag und 54 dB(A) in der Nacht) oder für ein reines oder allgemeines Wohngebiet (59 dB(A) am Tag und 49 dB(A) in der Nacht) anzusetzen seien. Denn ungeachtet der Wirksamkeit der Mischgebietsfestsetzung im Bebauungsplan erreichten die Lärmimmissionen am Wohnhaus des Klägers nach einem von ihm nicht substanziiert angegriffenen schalltechnischen Gutachten lediglich Werte von 55 dB(A) tags und 47 dB(A) nachts. Selbst unter Berücksichtigung der Gesamtbelastung am Grundstück des Klägers erleide dieser keine Gesundheits- oder übermäßigen Eigentumsbeeinträchtigungen, die trotz Einhaltung der Immissionsgrenzwerte ausnahmsweise zu einem Lärmsanierungsanspruch führen könnten. Die vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) insoweit entwickelte Zumutbarkeitsschwelle liege nämlich bei hier nicht erreichten Werten von mindestens 67 dB(A) tags und 57 dB(A) nachts.

Quelle | VG Koblenz, Urteil vom 21.7.2022, 4 K 46/22.KO, PM 27/22

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Werkverträge: Vereinbarungen zur Fälligkeit – das ist möglich

| Vor allem bei einem Werk- oder Architektenvertrag können die Parteien die gesonderte Fälligkeit von Teilleistungen vereinbaren, die nicht am Ende der Vertragsdurchführung stehen, sondern einen Zwischenerfolg darstellen. Solche Vereinbarungen müssen nicht stets ausdrücklich, sondern können durchaus auch stillschweigend getroffen werden. Das hat nun das Kammergericht (KG) in Berlin klargestellt. |

Eine solche Vereinbarung setzt auch nicht voraus, dass die Parteien kalendermäßig eine Frist oder einen Termin bestimmt haben. Der Fälligkeitszeitpunkt der Teilleistung ist vielmehr durch Auslegung, notfalls mithilfe der gesetzlichen Vermutung des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§ 271 Abs. 1 BGB) zu bestimmen. Besser ist es daher, die Fälligkeit von Teilleistungen im Zweifel auch ausschließend ausdrücklich zu regeln.

Quelle | KG, Urteil vom 26.4.2022, 21 U 1030/20, Abruf-Nr. 229097 unter www.iww.de

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Haftung: Wenn der Baukran umfällt …

| Ein ordnungsgemäß montierter und auf stabilem Baugrund aufgebauter Kran fällt nicht ohne Weiteres um, auch nicht bei einem Sturm. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. festgestellt. Stürzt ein auf der Baustelle betriebener Turmdrehkran während Bauarbeiten um, spricht deshalb der sog. „Beweis des ersten Anscheins“ für einen Montage- und Aufbaufehler. |

In solchen Fällen kommen verschiedene Ursachen in Frage, die dann auch über die Haftung entscheiden. Zum „Beweis des ersten Anscheins“ gehören nicht nur die Pflichten des Aufstellers, sondern (je nach Einzelfall) auch, ob sich die Bauüberwachung im Rahmen ihrer eigenen Leistungen von der ordnungsgemäßen Aufstellung überzeugt hat.

Im Fall des OLG sprach der „Beweis des ersten Anscheins“ für einen Montage- und Aufbaufehler des ausführenden Unternehmens. Denn ein Sicherungsbolzen der Stahlkonstruktion des Krans am Ausleger war falsch montiert. Die Bauüberwachung war insoweit damit bis auf Weiteres außen vor. Die Kontrolle von Sicherungsbolzen am Kran kann der Bauüberwachung nicht zugeordnet werden.

Die Bauüberwachung wäre eventuell dann in den Fokus des Anscheinsbeweises gerückt, wenn statt des Sicherungsbolzens am Kranausleger das Kranfundament an der falschen Stelle entgegen der Vorgabe der Bauüberwachung (auf instabilem Baugrund ohne vorherige Prüfung) ausgeführt worden wäre.

Quelle | OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 11.7.2022, 29 U 222/19, Abruf-Nr. 231295 unter www.iww.de

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Familien- und Erbrecht

Testament: Alleinerbe – auch wenn andere ebenfalls etwas erben

| Auch wenn nach dem Wortlaut eines Testaments mehrere Personen etwas „erben“ sollen, kann die Auslegung ergeben, dass nur eine Person Alleinerbe werden sollte und die übrigen Begünstigten mit Vermächtnissen bedacht werden sollten. Hierfür spricht, wenn die einer Person zugewandten Vermögenswerte aus Sicht des Erblassers den wesentlichen Teil seines Nachlasses darstellen und diese Person nach dem Testament auch für die „Beerdigung und Folgekosten“ verantwortlich zeichnen sollte. So hat es das Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken entschieden. |

Was war geschehen?

Der Erblasser hatte ein privatschriftliches Testament errichtet. Darin bezeichnete er seine Lebensgefährtin als „Erbe“ für sein Haus. Nach dem weiteren Wortlaut „erbte“ diese auch das Barvermögen. Seine Grundstücke und Anteile daran „vererbe“ der Erblasser seinen Nichten und einem Neffen. Für die Beerdigung und Folgekosten zeichne seine Lebensgefährtin verantwortlich, heißt es in dem Testament weiter.

Testament nicht eindeutig: Auslegung erforderlich

Der Wortlaut des Testaments sei nicht eindeutig, was zur Auslegung nötige, so das OLG. Dafür, dass der Erblasser die Lebensgefährtin zu seiner Alleinerbin einsetzen wollte, spreche vor allem, dass die ihr ausdrücklich zugewandten Gegenstände das übrige Vermögen in ihrem Wert ganz erheblich übertreffen und vom Erblasser erkennbar als sein wesentlicher Nachlass angesehen wurden. Zudem komme es bei der Entscheidung, ob eine Person als Erbe eingesetzt ist, wesentlich darauf an, wer nach dem Willen des Erblassers den Nachlass regeln und die Nachlassschulden, zu denen auch die Bestattungskosten gehören, tilgen muss. Außerdem komme es darauf an, ob der Bedachte unmittelbar Rechte am Nachlass oder nur Ansprüche gegen andere Bedachte erwerben soll.

Quelle | OLG Saarbrücken, Beschluss vom 30.3.2022, 5 W 15/22, Abruf-Nr. 230785 unter www.iww.de

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Homosexuelle nichteheliche Beziehung: Künstliche Befruchtung: Neues zum Umgangsrecht

| Zeugen die Partner einer homosexuellen nichtehelichen Beziehung aufgrund eines gemeinsamen Entschlusses mittels künstlicher Befruchtung Kinder, bestimmt sich das Umgangsrecht des nicht rechtlichen Elternteils nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 1685 BGB). So hat es das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe entschieden und erläutert, welche Konsequenzen das hat. |

Was war geschehen?

Die Partner einer gleichgeschlechtlichen nichtehelichen Lebensgemeinschaft hatten einen gemeinsamen Kinderwunsch. Daher trug die eine Partnerin (P1) zwei im Wege der künstlichen Befruchtung gezeugte Kinder aus. Eine Stiefkindadoption erfolgte nicht. Bis zur Trennung versorgte, betreute und erzog die andere Partnerin (P2) die Kinder. Danach verweigerte P1 der P2 jeglichen Umgang mit den Kindern.

So entschied das Oberlandesgericht

Das OLG erkannte zwar, dass P2 eine enge Bezugsperson im Sinne der o. g. Vorschrift war. Denn es habe eine soziale-familiäre Beziehung bestanden. Es wäre darüber hinaus aber auch festzustellen gewesen, dass der Umgang von P2 mit den Kindern dem Kindeswohl dient. Zum Wohl des Kindes gehört der Umgang mit anderen Personen, zu denen es Bindungen besitzt. Dies gilt aber nur, wenn die Aufrechterhaltung der Bindungen für die Entwicklung der Kinder förderlich ist.

Kinder in Loyalitätskonflikten

Hierzu stelle das OLG fest: Angesichts der nicht aufgearbeiteten Trennung, der Konflikte auf der Paarebene, der strikten Ablehnung jeglichen Umgangs der P2 und des für die Kinder daraus resultierenden Loyalitätskonfliktes können keine Umgangskontakte stattfinden, die die Kinder nicht erheblich beeinträchtigen würden. Es ist zu erwarten, dass der Loyalitätskonflikt im Fall der Anordnung von Umgangskontakten durch die Kinder nicht aufgearbeitet, sondern sich durch die tatsächliche Umsetzung erzwungener Umgangskontakte weiter verschärfen würde.

Quelle | OLG Karlsruhe, Urteil vom 30.6.2022, 18 UF 22/22, Abruf-Nr. 230506 unter www.iww.de

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Erbschaftsteuerbefreiung: Kein Wegfall bei unzumutbarer Selbstnutzung des Familienheims

| Zieht der überlebende Ehepartner aus dem geerbten Familienheim aus, weil ihm dessen weitere Nutzung aus gesundheitlichen Gründen unmöglich oder unzumutbar ist, entfällt die ihm beim Erwerb des Hauses gewährte Erbschaftsteuerbefreiung nicht rückwirkend. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) nun entschieden. |

Die Klägerin hatte mit ihrem Ehemann ein Einfamilienhaus bewohnt und wurde nach dessen Tod aufgrund Testaments Alleineigentümerin. Nach knapp zwei Jahren veräußerte sie das Haus und zog in eine Eigentumswohnung. Die Klägerin berief sich gegenüber dem Finanzamt und dem Finanzgericht (FG) erfolglos darauf, sie habe wegen einer depressiven Erkrankung, die sich nach dem Tod ihres Ehemanns gerade durch die Umgebung des ehemals gemeinsam bewohnten Hauses verschlechtert habe, dieses auf ärztlichen Rat verlassen. Das FG war der Ansicht, es habe keine zwingenden Gründe für den Auszug gegeben, da der Klägerin nicht die Führung eines Haushalts schlechthin unmöglich gewesen sei.

Der BFH hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. Grundsätzlich setzt die Steuerbefreiung (hier: gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4b Erbschaftsteuergesetz ErbStG) voraus, dass der Erbe für zehn Jahre das geerbte Familienheim selbst nutzt, es sei denn, er ist aus „zwingenden Gründen“ daran gehindert. „Zwingend“, so der BFH, erfasse nicht nur den Fall der Unmöglichkeit, sondern auch die Unzumutbarkeit der Selbstnutzung des Familienheims. Diese könne auch gegeben sein, wenn der Gesundheitszustand des Erben durch den Verbleib im Familienheim erheblich beeinträchtigt wird.

Das FG muss deshalb im zweiten Rechtsgang, ggf. mit Hilfe ärztlicher Begutachtung, die geltend gemachte Erkrankung einschließlich Schwere und Verlauf prüfen.

Quelle | BFH, Urteil vom 1.12.2021, II R 1/21, PM 030/22

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Vertragserfüllung: Ehefrau kann vom Ehemann „Abendgabe“ verlangen

| Nach dem Grundsatz „Verträge sind zu halten“ muss der Ehemann nach der Scheidung der Ehefrau eine vereinbarte „Abendgabe“ zahlen, also ein Geschenk als Dank für die „erstmalige Hingabe“. So hat es das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg entschieden. |

Das war geschehen

Die Eheleute hatten 2006 in Libyen geheiratet. Dabei hatte sich der Ehemann verpflichtet, der Frau anlässlich der Eheschließung eine goldene englische Münze und im Fall einer Scheidung eine sog. „Abendgabe“ von 50.000 US-Dollar zu zahlen. Nachdem das Ehepaar nach Deutschland übergesiedelt war, wurde die Ehe 2021 geschieden. Die Frau verlangte vom Mann, die übernommene Zahlungspflicht zu erfüllen. Das lehnte der Mann ab. Die Klausel über die Abendgabe sei wegen einer Änderung der Verhältnisse anzupassen. Anders als in Deutschland gebe es in ihrem Heimatland keine staatliche Absicherung. Hier in Deutschland sei die Ehefrau auf die Abendgabe nicht mehr angewiesen. Sie lebe jetzt in einem Pflegeheim und habe daher keinen weiteren Versorgungsbedarf.

„Verträge sind zu halten“

Das Amtsgericht (AG) und das OLG sahen das anders: Es gelte der Grundsatz „Verträge sind zu halten“. Eine Vertragsanpassung sei nicht deswegen geboten, weil die Frau jetzt von Sozialleistungen lebe. Sozialhilfe sei eine nachrangige Leistung, die die Bedürftigkeit als solche nicht entfallen lasse. Der Anspruch eines Hilfsbedürftigen, der staatliche Unterstützung erhalte, gegen einen Dritten gehe auf den Staat über. Auch die Tatsache, dass der Mann kein Erwerbseinkommen hat, führe nicht zu einer Vertragsanpassung. Es liege im Risikobereich desjenigen, der eine vertragliche Verpflichtung eingehe, diese später auch erfüllen zu können.

Quelle | OLG Oldenburg, Urteil vom 1.6.2022, 13 UF 82/21, PM vom 21.7.2022

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Testament: Was darf der Erblasser im Hinblick auf Auflagen regeln?

| Der Spielraum des Erblassers für Auflagen ist sehr groß. Sie dürfen an objektiven Kriterien gemessen sinnfrei, sogar unsinnig sein, ohne dass dies allein zu einer Unwirksamkeit führt. Der Erblasser kann sich grundsätzlich also bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit Auflagen ausdenken. Sofern sie nicht gegen die guten Sitten verstoßen und den höchstpersönlichen Bereich des durch die Auflagen Beschwerten nicht tangieren, sind sie wirksam. Dem Erblasser muss es im Wege der grundrechtlich geschützten Testierfreiheit möglich sein, die Erbfolge nach seinen eigenen Vorstellungen zu gestalten, sodass eine Sittenwidrigkeit nur in besonders schwerwiegenden Ausnahmefällen angenommen werden kann. Einen solchen schwerwiegenden Ausnahmefall hat das Landgericht (LG) Bochum nun bejaht. |

Die spätere Erblasserin setzte ihre Tochter und ihre Enkelin in einem notariellen Testament zu ihren Erben ein. Es störte sie wohl eine außereheliche Beziehung der Tochter. Diese war zwar noch „auf dem Papier“ verheiratet, hatte aber einen neuen Lebenspartner gefunden, mit dem sie teilweise in ihrer Wohnung im Haus der Erblasserin zusammenwohnte. Daher verfügte die Erblasserin in ihrem Testament: „Die Erben haben dafür zu sorgen, dass es Herrn M. (Anm.: der Lebenspartner der Tochter) auf Dauer untersagt wird, das Grundstück … zu betreten. Den Erben ist es darüber hinaus untersagt, das Grundstück oder Teile davon an Herrn M. oder dessen Abkömmlinge zu veräußern, zu verschenken oder auf sonstige Weise zu übertragen.“ Die Auflage sicherte die Erblasserin über eine Testamentsvollstreckung ab. Bei einem Verstoß gegen die Auflage sollte der Testamentsvollstrecker die Immobilie verkaufen und eine Hälfte des Erlöses den Erben und die andere Hälfte einer gemeinnützigen Organisation auskehren.

Die Erben klagten, festzustellen, dass die Auflage nichtig ist. Das LG gab ihnen Recht.

Quelle | LG Bochum, Urteil vom 29.4.2021, 8 O 486/20, Abruf-Nr. 230288 unter www.iww.de

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Mietrecht und WEG

Modernisierungsmieterhöhung: Keine Aufteilung der Modernisierungskosten nach Gewerken

| Ein häufiger Streitpunkt zwischen Mietern und ihren Vermietern ist die Mieterhöhung nach einer Modernisierung. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich mit den formellen Anforderungen an Mieterhöhungserklärungen nach der Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen befasst. Es handelt sich um drei von vielen beim BGH anhängiger Verfahren, mit denen Mieter verschiedener Wohnungen in Bremen gegen Mieterhöhungen der Vermieterin vorgehen. |

Das war geschehen und bisheriger Prozessverlauf

In sämtlichen Verfahren sind die Kläger jeweils Mieter von Wohnungen der Beklagten. Diese erhöhte infolge von Modernisierungen der betreffenden Wohnungen sowie der Gebäude, in denen sich die Wohnungen befinden, die monatlich zu zahlende Grundmiete. Den Mieterhöhungsschreiben war jeweils eine als „Kostenzusammenstellung und Berechnung der Mieterhöhung“ bezeichnete Anlage beigefügt. Diese enthielt u.a. Angaben zu den einzelnen Modernisierungsmaßnahmen, die hierfür jeweils angefallenen Gesamtkosten, den jeweils nach Abzug der Instandhaltungskosten verbleibenden umlagefähigen Modernisierungskostenanteil sowie die sich daraus ergebende Berechnung der jeweiligen Mieterhöhung. Die Kläger halten die Mieterhöhungserklärungen bereits aus formellen Gründen für unwirksam. Sie begehren mit ihren Klagen die Feststellung, dass der Beklagten ein Anspruch auf Zahlung der erhöhten Miete nicht zustehe, und zum Teil zusätzlich die Rückzahlung ihrer Ansicht nach überzahlter Mieten.

Das Berufungsgericht hat in allen drei Verfahren die Mieterhöhungserklärungen bereits aus formellen Gründen für unwirksam erachtet und den Klagen jeweils stattgegeben. Jedenfalls bei umfassenden und kostenträchtigen Modernisierungsmaßnahmen bzw. solchen, die außerhalb der Wohnung des Mieters vorgenommen würden oder mehrere Gebäude umfassten, sei zur Erfüllung der formellen Anforderungen des hier einschlägigen § 559b Abs. 1 S. 2 BGB eine weitere Untergliederung der betreffenden Kostenpositionen erforderlich. Das könnte etwa durch eine Aufschlüsselung nach verschiedenen Gewerken, „konkreten Arbeitsabschnitten“ oder „greifbaren Einzelarbeiten“ erfolgen. Nur so könne der Mieter den Kostenansatz des Vermieters auf Plausibilität und Berechtigung im Hinblick auf etwa nicht umlagefähige Instandhaltungskosten prüfen.

BGH: Gesamtsumme reicht aus auch für große Baumaßnahmen

Der BGH hat entschieden, dass es zur Erfüllung der formellen Anforderungen der o. g. Vorschrift genügt, wenn ein Vermieter die für eine bestimmte Modernisierungsmaßnahme angefallenen Kosten als Gesamtsumme ausweist und einen seiner Meinung nach in den Gesamtkosten enthaltenen Instandsetzungsteil durch die Angabe einer Quote oder eines bezifferten Betrags kenntlich macht. Eine Aufschlüsselung der für eine bestimmte Modernisierungsmaßnahme entstandenen Gesamtkosten nach den einzelnen angefallenen Gewerken oder anderen Bauleistungsbereichen ist hingegen grundsätzlich auch dann nicht erforderlich, wenn umfangreiche und entsprechend kostenträchtige bauliche Veränderungen oder Maßnahmen außerhalb der betroffenen Wohnung oder an mehreren Gebäuden ausgeführt wurden.

Der Vermieter kann nach der Durchführung bestimmter Modernisierungsmaßnahmen die jährliche Miete um 11 Prozent (seit 1.1.2019 um 8 Prozent) der für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöhen. Dabei ist die Mieterhöhung in Textform zu erklären und die Erhöhung ist aufgrund der entstandenen Kosten zu berechnen und zu erläutern. Dies dient der Abgrenzung berücksichtigungsfähiger Modernisierungsmaßnahmen von nicht berücksichtigungsfähigen Erhaltungsmaßnamen. Diese formellen Anforderungen bilden das notwendige Gegengewicht zu der dem Vermieter in Abweichung von allgemeinen Grundsätzen des Vertragsrechts eingeräumten Möglichkeit, die Pflicht des Mieters zur Mietzahlung durch einseitige Erklärung zu gestalten. Der Mieter soll in die Lage versetzt werden, Grund und Umfang der Mieterhöhung auf Plausibilität zu prüfen und zu entscheiden, ob Bedarf für eine eingehendere Kontrolle besteht etwa durch Zuziehung juristisch oder bautechnisch Sachkundiger, durch Einholung weiterer Auskünfte beim Vermieter und/oder durch Einsichtnahme in die Rechnungen und Belege.

Dennoch dürfen die Hürden für die Mieterhöhungserklärung in formeller Hinsicht nicht zu hoch angesetzt werden. Denn eine Überspannung der Anforderungen könnte dazu führen, dass der Vermieter eine inhaltlich berechtigte Mieterhöhung nicht durchsetzen könnte und ihm der Anreiz zur Durchführung von – vom Gesetzgeber ausdrücklich erwünschten – Modernisierungsmaßnahmen genommen würde. Davon ausgehend ist es in formeller Hinsicht ausreichend, wenn der Vermieter in der Mieterhöhungserklärung die für eine bestimmte Modernisierungsmaßnahme angefallenen Kosten als Gesamtsumme ausweist und einen aus seiner Sicht in den Gesamtkosten enthaltenen Instandsetzungsanteil durch die Angabe einer Quote oder eines bezifferten Betrags kenntlich macht. Welchen Erkenntnisgewinn die vom Berufungsgericht geforderte weitergehende Aufschlüsselung der entstandenen Gesamtkosten nach Gewerken oder vergleichbaren Kriterien dem Mieter vermittelte, ist nicht ersichtlich. Zudem hat das Berufungsgericht nicht hinreichend berücksichtigt, dass dem Mieter zur Klärung verbleibender Unsicherheiten oder zur Kontrolle der Angaben des Vermieters über die Aufwendungen auf ihre sachliche Richtigkeit ein umfassendes Auskunfts- und (Belege-)Einsichtsrecht zusteht.

Abgrenzung der Modernisierungs- von Erhaltungsmaßnahmen

Ob die vom Vermieter angesetzten Erhöhungsbeträge tatsächlich zutreffend und angemessen sind, betrifft allein die materiell-rechtliche Nachprüfung der Erhöhungserklärung. In deren Rahmen hat der Vermieter die Darlegungs- und Beweislast nicht nur dafür, dass es sich bei den durchgeführten Baumaßnahmen um Modernisierungs- und nicht um Erhaltungsmaßnahmen handelt, sondern auch dafür, dass die zugrunde gelegten Kosten nicht (teilweise) auf der Erhaltung dienende Maßnahmen entfallen sind. Da das Berufungsgericht die erforderlichen Feststellungen bislang nicht getroffen hat, hat der BGH die Berufungsurteile in allen drei Verfahren aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an das Landgericht (LG) Bremen zurückverwiesen.

Quelle | BGH, Urteile vom 20.7.2022, VIII ZR 337/21, VIII ZR 339/21 und VIII ZR 361/21, PM 114/2022

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WEG-Recht: Dachsanierung: drei Vergleichsangebote für Auftrag

| Beschließt die Gemeinschaft, eine Dachsanierung in Teilabschnitten zu je mehreren zehntausend Euro durchzuführen, sind für jeden einzelnen Abschnitt mindestens drei Vergleichsangebote einzuholen. Dies gilt auch, wenn die Firma beauftragt werden soll, die vorherige Teilabschnitte zufriedenstellend ausgeführt hat, so das Amtsgericht (AG) Bonn. |

Das Flachdach des Gebäudes musste vollständig erneuert werden. Wegen der hohen Kosten beschloss die Gemeinschaft, gemäß einem Sanierungsplan stufenweise vorzugehen und jährlich einzelne Teilbereiche zu erneuern. Streit gab es, weil eine Teilfläche von rund 280 qm ohne Einholen von Vergleichsangeboten an die bisherige Fachfirma für rund 70.000 Euro vergeben worden war. Die Gemeinschaft meinte, die Fachfirma habe sich bisher bewährt und es stehe ihr frei, das Handwerksunternehmen zu beauftragen, auch wenn dies zu höheren Kosten führen könnte. Das AG Bonn bezog jedoch eindeutig Position zugunsten des „Drei-Angebots-Prinzips“. Es erklärte den Vergabebeschluss für den vierten Teilabschnitt für ungültig. Bei einem Auftragsvolumen von rund 70.000 Euro keine Alternativangebote einzuholen, widerspräche den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung.

Quelle | AG Bonn, Urteil vom 13.12.2021, 211 C 25/21

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Verbraucherrecht

Vertragsrecht: Kein Vertrag mit dem Stromgrundversorger bei Verwechslung der Zählernummer?

| Das Amtsgericht (AG) Frankfurt am Main hat entschieden: Trotz tatsächlicher Entnahme von Strom kommt ausnahmsweise kein Vertrag mit dem Grundversorger zustande, wenn der Verbraucher irrtümlich einen Stromlieferungsvertrag mit einem Wahlversorger für eine fremde Zählernummer abschließt. |

Der Grundversorger begehrte von der beklagten Verbraucherin, zwei Schlussrechnungen aus einem vermeintlich geschlossenen Stromlieferungsvertrag für die Jahre 2018 und 2019 zu zahlen. Die Beklagte war Mitte 2018 in eine Mietwohnung eingezogen. Bei der Wohnungsübergabe kam es durch die Immobilienverwaltung zu einer Verwechslung zwischen den im selben Obergeschoss gelegenen Wohneinheiten und den dazugehörigen Zählernummern. In der Folge schloss die Beklagte Stromlieferungsverträge für die ihr mitgeteilte (falsche) Zählernummer mit anderen Stromversorgern ihrer Wahl ab und zahlte an diese. Nachdem die Verwechslung Mitte 2019 aufgefallen war, teilte die Beklagte dies ihrem letzten Wahlversorger mit. Daraufhin korrigierte dieser seine Abrechnungen gegenüber der Beklagten entsprechend. Die Klägerin stellte ihrerseits der Beklagten den auf der richtigen Zählernummer erfolgten Verbrauch in Rechnung.

Die Klage des Grundversorgers hatte keinen Erfolg. Nach Auffassung des Gerichts war zwischen den Parteien kein Stromlieferungsvertrag zustande gekommen. Zwar könne ein Stromlieferungsvertrag auch dadurch zustande kommen, dass der vom Grundversorger angebotene Strom tatsächlich durch den Verbraucher entnommen wird. Dies gelte allerdings dann nicht, wenn wie hier der Verbraucher im gleichen Zeitraum einen Vertrag mit einem Wahlversorger abgeschlossen hat. In diesem Fall wolle der Verbraucher lediglich die vertragsgemäße Leistung seines Wahlversorgers und nicht die des Grundversorgers entgegennehmen. Ein Zahlungsanspruch der Klägerin ergebe sich wegen des Vorrangs des mit dem Wahlversorger geschlossenen Vertrags dann auch nicht aus sonstigen gesetzlichen Bestimmungen.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Quelle | AG Frankfurt am Main, Urteil vom 28.4.2022, 29 C 903/21 (19), PM vom 31.10.2022

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Krankheit: Auf die Körpergröße kommt es nicht an

| Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat entschieden, dass eine geringe Körpergröße keine Krankheit im Rechtssinne ist. |

Das war geschehen

Geklagt hatte eine junge Frau aus Bremen, die nach Abschluss des Wachstums eine Körpergröße von nur knapp 1,50 m erreicht hatte. Bei ihrer Krankenkasse beantragte sie die Kostenübernahme für eine operative Beinverlängerung. Dafür sollten Ober- bzw. Unterschenkelknochen durchtrennt und ein Verlängerungssystem implantiert werden, das Knochen und Weichgewebe auf die gewünschte Größe dehnt. Zur Begründung führte die Frau aus, dass sie unter ihrer kleinen Körpergröße psychisch leide. Sie werde von ihrer Umwelt nicht als vollwertig wahrgenommen und sei auch in ihrer Berufswahl eingeschränkt. Für eine Ausbildung als Pilotin sei sie wegen ihrer Körpergröße abgelehnt worden. Ihr Traum sei eine Größe von 1,60 m bis 1,65 m.

Krankenkasse: kein Krankheitswert

Die Kasse lehnte den Antrag ab, da eine geringe Körpergröße nicht als eine Krankheit zu bewerten sei, die einen Leistungsanspruch auslöse. Demgegenüber hielt die Frau ihre Körpergröße für krankheitswertig, da nur drei Prozent der Frauen so klein seien. Außerdem hätten jedenfalls die psychischen Auswirkungen sehr wohl Krankheitswert. Im Alltag werde sie behindert durch zu hohe Treppenstufen, Stühle, Waschbecken, Spiegel, Schränkte etc.

Landessozialgericht: keine Leistungspflicht der Krankenkasse

Das LSG hat die Rechtsauffassung der Krankenkasse bestätigt. Es hat sich auf die einhellige Rechtsprechung gestützt, wonach bei einer Frau selbst eine Größe von 1,47 m nicht als regelwidriger Körperzustand und damit nicht als Krankheit im Rechtssinne zu bewerten sei. Alltagsschwierigkeiten könne durch Hilfsmittel und ggf. angepasste Wohneinrichtung begegnet werden. Psychische Beeinträchtigungen seien allein mit therapeutischen Mitteln zu behandeln. Denn ansonsten müssten köperverändernde Eingriffe auf Kosten der Allgemeinheit durchgeführt werden, wenn therapeutische Maßnahmen nicht helfen, weil der Betroffene auf den Eingriff fixiert ist. Auch die Ablehnung für bestimmte Berufe könne keine Leistungspflicht der Kasse auslösen.

Quelle | LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 5.7.2022, L 16 KR 183/21, PM vom 18.7.2022

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Hinterliegergrundstück: Zufahrt besteht nicht uneingeschränkt

| Der Umfang eines Geh- und Fahrrechts muss sich immer am Einzelfall orientieren und besteht unter Umständen nicht uneingeschränkt. Bei der Zufahrt zu einem Hinterliegergrundstück sind damit gewisse Beeinträchtigungen der Zufahrtsbreite hinzunehmen. Darauf hat das Pfälzische Oberlandesgericht (OLG) in einem Hinweisbeschluss aufmerksam gemacht. |

Das war geschehen

Ein Mann erwarb ein sog. „Hinterliegergrundstück“, das keinen eigenen Zugang zu einer öffentlichen Straße besitzt. Die Zufahrt zu dem Anwesen und den dazugehörigen fünf Garagen erfolgte ausschließlich über den Hof des benachbarten Grundstücks der Beklagten. Zur Absicherung des Zufahrtsrechts war im Grundbuch des Beklagtengrundstücks ein sog. „Geh- und Fahrrecht“ zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Hinterliegergrundstücks eingetragen. Das Hofgelände zwischen den Gebäuden war groß genug, um bequem in alle Garagen hinein- und herauszufahren.

Dies änderte sich, als die Beklagten auf ihrem Teil des Hofgrundstücks für ihre Mieter zwei Pkw-Stellplätze entlang der Hauswand einrichteten. Waren die Stellplätze belegt, konnten die Garagennutzer nicht mehr wie gewohnt rangieren. Sie mussten gegebenenfalls rückwärts ein- oder ausfahren. Der Nachbar forderte deshalb die Beklagten auf, die Stellplätze zu entfernen und das Geh- und Fahrrecht wieder uneingeschränkt zu gewährleisten. Das in erster Instanz angerufene Landgericht (LG) wies die Klage ab, da die Garagen des Klägers weiterhin erreichbar waren und es nach Ansicht des LG keine Beeinträchtigung des Geh- und Fahrrechts gab.

Oberlandesgericht: Im Grundbruch eingetragenes Recht nicht konkret

Auf die hiergegen gerichtete Berufung wies das OLG den Kläger in einem sog. Hinweisbeschluss darauf hin, dass es beabsichtigt, seine Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, weil sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Der Kläger nahm daraufhin die Berufung zurück.

Zur Begründung führte das OLG aus: Wenn wie hier ein eingetragenes Geh- und Fahrrecht im Grundbuch nicht näher konkretisiert ist, können auch andere Umstände herangezogen werden, um den Umfang des Geh- und Fahrrechts festzustellen. Hierzu sind z.B. die Gegebenheiten vor Ort und der Sinn und Zweck des Fahrrechts zu berücksichtigen. Die zwischen den Grundstücken liegende Hofdurchfahrt muss nach Ansicht des OLG jedenfalls breit genug sein, um mit einem üblichen Kraftfahrzeug in einer üblichen Bogenfahrt auch die hinterste der Garagen erreichen zu können. Da nach der Straßenverkehrszulassungsordnung (§ 32 StVZO) die höchstzulässige Breite von Kraftfahrzeugen allgemein 2,55 Meter beträgt, sollte die Zufahrtsbreite mindestens drei Meter betragen. In Höhe des Bogens zu den links gelegenen Garagen sollte die Zufahrt etwas breiter sein. Hier orientierte sich das OLG an der Garagenverordnung (§ 2 Abs. 3 GarVO Rheinland-Pfalz) und hielt eine Breite von mindestens fünf Metern für angemessen. Auch diese Vorgabe war nach den vorgelegten Lichtbildern erfüllt. Das OLG verwies zudem darauf, dass das Bürgerliche Gesetzbuch (§ 1020 S. 1 BGB) den Berechtigten zur schonenden Ausübung der Grunddienstbarkeit verpflichtet.

Pkw-Stellfläche ist Ausübung des Eigentumsrechts

In diesem Sinne hat es der Kläger hinzunehmen, dass die Beklagten ihr Eigentumsrecht ausüben und einen Teil ihres Grundstücks als Pkw-Stellfläche nutzen, sofern sein Zufahrtsrecht dadurch nicht mehr als notwendig beeinträchtigt wird. Die damit für ihn und die Garagennutzer verbundene nachteilige Veränderung muss er hinnehmen.

Quelle | OLG Zweibrücken, Beschluss vom 18.7.2022, 7 U 150/20, PM vom 3.5.2022

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Datenschutz: Falschparker dürfen fotografiert und angezeigt werden

| Das Verwaltungsgericht (VG) Ansbach hat jetzt zwei Klagen gegen Verwarnungen des Landesamtes für Datenschutzaufsicht (LDA) stattgegeben, mit denen das LDA die Ablichtung von Falschparkern rügte. |

Gegenstand der Verwarnungen waren von den Klägern angefertigte Fotoaufnahmen von ordnungswidrig geparkten Fahrzeugen, die die Kläger mitsamt Anzeigen an die zuständige Polizei übersandten. Bei den angezeigten Verstößen handelte es sich z. B. um Parken im absoluten Halteverbot oder ordnungswidriges Parken auf Gehwegen.

Das VG hat darüber entschieden, ob die Übermittlung der Bildaufnahmen eine rechtmäßige Datenverarbeitung im Sinne der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) darstellte. Diese setzt voraus, dass die Datenverarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist.

Die Beteiligten stritten insbesondere um die rechtliche Frage, ob für die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung eine persönliche Betroffenheit des Anzeigenerstatters durch die Parkverstöße erforderlich sei und ob nicht für eine Anzeige die bloße schriftliche oder telefonische Schilderung des Sachverhalts unter Angabe des Fahrzeugkennzeichens genüge, sodass eine Übermittlung von Bildaufnahmen nicht erforderlich sei.

Problematisch sei nach Ansicht des LDA zudem, dass mit den Fotos oft Daten erhoben würden, die über den reinen Parkvorgang hinausgingen, z.B. bei Ablichtung anderer Fahrzeuge und Personen. Die Kläger bezogen sich auf Hinweise der Polizei ihnen gegenüber, dass die Parksituation zum Beweis durch Fotoaufnahmen möglichst genau dokumentiert werden sollte. Zudem würde die Verfolgung der Ordnungswidrigkeiten durch die Anfertigung von Fotos vereinfacht.

Die Entscheidungen sind nicht rechtskräftig. Gegen die Urteile kann Antrag auf Zulassung der Berufung zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) gestellt werden.

Quelle | VG Ansbach, Urteile vom 2.11.2022, AN 14 K 22.00468 und AN 14 K 21.01431, PM vom 3.11.2022

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Jugendschutz: Schmerzensgeld wegen Shisha-Abgabe an Minderjährige

| Der Betreiber eines Pubs ist verpflichtet, sich so zu verhalten, dass Körper, Leben und sonstige Rechtsgüter der Gäste nicht verletzt werden. Auf die Wirksamkeit eines beabsichtigten oder abgeschlossenen Vertrags kommt es dabei nicht an. Die ungeprüfte Abgabe einer Shisha an eine Minderjährige verstößt gegen die Bestimmungen des Jugendschutzes. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main bestätigte ein Urteil des Landgerichts (LG), mit dem der Betreiber wegen der erlittenen Kohlenmonoxid-Vergiftung der Minderjährigen zu einer Schmerzensgeldzahlung in Höhe von 6.400 Euro verurteilt worden war. |

Das war geschehen

Die Beklagte betreibt einen Pub in Hessen. Die damals minderjährige Klägerin suchte das Lokal auf, um gemeinsam mit ihrer Freundin eine Shisha zu rauchen. Dabei erlitt sie eine Kohlenmonoxid-Vergiftung. Sie litt an Atemnot und Schwindel und wurde zur Erstversorgung in eine Klinik gebracht. Nach mehrtägiger stationärer Behandlung musste die Klägerin mindestens elf kardiologische Termine wahrnehmen. Sie war mehrere Monate zu keinerlei körperlichen Aktivitäten in der Lage. Noch ein Jahr nach dem Vorfall konnte sie keine gesteigerten körperlichen Aktivitäten, wie Sport oder weite Spaziergänge, durchführen. Ob ihre vollständige Leistungsfähigkeit wiederhergestellt werden kann, ist gegenwärtig unklar.

Die Klägerin verlangte Schmerzensgeld in Höhe von 8.000 Euro, da die Mitarbeiter sie weder nach ihrem Alter gefragt noch eine korrekte Einweisung in die sachgerechte Benutzung der Shisha vorgenommen hätten. Das Landgericht (LG) hatte die Beklagte verurteilt, ein Schmerzensgeld in Höhe von 6.400 Euro zu zahlen.

Oberlandesgericht: Jugendschutz nicht eingehalten

Die hiergegen gerichtete Berufung hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die Beklagte habe die sie treffenden Schutz- und Rücksichtspflichten verletzt. Diese Pflichten bestünden unabhängig davon, ob der Vertrag im Hinblick auf die Minderjährigkeit der Klägerin wirksam zustande gekommen sei. Die Beklagte habe eine Pflichtverletzung begangen, da die Mitarbeiter ihres Lokals den Konsum tabakhaltiger Erzeugnisse ohne vorherige Alterskontrolle gestatteten. Sie hätten jedoch die Bestimmungen des Jugendschutzes einhalten müssen. Demnach dürfen in Gaststätten Tabakwaren und andere nikotinhaltige Erzeugnisse und deren Behältnisse an Kinder oder Jugendliche weder abgegeben noch darf ihnen das Rauchen oder der Konsum nikotinhaltiger Produkte gestattet werden. Dies gelte auch für nikotinfreie Erzeugnisse, wie elektronische Zigaretten oder elektronische Shishas. Nach der vom LG durchgeführten Beweisaufnahme stehe fest, dass die Klägerin ohne vorherige Alterskontrolle eine Shisha bestellt und erhalten habe. Ebenfalls sei bewiesen worden, dass die Klägerin einen Krampfanfall erlitten habe.

Der Umstand, dass die Freundin der Klägerin selbst symptomfrei geblieben sei, stehe dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht entgegen. Es sei vielmehr ohne Weiteres nachvollziehbar, dass mehrere Personen unterschiedlich reagieren können, etwa, weil sie verschieden stark an einer Shisha ziehen, durch einen anderen Schlauch oder eine andere Öffnung mehr Kohlenmonoxid ausgesetzt werden oder die Kohlenmonoxidbelastung unterschiedlich gut vertragen.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Quelle | OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 11.7.2022, 6 U 148/21, PM 64/22

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Verkehrsrecht

Sonderparkplatznutzung: Wenn der Stempel auf der Parkberechtigung verblasst …

| Wer trägt die Kosten, wenn ein Auto abgeschleppt wird, weil der Stempel auf der Parkberechtigung durch die Sonneneinstrahlung verblichen ist? Diese Frage hat das Landgericht (LG) Koblenz jetzt entschieden. |

Der Kläger darf Sonderparkplätze für Schwerbehinderte nutzen. Im Jahr 2020 erhielt er zum Nachweis dieser Berechtigung von der Stadt B., der Beklagten, einen Parkausweis, den er an der Windschutzscheibe seines Autos befestigte. Am 7.7.2021 stellte der Kläger sein Auto an einem Bahnhof auf einem Parkplatz ab, der Schwerbehinderten vorbehalten war. Zu diesem Zeitpunkt war kein Dienstsiegel der Beklagten auf dem Parkausweis erkennbar. Wegen des fehlenden Stempels ließ das Ordnungsamt den Wagen abschleppen und stellte dem Kläger dafür Kosten in Höhe von rund 260 Euro in Rechnung.

Der Kläger meinte, die Beklagte müsse die Kosten für das Abschleppen und seine Anwaltskosten übernehmen. Sie habe ihm einen mangelhaften Ausweis ohne Stempel ausgestellt. Wenn ursprünglich ein Stempel existiert habe, sei er viel zu rasch verblasst, weil die Stadt eine falsche Stempelfarbe verwendet habe. Daher sei die Beklagte für das Geschehen verantwortlich.

Die Beklagte verweigerte die Kostenübernahme. Sie argumentierte, der Parkausweis sei bei Übergabe mit einem gut sichtbaren Dienstsiegel versehen gewesen, das offenbar durch das Sonnenlicht verblasst sei. Es sei eigens beschaffte, angeblich lichtbeständige Stempelfarbe verwendet worden. Wenn der Kläger den Ausweis der direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzt habe und dadurch der Stempel verschwunden sei, habe er sich rechtzeitig um eine Erneuerung kümmern müssen.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Nach einer Vernehmung der Ehefrau des Klägers und eines Mitarbeiters der Stadtverwaltung zeigte es sich überzeugt, dass der Parkausweis zunächst ordnungsgemäß gestempelt war. Der Beklagten könne auch nicht vorgeworfen werden, dass die Stempelfarbe anschließend innerhalb weniger Monate im Sonnenlicht so verblichen sei, dass das Siegel nicht mehr erkennbar war. Die Behörde müsse die Stempel so anbringen, dass sie bei Ausstellung des Ausweises leserlich seien. Wenn der Aufdruck später durch die Sonne verblasse, falle das in den Verantwortungsbereich des Bürgers. Es stelle so das LG keine Pflichtverletzung dar, wenn die Behörde keine lichtbeständige Farbe verwende.

Der Kläger habe selbst dafür sorgen müssen, dass der unleserlich gewordene Parkausweis erneuert werde. Das habe er bei in der Vergangenheit verblichenen Stempeln auch bereits mehrfach so gehandhabt. Und spätestens nach einem Hinweis des Ordnungsamtes der Stadt K. im April 2021 sei ihm bekannt gewesen, dass der Ausweis nicht mehr in Ordnung war. Auch wegen dieses weit überwiegenden Mitverschuldens müsse der Kläger in jedem Fall die Abschleppkosten allein tragen.

Das LG Koblenz hat die Klage abgewiesen.

Quelle | LG Koblenz, Urteil vom 4.7.2022, 1 O 328/21

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Kostenminderungspflicht: Wie hoch dürfen Verwahrungskosten für ein Kfz-Kennzeichen sein?

| Kosten in Höhe von 2.331 Euro für die Verwahrung eines Kfz-Kennzeichens für die Dauer von nahezu einem Jahr sind unverhältnismäßig. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Trier entschieden. |

Das war geschehen

Im Dezember 2020 stellten Polizeibeamte des beklagten Landes Rheinland-Pfalz im Rahmen einer allgemeinen Verkehrskontrolle ein Kfz-Kennzeichen des Klägers sicher, da die EU-Kennung des Kennzeichens mit schwarzer Folie abgeklebt war und die Stempelplakette fehlte. Im Januar 2021 forderte der Beklagte den Kläger auf, mitzuteilen, ob er der Entsorgung des sichergestellten Kfz-Kennzeichens zustimme. Zugleich wurde er darauf hingewiesen, dass eine Verwahrungsgebühr von 7 Euro pro Tag anfalle. Eine Reaktion erfolgte hierauf nicht. Im Dezember 2021 teilte der Beklagte dem Kläger sodann mit, dass nun die Verwertung des sichergestellten Kfz-Kennzeichens beabsichtigt sei. Dem stimmte der Kläger zu, da er ohnehin davon ausgegangen sei, dass dies bereits geschehen sei. Die Aufforderung vom Januar 2021 sei ihm nicht zugegangen. In der Folgezeit setzte das beklagte Land die Kosten der bis dahin erfolgten Verwahrung in Höhe von 2.331 Euro (333 Tage je 7 Euro) fest. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren hat der Kläger gegen den Gebührenbescheid Klage erhoben.

Verwaltungsgericht: Unverhältnismäßigkeit bei geringwertigem Gegenstand

Das VG hat den streitgegenständlichen Gebührenbescheid aufgehoben. Der Beklagte sei zwar dem Grunde nach zur Gebührenerhebung für eine Verwahrung berechtigt, wobei hierfür nach den maßgeblichen Vorschriften grundsätzlich Gebühren in Höhe von 7 bis 21,50 Euro pro Tag erhoben würden. Im zu beurteilenden Einzelfall sei jedoch die Gebührenerhebung im Hinblick auf den konkret zugrunde gelegten Zeitraum (333 Tage) vor dem Hintergrund der Kostenminderungspflicht des beklagten Landes unverhältnismäßig. Bei geringwertigen verwahrten Gegenständen von solchen sei jedenfalls bei einem Wiederschaffungswert von unter 50 Euro auszugehen , an denen kein erkennbares ideelles Interesse bestehe, sei es nach der Systematik der maßgeblichen Vorschriften angezeigt, nach Sicherstellung die Verwertung bzw. Vernichtung in einem verhältnismäßigen Zeitraum vorzunehmen.

Kfz-Kennzeichen hätte verwertet bzw. vernichtet werden müssen

Im vorliegenden Einzelfall wären bei einem Kfz-Kennzeichen, das zu Preisen von unter 10 Euro erworben werden könne, 14 Tage erforderlich aber auch ausreichend gewesen, um zu ermitteln, ob die Voraussetzungen für die Verwertung bzw. Vernichtung vorgelegen hätten. Da der Beklagte keine entsprechenden Maßnahmen ergriffen habe, um die Verwahrung umgehend nach Sicherstellung zu beenden, seien die festgesetzten Verwahrungsgebühren rechtswidrig und der Bescheid daher aufzuheben.

Quelle | VG Trier, Urteil vom 27.7.2022, 8 K 728/22.TR, PM 20/22

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Ausfallerscheinungen im Straßenverkehr: Unbewusste Drogeneinnahme? So leicht kann man das Gericht nicht überzeugen!

| Behauptet ein unter Einfluss von Drogen stehender Führerscheininhaber, er habe die Drogen unbewusst zu sich genommen, bedarf es detaillierter, in sich schlüssiger und von Anfang an widerspruchsfreier Darlegungen, die einen solchen Geschehensablauf als ernsthaft möglich erscheinen lassen. Dies entschied das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz und lehnte einen gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis gerichteten Eilantrag ab. |

Das war geschehen

Der Antragsteller wurde bei einer Verkehrskontrolle mit drogentypischen Ausfallerscheinungen angetroffen. Vor Ort durchgeführte Drogenschnelltests reagierten positiv auf die Stoffgruppe Amphetamin. Als die anschließende Blutuntersuchung dieses Ergebnis bestätigte und eine erhebliche Amphetaminkonzentration im Blut des Antragstellers ergab, entzog ihm die zuständige Fahrerlaubnisbehörde aufgrund seiner Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen die Fahrerlaubnis und verpflichtete ihn zur Abgabe seines Führerscheins. Gegen diese für sofort vollziehbar erklärten Anordnungen erhob der Antragsteller Widerspruch. Um die Vollziehung vorläufig zu stoppen, stellte er außerdem einen Eilantrag beim VG.

Verwaltungsgericht: ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen

Das VG lehnte seinen Antrag ab. Die Entziehung der Fahrerlaubnis sei voraussichtlich rechtmäßig. Denn der Antragsteller habe sich aufgrund der Einnahme von Amphetamin als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Zum Ausschluss der Fahreignung genüge bereits die einmalige Einnahme harter Drogen, wozu Amphetamin gehöre. Der Behauptung des Antragstellers, die Droge sei ohne sein Wissen in ein Getränk gemischt worden, könne nicht gefolgt werden. Dass Dritte einer Person Betäubungsmittel verabreichen, sei nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht wahrscheinlich.

Behauptung einer unbewussten Drogeneinnahme war nicht glaubhaft

Die Behauptung einer unbewussten Drogeneinnahme sei daher nur glaubhaft, wenn überzeugend dargelegt werden könne, dass dem Auffinden von Betäubungsmitteln im Körper ein Kontakt mit Personen vorangegangen sei, die zumindest möglicherweise einen Beweggrund gehabt haben könnten, dem Fahrerlaubnisinhaber heimlich Drogen beizubringen. Und es müsse noch naheliegen, dass der Betroffene die Aufnahme des Betäubungsmittels nicht bemerkt hat.

Beifahrer wollte „helfen“

Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor. Die eidesstattliche Versicherung des Beifahrers, heimlich Amphetamin in die Bierflasche des Antragstellers gegeben zu haben, sei wenig plausibel. Ein nachvollziehbares Motiv für eine solche Handlungsweise ergebe sich weder aus der eidesstattlichen Versicherung noch aus dem Vorbringen des Antragstellers.

Auffälligkeiten auch schon in der Vergangenheit

Vor dem Hintergrund, dass dem Antragsteller bereits in der Vergangenheit wegen des Führens eines Fahrzeugs unter Amphetamineinfluss die Fahrerlaubnis entzogen worden sei und ihm deshalb die sich daraus ergebenden Konsequenzen bekannt gewesen seien, sei die Behauptung des unbewussten Drogenkonsums nicht glaubhaft, wenn er dies erst nach der Entziehung seiner Fahrerlaubnis sieben Wochen nach der Verkehrskontrolle mitteile. Es sei auch unwahrscheinlich, dass ein Beifahrer dem Führer eines Pkw heimlich Amphetamin verabreiche und dadurch eine Gefährdung des eigenen Lebens und der eigenen körperlichen Unversehrtheit in Kauf nehme. Angesichts der hohen Amphetaminkonzentration in seinem Blut sowie seiner Ausfallerscheinungen könne ferner nicht davon ausgegangen werden, dass der Amphetaminkonsum vom Antragsteller unbemerkt geblieben sei.

Gegen diese Entscheidung steht den Beteiligten die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz zu.

Quelle | VG Koblenz, Beschluss vom 9.8.2022, 4 L 680/22.KO, PM 29/22

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Steuerrecht

Entlastungen: Energiepreispauschale für Rentner und neue Höchstgrenze für Midijobs ab 2023

| Rentner erhalten Anfang Dezember 2022 eine (steuerpflichtige) Energiepreispauschale von 300 Euro. Zudem wird die Höchstgrenze für eine Beschäftigung im Übergangsbereich (bei den sogenannten Midijobs gelten verminderte Arbeitnehmer-Beiträge zur Sozialversicherung) ab 1.1.2023 von monatlich 1.600 Euro auf 2.000 Euro angehoben. |

Quelle | Gesetz zur Zahlung einer Energiepreispauschale an Renten- und Versorgungsbeziehende und zur Erweiterung des Übergangsbereichs, BR-Drs. 523/22 (B) vom 28.10.2022

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Freiwillige Arbeitgeberleistung: Wichtige Informationen zur steuerfreien Inflationsausgleichsprämie

| Seit dem 26.10.2022 können Arbeitgeber ihren Beschäftigten einen Betrag bis zu 3.000 Euro steuer- und abgabenfrei gewähren. Im Folgenden sind einige wichtige Punkte zu der im Einkommensteuergesetz (§ 3 Nr. 11c EStG) geregelten Inflationsausgleichsprämie aufgeführt. |

Die Inflationsausgleichsprämie ist eine freiwillige Leistung, die in der Zeit vom 26.10.2022 bis Ende 2024 gewährt werden kann. Es handelt sich bei den 3.000 Euro um einen steuerlichen Freibetrag, der auch in mehreren Teilbeträgen ausgezahlt werden kann.

Beachten Sie | Begünstigt sind z. B. auch Zahlungen an Minijobber. Da die Zahlung steuer- und beitragsfrei ist, wird sie nicht auf die Minijobgrenze (seit 1.10.2022: 520 Euro monatlich) angerechnet.

Die Zahlungen müssen zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erfolgen. Nach dem Einkommensteuergesetz (hier: § 8 Abs. 4 EStG) werden Leistungen nur dann zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

  • Die Leistung wird nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet.
  • Der Anspruch auf Arbeitslohn wird nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt.
  • Die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung wird nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt.
  • Bei Wegfall der Leistung wird der Arbeitslohn nicht erhöht.

Nach dem Gesetzeswortlaut sind „in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährte Leistungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise“ begünstigt. Nach den Ausführungen der Bundesregierung genügt es, wenn der Arbeitgeber bei Gewährung der Prämie deutlich macht, dass diese im Zusammenhang mit der Preissteigerung steht zum Beispiel durch entsprechenden Hinweis auf dem Überweisungsträger im Rahmen der Lohnabrechnung.

Quelle | Die Bundesregierung vom 1.11.2022, Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz, BGBl I 2022, S. 1743

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Energiepreispauschale und Minijob: Mögliche Steuerpflicht bei der Veranlagung zur Einkommensteuer 2022

| Auch viele Minijobber haben die Energiepreispauschale (EPP) in Höhe von 300 Euro erhalten. Sofern der (originäre) Verdienst vom Arbeitgeber pauschal mit 2 % besteuert wird, musste auf die 300 Euro EPP keine pauschale Steuer abgeführt werden. Bei der Einkommensteuerveranlagung für 2022 kann es aber nach den Ausführungen des Bundesfinanzministeriums (BMF) in gewissen Konstellationen zu einer Steuerpflicht kommen. |

Bei Arbeitnehmern, die ausschließlich pauschal besteuerten Arbeitslohn aus einer kurzfristigen oder geringfügigen Beschäftigung oder einer Aushilfstätigkeit in der Land- und Forstwirtschaft erzielen und im gesamten Jahr 2022 keine weiteren anspruchsberechtigenden Einkünfte haben, gehört die EPP nicht zu den steuerpflichtigen Einnahmen.

Wenn neben dem pauschal besteuerten Arbeitslohn weitere anspruchsberechtigende Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb oder aus selbstständiger Arbeit erzielt werden, gehört die EPP zu den sonstigen Einkünften.

Da die EPP bei pauschal besteuertem Arbeitslohn nach dem Einkommensteuergesetz (§ 40a EStG) nicht steuerpflichtig ist (§ 119 Abs. 1 S. 2 EStG), wurde sie von den Arbeitgebern nicht steuerpflichtig erfasst. Handelt es sich nun aber z. B. um Steuerpflichtige, die in 2022 zudem Einkünfte aus einer gewerblichen oder selbstständigen Tätigkeit bezogen haben, wird die EPP über die Einkommensteuerveranlagung steuerpflichtig. Es liegen sonstige Einkünfte (nach § 22 Nr. 3 EStG) vor (vgl. § 119 Abs. 2 EStG).

Quelle | BMF: FAQs „Energiepreispauschale (EPP)“, unter VIII., Nr. 1, Stand: 22.09.2022

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Bundesfinanzhof: Erste Tätigkeitsstätte bei Leiharbeitnehmern: Steuerzahlerfreundliche Entscheidung

| Besonders bei Leiharbeitnehmern stellt sich die Frage, ob sie eine (steuerlich ungünstige) erste Tätigkeitsstätte haben und falls ja, wo diese liegt. Eine der letzten offenen Fragen hat der Bundesfinanzhof (BFH) nun zugunsten der Leiharbeiter entschieden. |

Je nachdem, ob es sich beim Tätigkeitsort um eine Auswärtstätigkeit handelt, hat das u. a. folgende steuerliche Konsequenzen:

Erste Tätigkeitsstätte:

  • Entfernungspauschale (0,30 EUR je Entfernungskilometer zwischen der Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte; ab dem 21. Kilometer werden 0,38 EUR gewährt)
  • grundsätzlich keine Verpflegungspauschale

Auswärtstätigkeit:

  • „Dienstreisepauschale“ (0,30 EUR je gefahrenen Kilometer)
  • grundsätzlich Verpflegungspauschale je nach Abwesenheitszeiten

Nach der Regelung im Einkommensteuergesetz (§ 9 Abs. 4 S. 1 EStG) ist erste Tätigkeitsstätte die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens (§ 15 Aktiengesetz) oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist.

Die Zuordnung erfolgt vorrangig anhand der dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen durch den Arbeitgeber.

Typische Fälle einer dauerhaften Zuordnung sind im EStG (hier: § 9 Abs. 4 S. 3 ) aufgeführt:

  • unbefristetes Tätigwerden,
  • Tätigwerden für die Dauer des Dienstverhältnisses,
  • Tätigkeit über einen Zeitraum von mehr als 48 Monaten.

Fehlt eine solche dienst- oder arbeitsrechtliche Festlegung auf eine Tätigkeitsstätte oder ist sie nicht eindeutig, ist erste Tätigkeitsstätte die betriebliche Einrichtung,

  • an der der Arbeitnehmer dauerhaft,
  • typischerweise arbeitstäglich oder
  • je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder mindestens ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll.

Für die Frage, ob der Arbeitnehmer einer betrieblichen Einrichtung i. S. des EStG (hier: § 9 Abs. 4 Sätze 1 bis 3) dauerhaft zugeordnet ist, ist das zwischen dem Arbeitgeber (Verleiher) und dem (Leih-)Arbeitnehmer bestehende Arbeitsverhältnis maßgeblich.

Besteht der Einsatz eines beim Verleiher unbefristet beschäftigten Leiharbeitnehmers bei dem Entleiher in wiederholten, aber befristeten Einsätzen, fehlt es an einer dauerhaften Zuordnung i. S. des EStG (hier: § 9 Abs. 4 S. 3). Und so verhielt es sich auch im aktuellen Streitfall: Der weitere Einsatz des Leiharbeitnehmers beim Verleiher war nämlich davon abhängig, dass dieser nach Ablauf der jeweiligen Frist mit dem Verleiher eine weitere (wiederum befristete) Arbeitnehmerüberlassung vereinbarte.

Beachten Sie | Ist das Arbeitsverhältnis zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer unbefristet und wird der Leiharbeitnehmer befristet für nicht mehr als 48 Monate bei einem Entleiher eingesetzt, erfolgt die Zuordnung nicht dauerhaft. Eine ungünstige erste Tätigkeitsstätte ergibt sich beim Betrieb des Entleihers nicht.

Das gilt auch, wenn die Entleihung später (mehrfach) verlängert wird und sich dadurch (rückblickend betrachtet) ein Einsatz von mehr als 48 Monaten für den identischen Entleiher ergeben sollte.

Quelle | BFH, Urteil vom 12.5.2022, VI R 32/20, Abruf-Nr. 231633 unter www.iww.de

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Gesetzesvorhaben: Anstieg der Erbschaft-/Schenkungsteuer bei der Übertragung von Immobilien befürchtet

| Die Regelungen der Grundbesitzbewertung sollen an die sogenannte Verordnung über die Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Immobilien und der für die Wertermittlung erforderlichen Daten (ImmoWertV) angepasst werden. So steht es im Entwurf für ein Jahressteuergesetz 2022. Da für die Erbschaft- und Schenkungsteuer zumindest im Einzelfall höhere Werte drohen, ist zu prüfen, ob bereits angedachte Übertragungen vorgezogen werden sollen. Denn die Änderungen sollen bereits am Tag nach der Gesetzesverkündung in Kraft treten. |

Quelle | ImmoWertV vom 14.7.2021, BGBl I 2021, S. 2805; BT-Drs. 20/3879 vom 10.10.2022

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Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht

Steuererleichterungen: Umsatzsteuerentlastung für die Gastronomie bis Ende 2023 verlängert

| Die Absenkung der Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie von 19 % auf 7 % wurde bis zum 31.12.2023 verlängert. Ausgenommen sind allerdings weiterhin Getränke, das heißt, hier gilt der reguläre Umsatzsteuersatz von 19 %. |

Beachten Sie | Eigentlich wäre die in der Corona-Pandemie eingeführte Stützungsmaßnahme für die Gastronomie zum 31.12.2022 ausgelaufen. Nun sollen auch die Folgen der gestiegenen Energiepreise abgemildert werden.

Quelle | Achtes Gesetz zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen vom 24.10.2022, BGBl I 2022, S. 1838

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Selbstständige Künstler und Publizisten: Künstlersozialabgabe steigt in 2023 auf 5,0 %

| Der Abgabesatz zur Künstlersozialversicherung wurde um 0,8 % angehoben. Somit liegt er im Jahr 2023 bei 5 %. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS ) hat zu der Anpassung Stellung genommen. |

Der Künstlersozialabgabesatz lag seit 2018 bei 4,2 %. Dies wurde durch zusätzliche Bundesmittel in Höhe von insgesamt 117 Mio. Euro in den Jahren 2021 und 2022 gewährleistet. Wegen der großen wirtschaftlichen Schäden in der Kunst- und Kulturwirtschaft infolge der Corona-Pandemie hätte der Abgabesatz für 2023 eigentlich auf 5,9 % angehoben werden müssen. Durch weitere Bundesmittel (in Höhe von rund 58,9 Mio. Euro) wurde der Anstieg des Abgabesatzes im Jahr 2023 auf 5,0 % begrenzt.

Über die Künstlersozialversicherung werden über 190.000 selbstständige Künstler und Publizisten als Pflichtversicherte in den Schutz der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung einbezogen.

Die Künstler und Publizisten tragen, wie abhängig beschäftigte Arbeitnehmer, die Hälfte ihrer Sozialversicherungsbeiträge. Die andere Beitragshälfte wird finanziert durch einen Bundeszuschuss (20 %) und durch die Künstlersozialabgabe der Unternehmen (30 %), die künstlerische und publizistische Leistungen verwerten.

Quelle | Künstlersozialabgabe-Verordnung 2023, BGBl I 2022, S. 1508; BMAS, „Künstlersozialabgabe künftig bei 5,0 Prozent“, Mitteilung vom 11.8.2022

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Solo-Selbstständige: Corona-Soforthilfen nicht zurückzuzahlen

| Die Bescheide, mit denen die Bezirksregierung Düsseldorf geleistete Corona-Soforthilfen von den Empfängern teilweise zurückgefordert hat, sind rechtswidrig. Den gegen diese Schlussbescheide gerichteten Klagen dreier Zuwendungsempfänger gegen das Land Nordrhein-Westfalen hat das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf jetzt stattgegeben. |

Als im Frühjahr 2020 kleine Unternehmen und Selbstständige durch verschiedene infektionsschutzrechtliche Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie in wirtschaftliche Notlagen gerieten, schufen Bund und Länder Programme, um kurzfristig Finanzhilfen bereitzustellen.

Das war geschehen

Solche Soforthilfen erhielten auch die Kläger der heute entschiedenen Verfahren. Der Betreiber eines Düsseldorfer Schnellrestaurants musste ebenso wie die Betreiberin eines Kosmetikstudios aus Remscheid während des Lockdowns im Frühjahr 2020 zeitweise den Betrieb schließen. Ein Steuerberater aus Düsseldorf, der einen Großteil seiner Umsätze durch die Aus- und Fortbildung von Steuerberatern erwirtschaftet, erlitt durch den Wegfall von Präsenzvorträgen Umsatzeinbußen. Nachdem die drei Kläger zunächst aufgrund von Ende März bzw. Anfang April 2020 erlassenen Bewilligungsbescheiden der zuständigen Bezirksregierung Düsseldorf Soforthilfen in Höhe von jeweils 9.000,- Euro erhalten hatten, setzte die Behörde im Rahmen sog. Rückmeldeverfahren später die Höhe der Soforthilfe auf ca. 2.000 Euro fest und forderte etwa 7.000 Euro zurück.

Auf die Förderpraxis während des Antragsverfahrens kommt es an

Diese Schlussbescheide sind rechtswidrig. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt: Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Schlussbescheide kam es auf die Förderpraxis des Landes während des Antragsverfahrens bis zum Erlass der Bewilligungsbescheide an. Die in den Bewilligungsbescheiden zum Ausdruck gekommene Verwaltungspraxis des Landes stimmte mit den in den Schlussbescheiden getroffenen Festsetzungen nicht überein. Während des Bewilligungsverfahrens durften die Hilfeempfänger aufgrund von Formulierungen in online vom Land bereitgestellten Hinweisen, den Antragsvordrucken und den Zuwendungsbescheiden eher davon ausgehen, dass pandemiebedingte Umsatzausfälle für den Erhalt und das Behaltendürfen der Geldleistungen ausschlaggebend sein sollten.

Schlussbescheid: Rückforderung basierte auf abweichender Förderpraxis

Demgegenüber stellte das Land bei Erlass der Schlussbescheide auf das Vorliegen eines Liquiditätsengpasses ab, der eine Differenz zwischen den Einnahmen und Ausgaben des Geschäftsbetriebs, also einen Verlust, voraussetzte. Dies ist rechtsfehlerhaft, weil diese Handhabung von der maßgeblichen Förderpraxis abwich. Mit Blick darauf konnte auch die Richtlinie des damaligen Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes NRW vom 31.5.2020, die erstmals eine Definition des Begriffs des Liquiditätsengpasses enthielt, trotz ihres rückwirkenden Inkrafttretens bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Schlussbescheide nicht berücksichtigt werden.

Missverständliche Formulierung im Bewilligungsbescheid

Abgesehen davon waren die ursprünglichen Bewilligungsbescheide hinsichtlich einer etwaigen Rückerstattungsverpflichtung auch missverständlich formuliert. Insbesondere konnten die Zuwendungsempfänger dem Inhalt der Bescheide nicht verlässlich entnehmen, nach welchen Parametern eine Rückzahlung zu berechnen sei.

500 weitere Klagen

Beim VG Düsseldorf sind noch weitere ca. 500 Klageverfahren rund um den Komplex der Corona-Soforthilfen anhängig. Wie mit diesen umzugehen ist, wird die Kammer in Kürze entscheiden. In den drei hier entschiedenen Streitigkeiten, die repräsentativ für einen Großteil der weiteren Verfahren sind, hat die Kammer wegen der grundsätzlichen Bedeutung die Berufung zum Oberverwaltungsgericht (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen zugelassen.

Quelle | VG Düsseldorf, Urteil vom 16.8.2022, 20 K 7488/20, 20 K 217/21 und 20 K 393/22, PM vom 16.8.2022

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Strafbare Handlungen: Nutzung einer Großmarkthalle darf widerrufen werden

| Ein Widerruf der Zuweisung von Büroflächen sowie Lkw-Stellplätzen einer Großmarkthalle, die von einer Kommune als öffentliche Einrichtung betrieben wird, wegen begangener Steuerstraftaten, kann rechtmäßig sein. Dies entschied der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH). |

Der Widerruf müsse die Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in den Markthallen bezwecken. Je nach den Umständen des Einzelfalls sei dies auch der Fall, wenn der Zuwendungsnehmer strafbare Handlungen außerhalb der Markthallen und nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem dort ausgeübten Gewerbe begangen habe. Durch die hier verwirklichten Hinterziehungstaten sei die „öffentliche Sicherheit und Ordnung“ auf dem Lebensmittelmarkt erheblich beeinträchtigt worden. Der Widerruf wegen strafbarer Handlungen in einem schwerwiegenden Fall sei rechtmäßig.

Quelle | Bayerischer VGH, Urteil vom 30.5.2022, 4 ZB 21.2660, Abruf-Nr. 230576 unter www.iww.de

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Umsatzsteuer: Betrieb von Geldspielautomaten: Umsatzsteuerpflicht auch nach dem 1.7.2021

| Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten sind auch nach der zum 1.7.2021 in Kraft getretenen Gesetzesänderung für virtuelle Automatenspiele umsatzsteuerpflichtig. So lautet ein Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH). |

Der BFH hatte bereits mehrfach entschieden, dass Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten umsatzsteuerpflichtig sind. Bis zum 30.6.2021 galt dies unabhängig davon, ob es sich um Umsätze in Spielhallen oder Online-Umsätze (sog. virtuelle Automatenspiele) handelte.

Zum 1.7.2021 hat der Gesetzgeber die gesetzlichen Grundlagen geändert:

  • Umsätze in Spielhallen sind hingegen weiterhin umsatzsteuerpflichtig. Für sie fällt demgegenüber auch keine Rennwett- und Lotteriesteuer an.

Hintergrund der Änderung war u. a., dass Online-Angebote hinsichtlich ihrer Spielsucht auslösenden Aspekte anders einzustufen seien als die terrestrischen Angebote (z. B. in Spielhallen).

Mit seinem Beschluss hat der BFH nun klargestellt, dass diese Ungleichbehandlung zulässig ist. Umsätze in Spielhallen und Online-Umsätze sind aus mehreren Gründen (unterschiedliche Ausschüttungsquoten, unterschiedliche Verfügbarkeit, potenziell größerer Kundenkreis online, unterschiedliche Spielsuchtrisiken) nicht vergleichbar.

Beachten Sie | Anders als terrestrische Umsätze werden auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen aufgrund einer Mehrwertsteuer-Sonderregelung zwingend am Ort des Leistungsempfängers besteuert. Die Europäische Union hat diese Sonderregelung eingeführt, um sicherzustellen, dass eine Besteuerung solcher Dienstleistungen in der EU erfolgt, wenn sie in der EU verbraucht werden. Dies rechtfertigt, so der BFH, die unterschiedliche Besteuerung von terrestrischen Umsätzen und Online-Umsätzen.

Quelle | BFH, Beschluss vom 26.9.2022, XI B 9/22 (AdV), Abruf-Nr. 231896 unter www.iww.de; PM Nr. 45/22 vom 20.10.2022

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Abschließende Hinweise

Berechnung der Verzugszinsen

| Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten. |

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Juli 2022 bis zum 31. Dezember 2022 beträgt -0,88 Prozent. Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

  • für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 4,12 Prozent
  • für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 8,12 Prozent

Nachfolgend ein Überblick zur Berechnung von Verzugszinsen (Basiszinssätze).

Übersicht / Basiszinssätze

Zeitraum

Zinssatz

01.01.2022 bis 30.06.2021

-0,88 Prozent

01.07.2021 bis 31.12.2021

-0,88 Prozent

01.01.2021 bis 30.06.2021

-0,88 Prozent

01.07.2020 bis 31.12.2020

-0,88 Prozent

01.01.2020 bis 30.06.2020

-0,88 Prozent

01.07.2019 bis 31.12.2019

-0,88 Prozent

01.01.2019 bis 30.06.2019

-0,88 Prozent

01.07.2018 bis 31.12.2018

-0,88 Prozent

01.01.2018 bis 30.06.2018

-0,88 Prozent

01.07.2017 bis 31.12.2017

-0,88 Prozent

01.01.2017 bis 30.06.2017

-0,88 Prozent

01.07.2016 bis 31.12.2016

-0,88 Prozent

01.01.2016 bis 30.06.2016

-0,83 Prozent

01.07.2015 bis 31.12.2015

-0,83 Prozent

01.01.2015 bis 30.06.2015

-0,83 Prozent

01.07.2014 bis 31.12.2014

-0,73 Prozent

01.01.2014 bis 30.06.2014

-0,63 Prozent

01.07.2013 bis 31.12.2013

-0,38 Prozent

01.01.2013 bis 30.06.2013

-0,13 Prozent

01.07.2012 bis 31.12.2012

0,12 Prozent

01.01.2012 bis 30.06.2012

0,12 Prozent

01.07.2011 bis 31.12.2011

0,37 Prozent

01.01.2011 bis 30.06.2011

0,12 Prozent

01.07 2010 bis 31.12.2010

0,12 Prozent

01.01.2010 bis 30.06.2010

0,12 Prozent

01.07 2009 bis 31.12.2009

0,12 Prozent

01.01.2009 bis 30.06.2009

1,62 Prozent

01.07.2008 bis 31.12.2008

3,19 Prozent

01.01.2008 bis 30.06.2008

3,32 Prozent

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Steuern und Beiträge Sozialversicherung: Fälligkeitstermine in 12/2022

| Im Monat Dezember 2022 sollten Sie insbesondere folgende Fälligkeitstermine beachten: |

Steuertermine (Fälligkeit):

  • Umsatzsteuer (Monatszahler): 12.12.2022
  • Lohnsteuer (Monatszahler): 12.12.2022
  • Kirchensteuer (vierteljährlich): 12.12.2022
  • Körperschaftsteuer (vierteljährlich): 12.12.2022

Bei einer Scheckzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstermin vorliegen.

Beachten Sie | Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung endet am 15.12.2022. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Zahlung per Scheck gilt.

Beiträge Sozialversicherung (Fälligkeit):

Sozialversicherungsbeiträge sind spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des laufenden Monats fällig, für den Beitragsmonat Dezember 2022 am 28.12.2022.

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